Ist ein Mieterhöhungsverlangen durch Einlegen in den Hausbriefkasten wirksam zugestellt, wenn zwar der Briefkasten aufgrund einer fehlenden Klappe defekt ist, der Mieter den Mangel aber über ein Jahr lang hingenommen hatte?
Die Antwort des Amtsgerichts Wedding (AG Wedding – 18 C 380/15, Urteil vom 17.02.2016) lautet: Ja!
Zur Begründung führt das AG Wedding in seiner vorgenannten Entscheidung wie folgt aus: “Die Klage ist zulässig, weil ihr im Mai 2015 ein wirksames Verlangen der Klägerin zu einer Zustimmung der Beklagten zu einer Anhebung des Mietzinses vorausgegangen ist, §§ 558, 558b Abs. 2 BGB.
Es ist davon auszugehen, dass das Mieterhöhungsverlangen vom 29.05.2015 der Beklagten zugegangen ist.
Zugegangen ist eine Willenserklärung, wenn sie so in den Bereich des Empfängers gelangt ist, dass dieser unter normalen Verhältnissen die Möglichkeit hat, vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen. Zum Bereich des Empfängers gehören auch die von ihm zur Entgegennahme von Erklärungen bereitgehaltenen Einrichtungen wie ein Briefkasten (vgl. Palandt-Ellenberger, BGB, 71. Auflage, § 130, Rn 5).
Unstreitig hat die Klägerin das mit Erhöhungsschreiben durch den bei ihr beschäftigten Hauswart ###### in den Briefkasten der Beklagten eingelegt. Darauf, dass dieser Briefkasten über keine intakte Tür verfügte, kann sich die Beklagte nicht berufen, weil sie der Gefahr, dass eingelegte Briefe entwendet wurden, nicht durch geeignete Vorkehrungen begegnet ist. Denn auf Hindernisse aus seinem Bereich kann sich ein Empfänger er nicht berufen, wenn er diesen durch geeignete Vorkehrungen begegnen kann und muss (vgl. Palandt, a.a.O., § 130, Rn 5).
Wie das Schreiben ihres damaligen anwaltlichen Vertreters vom 03.04.2014 ersichtlich macht, fehlte die Klappe zum Briefkasten der Beklagten bereits April 2014. Dass die Beklagte sich über ein Jahr lang bis in den Mai 2015 nicht darum kümmerte, dass der Briefkasten ordnungsgemäß verschlossen werden konnte, geht zu ihren Lasten. Dabei kann dahinstehen, ob es letztlich Aufgabe des Vermieters war, im Rahmen der Gewährung eines ordnungsgemäßen Mietgebrauchs für das Vorhandensein eines ordnungsgemäßen Briefkastens zu sorgen. Denn wenn er dieser Pflicht nicht in angemessener Zeit nachkam, war es Aufgabe der Beklagten, sicherzustellen, dass sie Sendungen zuverlässig erreichten. Dies hätte sie jedenfalls im Wege der Ersatzvornahme gemäß § 535 Abs. 1, 536, 536a Abs. 2 BGB vornehmen können. Keinesfalls konnte die Beklagte sich über Monate damit zufrieden geben, dass bei sämtlichen für sie bestimmten Sendungen die Gefahr bestand, dass diese sie nicht zuverlässig erreichten. Selbst noch im vorliegenden Verfahren hat der Postzusteller noch am 06.02.2016 eine gerichtliche Sendung nicht zugestellt, weil für ihn eine geeignete Vorrichtung fehlte (Vermerk: “Briefkasten unbeschriftet/defekt/überfüllt”).
Dass es unter den gegebenen Umständen ausreichte, den Brief in den offenen Briefkasten einzulegen, folgt auch daraus, dass dann; wenn ein Briefkasten fehlt, unter Umständen selbst eine Platzierung des Briefes im Hauseingangsbereich ausreichend sein kann (vgl. Palandt, a.a.O., § 130, Rn 6).”