Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Ist der Berliner Mietspiegel 2015 eine geeignete Grundlage für die Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete und versetzt den Mieter in die Lage, sich darüber schlüssig zu werden, ob er der Mieterhöhung zustimmen will oder nicht?

Die Antwort des Landgerichts Berlin (LG Berlin – 65 S 146/16, Urteil vom 02.09.2016) lautet: Ja!

Zur Begründung führt das Landgericht Berlin in seiner vorgenannten Entscheidung unter II. wie folgt aus: “Die materielle Berechtigung der verlangten Mieterhöhung ist hier auf der Grundlage des Berliner Mietspiegels 2015, jedenfalls als einfachem Mietspiegel im Sinne von § 558c BGB zu überprüfen. Es kann deshalb dahinstehen, ob – wie  die Klägerin meint – der Berliner Mietspiegel 2015 den Anforderungen des § 558d Abs. 1 BGB genügt und ob ihre Einwendungen gegen die Repräsentativität des Datenmaterials und ferner die verwendete Methode zur Eliminierung von Ausreißern die Wissenschaftlichkeit des Mietspiegels tatsächlich in Frage stellen.

Einer Begutachtung bedarf es insoweit nicht. Denn nach gesicherter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann ein Mietspiegel, so er die Anforderungen des § 558d Abs. 1 BGB nicht erfüllt, als einfacher Mietspiegel im Sinne des § 558c Abs. 1 BGB zur Überzeugungsbildung des Gerichts von der Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete (§ 286 ZPO) herangezogen werden.

Existiert für die gegenständliche Wohnung ein ordnungsgemäßer Mietspiegel, so darf dieser sogar dann berücksichtigt werden, wenn der Vermieter sich auf ein anderes Begründungsmittel bezieht; das Gericht ist im Rahmen seiner freien Überzeugungsbildung nicht (einmal) auf das im Erhöhungsverlangen benannte Begründungsmittel beschränkt (vgl. BGH, Urt. v. 21.11.2012 – VIII ZR 46/12, WuM 2013, 110 = Grundeigentum 2013, 197). Das Gericht darf seine Überzeugungsbildung auf einen einfachen Mietspiegel stützen, der die Voraussetzungen des § 558d Abs. 1 BGB nicht erfüllt. Diesem einfachen Mietspiegel kommt zwar nicht die dem qualifizierten Mietspiegel vorbehaltene Vermutungswirkung des § 558d Abs. 3 BGB zu; er stellt aber ein Indiz dafür dar, dass die angegebenen Entgelte die ortsübliche Vergleichsmiete zutreffend wiedergeben. Wie weit die Indizwirkung reicht, hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere davon, welche Einwendungen gegen den Erkenntniswert der Angaben des Mietspiegels erhoben werden (BGH, Urt. v. 16.06.2010 – VIII ZR 99/09, WuM 2010, 505 = Grundeigentum 2010, 1049). Voraussetzung für die Berücksichtigung des Mietspiegels als Indiz im Rahmen der richterlichen Überzeugungsbildung ist, dass er die Tatbestandsmerkmale des § 558c Abs. 1 BGB erfüllt (vgl. BGH, Urt. v. 21.11.2012, a.a.O.).

Diese Voraussetzungen liegen hier vor, wie bereits in der zitierten Entscheidung 65 S 149/16, a.a.O. ausgeführt worden ist:

Nach § 558c Abs. 1 BGB ist ein einfacher Mietspiegel eine Übersicht über die ortsübliche Vergleichsmiete, soweit die Übersicht von der Gemeinde oder von den Interessenvertretern der Vermieter und der Mieter gemeinsam erstellt oder anerkannt worden ist.

Der Berliner Mietspiegel 2015 wurde ausweislich der Angaben unter Ziffer 1 von der Gemeinde – dem Land Berlin – und Interessenvertretern der Mieter  dem Berliner Mieterverein e. V., Landesverband Berlin, der Berliner MieterGemeinschaft e. V., dem Mietschutzbund w. V. – sowie einem Interessenvertreter der Vermieter – dem BBU Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen e. V. – (in dem auch die Klägerin organisiert ist) erstellt.  Weder dem Wortlaut der Vorschrift noch den Gesetzesmaterialien lässt sich entnehmen, dass eine bestimmte Anzahl von Interessenvertretern bei der Erstellung mitgewirkt haben muss; auch die Anerkennung als (einfacher)Mietspiegel ist nicht Tatbestandsvoraussetzung, wird lediglich alternativ genannt.

Die oben genannten  Interessenvertreter haben den Berliner Mietspiegel 2015 sogar als qualifizierten Mietspiegel gemäß § 559d BGB ausdrücklich anerkannt, insbesondere weil er nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen fortgeschrieben wurde.

Unter den hier gegebenen Umständen – der Beteiligung der örtlichen Interessenvertreter der Mieter- wie auch der Vermieterseite an der Erstellung – spricht nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs schon die Lebenserfahrung dafür, dass der Mietspiegel die örtliche Mietsituation nicht einseitig, sondern objektiv zutreffend abbildet (vgl. BGH, Urt. v. 16.06.2010, a.a.O.). Gründe, die diese Annahme in Frage stellen, werden von keiner Partei vorgetragen. Die Entscheidung des LG Berlin (NZM 2015, 659) betraf den Berliner Mietspiegel 2009. Ob es genügte, eine Liste mit Mieten für Wohnungen vergleichbarer Ausstattung, Alter und Wohnlage mit höheren als in dem einschlägigen Mietspiegelfeld ausgewiesenen Mieten vorzulegen, dürfte im Einzelfall zu prüfen sein.  Weder ist hier vorgetragen, dass die ortsübliche Vergleichsmiete tatsächlich höher sei als im Mietspiegel ausgewiesen noch ist eine entsprechende Liste hier auch vorgelegt worden. Dem einschlägigen Mietspiegelfeld E 2 liegt eine  ausreichende Datengrundlage zugrunde. Der Endbericht zum Mietspiegel weist in der Tabelle 5 (S. 28) aus, dass dieses Feld auf 329 ausgewerteten Mieten, damit der zweithöchsten Datendichte  beruht.”