Aus der Rubrik “Wohnungspolitik”:

 
Berliner Morgenpost am 25.06.2021: Deutsche Wohnen – Spandauer Initiative fordert Rekommunalisierung von Siedlung
 
Die Siedlung An der Kappe der Deutsche Wohnen verfällt. Anwohner schreiben offenen Brief an Regierenden Bürgermeister Müller (SPD).
 
Für Marlies Vogel steht eines fest: In der historischen Großsiedlung An der Kappe in Spandau fühlen sich die Ratten deutlich wohler als die Mieter. „Es ist schmerzhaft, wie die Politik es zulassen konnte, was aus dieser über 80 Jahre alten Arbeitersiedlung geworden ist“, sagt die Co-Sprecherin einer Initiative, die die Rekommunalisierung der Objekte der Deutsche Wohnen und zudem einen umfassenden Milieuschutz für das Gebiet fordert.
 
In einem offenen Brief hat sich die Bewegung nun direkt an den Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) gewandt. Dieser hatte zuletzt angekündigt, dass das Land Berlin vermehrt ehemals aus öffentlichen Wohnungsunternehmen veräußerte Wohnungen in die öffentliche Hand zurückzuholen wolle. „Wir sind der Auffassung, dass sich grundsätzlich nur etwas ändern wird, wenn die Wohnsiedlung An der Kappe wieder in Besitz einer städtischen Wohnungsgesellschaft ist“, heißt es in dem Schreiben der Initiative.
 
Schimmel und bröckelnder Putz bei gleichzeitiger Mieterhöhung
Darin werden die Zustände im Viertel schonungslos offengelegt. Schon lange verkommen die 1140 Wohneinheiten in den 41 Blöcken aus dem Jahr 1936. Bis 2004 war das Ensemble im Besitz der Gewobag. Anschließend war es durch die Draaipunt-Holding in Amsterdam übernommen worden, bevor die Häuser 2016 an die Deutsche Wohnen gingen.
 
Die Wohnungen und das Wohnumfeld befinden sich seit dem in einem Zustand, der für die Initiative nicht mehr tragbar ist. So bröckele der Putz, die Höfe, Gärten und Gänge verwilderten. Dringend notwendige Instandhaltungsmaßnahmen der Dächer und Dachböden, Keller und Fenster sowie eine Sanierung der durch Schimmelbefall gekennzeichneten Wohnungen werden nach Angaben der Anwohner einfach nicht durchgeführt.
 
Mieterschutzbund unterstützt die Rekommunalisierung
Gleichzeitig seien aber die Heiz- und Betriebskosten stetig gestiegen, sagen die Bewohner. „Bei den vielen Mieterhöhungsverlangen können viele Mieter auch die Miete nicht mehr bezahlen“, sagt Vogel, „es fehlt der Milieuschutz.“ Offensichtlich versuche die Deutsche Wohnen mit dieser Strategie, Gewinne durch Vernachlässigung der Instandhaltungspflichten maximal zu steigern und das ohne Rücksicht auf die Mieterinnen und Mieter und ohne jede soziale Verantwortung, so Vogel weiter.
 
Unterstützt wird Vogels Initiative derweil vom Alternativen Mieter- und Verbraucherschutzbund (AMV). „Zwar führt die gewünschte Rekommunalisierung der Großsiedlung An der Kappe nicht zu mehr Wohnraum, jedoch zu einer sozial orientierten Wohnraumversorgung und damit zu mehr Mieterschutz“, sagt Marcel Eupen, Vorsitzender des AMV.
 
Die Linke Spandau will keinen überhöhten Marktpreis
Auch die Spandauer Linke befürwortet diese Idee. Die Mieterinnen und Mieter forderten nach vielen Jahren des Verfalls zu Recht, dass die Gewinne in Investitionen für die Sanierung und Instandhaltung und nicht in die Taschen der Aktionäre fließen sollen, heißt es aus der Partei.
 
„Der Rückkauf der Wohnungsbestände muss aber zu einem dem Zustand und Sanierungsbedarf angemessenen Preis erfolgen und nicht zu einem überhöhten Marktpreis“, ergänzt der Fraktionsvorsitzende Lars Leschewitz. „Es kann nicht Aufgabe des Landes Berlins sein, privaten Immobilienkonzernen ihre für die Rendite heruntergewirtschafteten Wohnungsbestände mit vielen Steuergeldern abzunehmen.“
 
Initiative will nicht aufgeben
Bürgermeister Müller hat derweil noch nicht auf den offenen Brief reagiert. Immerhin hat sich aber der Berliner SPD-Vorsitzende Raed Saleh, der selbst aus Spandau stammt, zu einem Treffen mit Vertretern der Initiative bereit erklärt.
 
Marlies Vogel kündigt an, dass die Anwohner nicht aufgegeben werden: „Wir werden unsere Anliegen noch an kommunale Parteien, Mietervereine sowie an das Bündnis soziales Wohnen Spandau weiterleiten“, sagt sie. Außerdem seien noch eine Unterschriftenaktion, ein Mieterfest und schließlich auch eine Mieterdemonstration geplant.
 
 
 
https://www.morgenpost.de/bezirke/spandau/article232631403/Spandauer-Initiative-fordert-Rekommunalisierung-von-Siedlung.html