Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Müssen Personen gem. § 563 Abs. 1 und 2 BGB beweisen, dass sie zum privilegierten Personenkreis gehören und einen gemeinsamen Haushalt geführt bzw. in diesem gelebt haben?

Die Antwort des Amtsgerichts Frankenthal (AG Frankenthal – 3a C 103/17, Urteil vom 16.08.2017) lautet: Ja!

Zur Begründung führt das Amtsgericht Frankenthal in seiner vorgenannten Entscheidung wie folgt aus: “Der Kläger hat einen Anspruch auf Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung gem. § 985 BGB, der Beklagte blieb für ein behauptetes Recht zum Besitz im Rahmen des Eintritts in das mit der verstorbenen Mutter T… D… bestehende Mietverhältnis, § 563 Abs. 2 BGB, mangels hinreichend substantiierter Tatsachenbehauptungen beweisfällig.

Zwar ist an die Beantwortung der Frage, ob ein im Haushalt des verstorbenen Mieters lebendes eigenes Kind in das Mietverhältnis eingetreten ist, keine überspannten Anforderungen zu stellen, es reicht vielmehr aus, wenn das Kind in dessen Haushalt gelebt hat, während sonstige Angehörige den Haushalt zusammen mit dem verstorbenen Mieter geführt haben müssen ( BGH, Urteil vom 10.12.2014 – VIII ZR 25/14 m.w.N.). Dabei müssen die Personen gem. § 563 Abs. 1 und Abs. 2 BGB beweisen, dass sie zum privilegierten Personenkreis gehören und einen gemeinsamen Haushalt geführt haben. Pauschale Behauptungen reichen indes hierzu nicht, es müssen vielmehr hinreichend Indizien vorgetragen werden, unerträgliche Nachforschungen in der Intimsphäre sind aber nicht veranlasst (Amtsgericht Düsseldorf, Urteil vom 17.04.2013 – 23 C 10824/12). Die Darlegungslast ist indes im Hinblick auf das Alter eines Kindes in gewissem Umfang gesteigert, auch soweit lediglich das Erfordernis des bloßen Zusammenlebens im gemeinsamen Haushalt erforderlich ist (Streyl Schmitt-Futterer, Mietrecht, 12. Aufl. 2015 RN 38 § 563 BGB). Das Leben im gemeinsamen Haushalt bei Kindern muss zum Zeitpunkt des Todes des Mieters noch bestehen, allerdings kann das Eintrittsrecht der Kinder dadurch verloren gehen, wenn sie ausgezogen sind, denn dies stellt grundsätzlich das Ende des Lebens im gemeinsamen Haushalt dar. Soweit der Beklagte das Zusammenleben im gemeinsamen Haushalt behauptet, so fehlt es an substantiierter Darlegung hierzu. Entsprechend den allgemeinen Regeln muss derjenige, der Rechtsfolgen aus einem Eintritt herleiten will, die Voraussetzungen des Eintritts darlegen und beweisen. Personen gem. § 563 Abs. 1 und Abs. 2 BGB müssen also beweisen, dass sie zum privilegierten Personenkreis gehören und einen gemeinsamen Haushalt geführt bzw. in diesem gelebt haben. Pauschale Behauptungen hierzu reichen nicht, es müssen vielmehr hinreichende Indizien vorgetragen werden, um subsummieren zu können. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der Beklagte einerseits behauptet, seit 2004, hingegen im weiteren Schriftsatz seit 2006 im gemeinsamen Haushalt in dem streitgegenständlichen Wohnraum gelebt zu haben. Angesichts des vorgelegten Mietvertrages hinsichtlich einer Wohnung in der W…straße 38 in 6… Frankfurt am Main, für die Leistungen nach dem SGB II bewilligt worden sind nachdem der Beklagte zuvor in der F…-Straße 15 in 6… Frankfurt wohnhaft gewesen ist, sind vorliegend höhere Anforderungen an die Substantiierungslast zu stellen. Dies vorliegend deshalb, da nach einer Gewerbeummeldung (wegen dessen Einzelheiten auf Blatt 53 der Akten verwiesen wird) dort einerseits die Anschrift der Wohnung mit W…straße 38 in 6… Frankfurt am Main und der Grund der Ummeldung die Änderung der Wohnanschrift genannt ist bei einer Betriebsstätte in der F…straße 3 in 6… Mannheim, insbesondere auch bei Beantragung von Leistungen beim Jobcenter Frankfurt am 21.12.2016. So hatte der Beklagte einerseits behauptet, ununterbrochen im gemeinsamen Haushalt mit der mittlerweile verstorbenen Mutter T… D… in Frankenthal gelebt zu haben andererseits werden unterschiedliche Wohnanschriften auch gegenüber Behörden genannt sind. Daher ist der Beklagte gehalten, hinreichend substantiiert dazu vorzutragen, wann er erneut in die Wohnung M…straße 1a zurückgezogen sein will und weshalb der Auszug aus dieser Wohnung ein vorübergehender gewesen sein soll.

Unabhängig davon ist daneben die Kündigung aus wichtigem Grund gem. § 563 Abs. 4 BGB wirksam, denn der Vermieter kann dem Eintretenden außerordentlich fristgerecht kündigen, wenn ein wichtiger Grund in der Person des Eintretenden vorliegt. Dabei ist regelmäßig die fehlende oder gefährdet erscheinende Zahlungsfähigkeit des Eintretenden ein wichtiger Grund, da § 563 Abs. 4 verhindern will, dass sich der Vermieter in Zukunft Vertragsstörungen ausgesetzt sehen muss (Amtsgericht München, Urteil vom 18.08.2016 –432 C 9516/16). Auch soweit für die Wohnung in der W…straße 38 in 6… Frankfurt am Main das hierfür zuständige Jobcenter Frankfurt am Main Mietzinszahlungen bewilligt hat, so steht dies dem nicht entgegen, denn einerseits besteht die Gefahr einer Sperre für Leistungen nach dem SGB II, andererseits erscheint ausgeschlossen, dass das Jobcenter die Mietzinszahlungen für 2 Wohnungen bewilligt.

Auch soweit der Beklagte die Vorlage einer fehlenden Vollmacht bzgl. des Kündigungsschreibens vom 15.03.2017 rügt, fehlt es an einer ordnungsgemäßen Zurückweisung der Kündigungserklärung, § 174BGB. Danach ist ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, wie vorliegend die Kündigungserklärung, dann unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grund unverzüglich zurückweist. In seinem Schreiben vom 04.04.2017 weist der Beklagte jedoch lediglich die Kündigung selbst zurück, da er behauptet, in rechtlich zulässiger Weise sich in der streitgegenständlichen Wohnung aufzuhalten, er rügt indes nicht die fehlende Vollmacht. Eine solche Rüge wird erst in der Klageerwiderungsschrift vom 07.06.207 erhoben, sodass es nach den Gesamtumständen an der Unverzüglichkeit auch unter Berücksichtigung einer vorherigen Einholung von Rechtsrat fehlt. Nach dem Vorgenannten vermochte der Beklagte ein Recht zum Besitz gem. § 986 ZPO mangels hinreichend substantiierter Darlegungen nicht zu beweisen, sodass er zur Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Mietsache zu verurteilen ist.”