Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

 

Kann eine fristlose Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses wirksam sein, wenn ein Mieter seine Pflicht zur Duldung von Instandhaltungsmaßnahmen verletzt?

Die Antwort des Amtsgerichts Augsburg (AG Augsburg – 22 C 531/17, Urteil vom 16.05.2018) lautet: Ja!

Zur Begründung führt das Amtsgericht Augsburg in seiner vorgenannten Entscheidung wie folgt aus: “Die zulässige Klage ist begründet. Dem Beklagten war eine angemessene Räumungsfrist zu gewähren.

Die Kündigung vom 30.11.2017 ist als außerordentliche wirksam.

Entscheidungserheblich war alleine die fristlose Kündigung, da aufgrund der Dauer des Mietverhältnisses die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung vom 30.11.2017 das Mietverhältnis erst zum 31.08.2018 beendet.

Entgegen der Auffassung des Beklagten kommt eine Kündigung des Vermieters wegen Verletzung vertraglicher Duldungspflichten durch den Mieter nicht erst dann in Betracht, wenn der Mieter gegen (rechtskräftig) titulierte Duldungspflichten verstoßen hat (BGH, Versäumnisurteil vom 15. April 2015 – VIII ZR 281/13).

Gemäß § 543 Abs. 1 Satz 1 BGB kann das Mietverhältnis aus wichtigem Grund von jeder Vertragspartei fristlos gekündigt werden. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann (BGH aaO.).

Unter welchen Umständen die Zumutbarkeitsgrenze für den Vermieter überschritten ist, wenn der Mieter die Erfüllung dieser vertraglichen Pflicht verweigert, ist eine an den konkreten Umständen des Einzelfalles zu treffende Wertung.

Im Ansatzpunkt ist den Klägern daher Recht zu geben, dass – in Anlehnung an die zitierte Entscheidung des BGH – eine fristlose Kündigung auch dann wirksam ist, wenn der Mieter seine Pflicht Instandhaltungsmaßnahmen zu dulden verletzt.

Eine solche Pflichtverletzung des Beklagten ist darin zu sehen, dass er den Klägern trotz vorheriger Ankündigung weder am 26,10.2017 noch am 07.11.2017 Zutritt zu der streitbefangenen Wohnung ermöglichte. Der Hinweis auf die familiäre Eingebundenheit hilft dem Beklagten nicht, da der Beklagte einen Vertreter hätte beauftragen können oder um Terminabsprache hätte nachsuchen können. Beides tat der Beklagte nicht, sodass eine vorsätzliche Pflichtverletzung vorliegt.

Die Beantwortung der Frage, ob eine Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Mietverhältnisses gegeben ist, ist das Ergebnis einer wertenden Betrachtung, in die alle im Einzelfall in Betracht kommenden Umstände einzubeziehen sind.

Die Pflichtverletzung des Beklagten wiegt sehr schwer, da das Interesse der Kläger an dem Einbau der Rauchmelder groß ist. Eine Fortsetzung des Mietverhältnisses ist den Klägern nicht zuzumuten.

Der Einbau von Rauchmeldern dient nur dem Schutz von Leib und Leben der sich in der Wohnung aufhaltenden Menschen (vgl. Änderungsantrag (Bayerischer Landtag, Drs. 16/13736) zum Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung der Bayerischen Bauordnung und des Baukammerngesetzes (Bayerischer Landtag, Drs. 16/13683)).

Verletzt ein Vermieter diese Pflicht und es kommt zu einem Brand mit Personenschaden, so sieht er sich unter Umständen strafrechtlicher Verfolgung ausgesetzt. Sind keine Rauchmelder installiert und führt dies nachweislich zu einer Vergrößerung des Sachschadens, kann es zur Kürzung von Versicherungsleistungen und Schadensersatzforderungen kommen.

Ein Brand ist ein unvorhergesehenes Ereignis. Er kann jederzeit auftreten kann. Aus diesem Grund sind die Kläger auch nicht verpflichtet gewesen einen Duldungstitel zu erwirken und zu vollstrecken. Die Installation ist in kurzer Zeit erledigt Der Eingriff in die Privatsphäre des Beklagten nur von kurzer Dauer und damit gering. Die rechtliche Verpflichtung Zutritt zu gewähren war und ist unbestritten. Der Beklagte hat durch seine grundlose Weigerung die Interessen der Kläger daher in schwerwiegender Weise verletzt.

Wenn der Beklagte noch entgegnet, dass durch die Installation der Rauchmelder die Gefahr gebannt sei, so greift diese Sichtweise zu kurz. Die fehlende fristgerechte Wartung kann den uneingeschränkten Versicherungsschutz im Rahmen der Gebäudeversicherung ebenso gefährden. Ein voller Versicherungsschutz setzt die Einhaltung der gesetzlichen und behördlichen Vorschriften über Einbau und Wartung von Rauchmeldern voraus (vgl. z.B. AG Hamburg-Blankenese, Beschluss vom 26. Juni 2013 – 531 C 125/13).

Da der Beklagte die Pflicht zur Wartung und Funktionsprüfung übernommen hat, sind die Kläger weiter auf die Kooperation des Beklagten angewiesen. Aufgrund der anfänglichen Weigerung Rauchmelder installieren zu lassen, bestehen berechtigterweise Zweifel, an der Kooperationsbereitschaft des Beklagten. Ausweislich der gerichtlichen Wahrnehmungen in mündlicher Verhandlung ist das Verhältnis zwischen den Parteien äußerst schlecht.

Würden die Kläger die Wartung übernehmen, so bestehen schon jetzt Zweifel, ob der Beklagte den Zutritt in Zukunft dulden wird.

Insoweit kann nicht von einer singulären Pflichtverletzung ausgegangen werden. Es besteht Grund zur Annahme, dass sich die Streitigkeiten fortsetzen werden.

Auf Seiten des Beklagten ist zu sehen, dass er den Zutritt zur Wohnung doch noch gewährte, wobei dies erst unter dem Eindruck der fristlosen Kündigung und der Räumungsklage erfolgte.

Auf Seiten des Beklagten ist noch einzustellen, dass das Mietverhältnis bereits seit 1999 andauert und der Wohnungsmarkt in Augsburg und Umgebung äußerst schlecht ist. Schwierigkeiten eine Wohnung zu finden, werden durch eine fange Räumungsfrist abgefangen. Einer solchen sind die Kläger auch nicht entgegen getreten.

Bei Abwägung dieser Umstände ist das Gericht der Auffassung, dass eine Fortsetzung des Mietverhältnisses den Klägern, auch bis zum Ablauf der Kündigungsfrist, nicht zuzumuten war.

Der Beklagten war auf Antrag eine Räumungsfrist gem. § 721Abs.1 ZPO bis 31.12.2018 zu gewähren, Der Beklagte soll vor Obdachlosigkeit bewahrt werden und die Möglichkeit erhalten, eine Ersatzwohnung anzumieten.”