Aus der Rubrik “Gerichtsentscheidungen”:

Berliner Zeitung am 19.11.2019 – Landgericht : Vermieter darf Berlinerin nicht wegen Eigenbedarfs kündigenMieterin Aranka Barfuss aus Wilmersdorf gewinnt im Streit um lebenslanges Wohnrecht. Die Entscheidung stärkt die Rechte von weiteren Mietern ehemals landeseigener Wohnungen.

Der Grund: Das Landgericht hat entschieden, dass der Vermieter Aranka Barfuss nicht wegen Eigenbedarfs kündigen kann. Eine beim Verkauf ihrer Wohnung vereinbarte Klausel, nach der die Mieter dauerhaft vor einer Eigenbedarfskündigung geschützt sein sollten, gelte auch dann, wenn diese nur zwischen Käufer und Verkäufer vertraglich fixiert wurde, nicht aber vom Mieter selbst mit unterzeichnet worden ist. Es handele sich „um einen echten Vertrag zu Gunsten Dritter“, so das Landgericht (64 S   220/18).

Urteil stärkt Rechte der Mieter

Die Entscheidung stärkt die Rechte von Mietern ehemals landeseigener Wohnungen. Tausende Unterkünfte wurden mit ähnlichen Schutzklauseln verkauft. Ursprünglicher Vermieter von Aranka Barfuss war die städtische Bewoge, die später in der Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM) aufging. Im Jahr 2004 verkaufte eine WBM-Tochter den Wohnblock an der Cunostraße an einen privaten Geschäftsmann.

Im Kaufvertrag wurde festgeschrieben, dass der Erwerber „für die Dauer der bestehenden Mietverhältnisse“ auf Kündigungen wegen Eigenbedarfs verzichtet. Auch Kündigungen wegen der Hinderung an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung sowie Luxusmodernisierungen sollten nicht möglich sein. Für den Fall eines Weiterverkaufs sollten die Mieterschutzklauseln an die Erwerber weitergegeben werden.

Zwar wurde beim Weiterverkauf von Aranka Barfuss’ Wohnung die Mieterschutzklausel anfangs noch in den Verträgen weitergegeben, doch später nicht mehr. Im Kaufvertrag mit dem jetzigen Vermieter steht nur noch, dieser sei darüber informiert worden, „dass die Voreigentümer“ zugunsten des jeweiligen Mieters auf Kündigungen sowie sogenannte Luxusmodernisierungen verzichtet haben. Der Vermieter argumentierte vor Gericht, dass die Regelungen aus dem Kaufvertrag nicht zum wirksamen Ausschluss der Eigenbedarfskündigung geführt habe. Ein dauerhafter Verzicht bedürfe der Schriftform zwischen den Beteiligten. Der Eigentümer beanspruchte die Wohnung für seinen Vater. Der Anwalt von Aranka Barfuss hielt dagegen, dass sich der Mieterschutz aus dem Kaufvertrag von 2004 ergebe.

Landgericht übernimmt Entscheidungsgründe der Vorinstanz

Schon in erster Instanz bekam Aranka Barfuss Recht. Das Amtsgericht Charlottenburg entschied, dass der Vermieter die Räumung der Wohnung nicht verlangen kann. Die Eigenbedarfskündigung sei durch den im ersten Kaufvertrag von 2004 vereinbarten Schutz „wirksam ausgeschlossen“. Auf eine Übertragung der Verpflichtung auf den neuen Erwerber durch nachfolgende Kaufverträge komme es nicht an.

Das Landgericht erklärte, dass es sich die Entscheidungsgründe des Amtsgerichts zu eigen mache. Die Vereinbarung zugunsten des Mieterschutzes sei „auch ohne ausdrückliche Annahmeerklärung“ der Mieterin wirksam geworden. Die Richter verweisen rein „vorsorglich“ darauf, dass bereits der Mietvertrag Aranka Barfuss’ aus dem Jahre 1993 das Kündigungsrecht des Vermieters erheblich beschränke. Danach sei eine Kündigung nur „in besonderen Ausnahmefällen“ möglich. Dem Mieter werde also ein „erhöhter Bestandsschutz eingeräumt“. Ein „gewöhnlicher Fall des Eigenbedarfs“ sei für eine Kündigung nicht ausreichend. Dass ein „besonderer Ausnahmefall“ vorläge, habe der Eigentümer im vorliegenden Fall nicht dargelegt.