Handelt es sich bei Miete, die für den Zeitraum nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Mieters geschuldet ist, um eine Masseverbindlichkeit gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO?
Die Antwort des Landgerichts Coburg (LG Coburg – 32 S 49/14, Urteil vom 14.11.2014) lautet: Ja!
Zur Begründung führt das LG Coburg in seiner vorgenannten Entscheidung unter II. wie folgt aus: “Zutreffend hat das Erstgericht der Feststellungklage stattgegeben, da es sich bei der Miete für Oktober 2010 ab dem Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 01.10.2010, 8.00 Uhr, um eine Masseverbindlichkeit im Sinne der §§ 55 Abs. 1 Nr. 2, 2. Alternative, 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO handelt.
Nach der ausführlichen und zutreffenden Auseinandersetzung mit dem Stand des Meinungsstreits in Rechtsprechung und Literatur geht das Amtsgericht zutreffend davon aus, dass § 55 Abs. 1 Nr. 2, 2. Alternative InsO nicht darauf abstellt, wann ein Anspruch aus einem gegenseitigen Vertrag entsteht oder fällig wird, sondern allein darauf, dass aus gegenseitigen Verträgen deren Erfüllung für die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen muss. Die Mietzahlung für den Monat Oktober 2013 nach 8.00 Uhr am 01.10.2013 (Eröffnung des Insolvenzverfahrens) ist Gegenleistung für die Erfüllung eines gegenseitigen Vertrages. Der Anspruch auf Zahlung der monatlich geschuldeten Miete entsteht aber nicht zu Beginn des jeweiligen Nutzungszeitraums, sondern wird erst durch die Zurverfügungstellung des Mietraums im Verlaufe des Monats “verdient” (so auch Hefermehl im Münchener Kommentar zur InsO, 3. Auflage, 2013, § 55 Rdz. 150).
Das Ergebnis wird zur Überzeugung der Berufungskammer auch durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bestätigt. Der Bundesgerichtshof hat im Urteil vom 21.12.2006 (NZM 2007, 162; Rdz. 14) ausgeführt, dass ein Mietvertrag gemäß § 108 Abs. 2 InsO mit Wirkung für die Insolvenzmasse fortbesteht. Daher ist im Jahr der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Abrechnung für die Zeit bis zur Verfahrenseröffnung und für die Zeit danach getrennt vorzunehmen, weil die Erstattungsansprüche des Mieters für die Zeit bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens Insolvenzforderungen, für die Zeit danach dagegen Masseforderungen sind. Diese Feststellungen des BGH sind auf den vorliegenden Fall zu übertragen. Würde man in die Ausführungen des BGH anstatt “Jahr”, “Monat” oder “Oktober 2013″ einsetzen, so würde das vom Amtsgericht gefundene Ergebnis bestätigt werden.
Gleiches gilt für das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 13.04.2013 (NZM 2011, 404, 405; Rdz. 13).
Die vom Beklagten angeführten Urteile der Amtsgerichte Spandau und Tempelhof-Kreuzberg vermögen daher nicht zu überzeugen.
Ebenso wenig überzeugt der Vergleich des Beklagten mit der Verpflichtung zur Zahlung von Grundsteuer. Die Verpflichtung zur Zahlung von Grundsteuer erfolgt nicht aus einem gegenseitigen Vertrag, wie es § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO voraussetzt. Zutreffend weist die Klägerin darauf hin, dass insoweit eine Vergleichbarkeit nicht gegeben ist.
Im Übrigen wird auf die ausführlichen und zutreffenden Ausführungen des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.”
