Muss ein Mieter damit rechnen, dass auf der letzten Seite eines Formularmietvertrages eine Verlängerung der gesetzlichen Verjährungsfrist von sechs Monaten auf ein Jahr für Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache geregelt ist?
Die Antwort des Amtsgerichts Köpenick (AG Köpenick – 7 C 71/15, Urteil vom 23.06.2015) lautet: Nein!
Zur Begründung führt das AG Köpenick in seiner vorgenannten Entscheidung unter I. wie folgt aus: “Der Durchsetzung der etwaig entstandenen Zahlungsansprüche steht die erhobene Einrede der Verjährung gemäß § 214 Abs. 1 BGB entgegen, denn der mit Ablauf des 31. Januar 2014 beginnende Lauf der sechsmonatigen Verjährungsfrist gemäß § 548 Abs. 1 BGB ist am 1. August 2014 vollendet gewesen, so dass es nicht entscheidungserheblich ist, ob der Beklagten die formularmäßig vereinbarte Durchführung von Schönheitsreparaturen unter Berücksichtigung des in dem Protokoll vom 4./30. April 2008 dokumentierten Zustands der Wohnung bei Übergabe an den Beklagten unter weiterer Berücksichtigung des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 18. März 2015 zu VIII ZR 185/14überhaupt schuldete.
Insbesondere verlängerten die Parteien die Verjährungsfrist des § 548 Abs. 1 BGB nicht wirksam um ein halbes auf ein ganzes Jahr, denn die Verlängerungsklausel ist gemäß § 305 c Abs. 1 BGB nicht Vertragsbestandteil geworden. Ob die Klausel den Beklagten als Vertragspartner der die Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwendenden Kläger unter Berücksichtigung einer etwaigen Leitbildfunktion des Gesetzes gemäß § 307 Abs. 1, 2 Ziff. 1 BGB unangemessen benachteiligte, ist deshalb gar nicht zu entscheiden. Maßgeblich ist vielmehr, dass jeder ansatzweise informierte Mieter mit Regelungen in einem Formularmietvertrag insbesondere zu Betriebskosten und zu Schönheitsreparaturen rechnet, nicht jedoch mit solchen zu den in § 548 BGB bestimmten Fristen. Solche zu den Verjährungsfristen sind indes ungeachtet des Umstandes, dass der Formularmietvertrag von dem Grundeigentum-Verlag herausgegeben wurde, als unüblich zu betrachten. Das Gericht hat sich trotz einer Vielzahl von Streitigkeiten über die Verjährung von Schadensersatzansprüchen wegen des Zustandes der Mietsache bei Rückgabe in bald 20-jähriger Mietrechtspraxis nunmehr erstmalig mit einer Verlängerungsklausel zu befassen, befragte Kollegen haben sich entsprechend geäußert. Die Regelung ist trotz nicht unerheblicher praktischer Relevanz des Regelungsgegenstandes danach als ungewöhnliche und zudem wegen der Fristverdoppelung auch nicht unerhebliche Abweichung vom dispositiven Recht zu betrachten, die auf acht Seiten eines recht eng bedruckten Formularmietvertrages außer dem für alle Überschriften ersichtlichen Fettdrucks keinerlei Hervorhebung erfährt, insbesondere die Überschrift auch den Regelungsinhalt nicht bereits vorwegnimmt. Hierbei ist über die drucktechnische Gestaltung auch noch zu berücksichtigen, dass der Formularmietvertrag an recht einigen Stellen Gesetzesinhalte im wesentlichen nur wiedergibt. Die textliche Gestaltung der Verlängerungsklausel lässt überhaupt nicht erkennen, dass an dieser Stelle eine Abweichung von der gesetzlichen Bestimmung geregelt werden soll. Auch insoweit erzeugt die Klausel keine Aufmerksamkeit. Mit einer Verlängerung der gesetzlichen Verjährungsfristen rechnet der Mieter als Vertragspartner der die Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwendenden Vermieters aufgrund des Inhalts und der diskreten Gestaltung des Formularmietvertrages nicht.”