Aus der Rubrik “Wissenswertes”:    

Kann es einem Vermieter nach Treu und Glauben verwehrt sein, sich im Hinblick auf den Kautionsrückzahlungsanspruch seines Mieters auf (höchst) streitige Gegenansprüche oder ein (etwaiges) Zurückbehaltungsrecht zu berufen, wenn er am Ende des Mietverhältnisses (ohne ersichtlichen Grund und ohne vorherige Entschuldigung oder auch nachträgliche Klarstellung im Prozess) nicht zum vereinbarten Übergabetermin erscheint?

Die Antwort des Amtsgerichts Donaueschingen (AG Donaueschingen – 2 C 65/15, Urteil vom 27.08.2015) lautet: Ja!

Zur Begründung führt das AG Donaueschingen in seiner vorgenannten Entscheidung unter a) bis d)wie folgt aus: “Nach Auffassung des Gerichts ist es dem Beklagten nämlich im vorliegenden Fall aufgrund besonderer Umstände nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB verwehrt, sich im Hinblick auf den Kautionsrückzahlungsanspruch der Kläger auf (höchst) streitige Gegenansprüche oder ein (etwaiges) Zurückbehaltungsrecht zu berufen. Dies folgt aus einer Gesamtschau der dem streitgegenständlichen Mietverhältnis zugrunde liegenden Umstände, insbesondere dem (unstreitigen) Verhalten des Beklagten im Rahmen der Vertragsanbahnung, dem (unstreitigen) Verhalten des Beklagten bei Rückgabe der Wohnung sowie schließlich dem Verhalten des Beklagten im vorliegenden Prozess.

a) Zu Beginn des Mietverhältnisses hat sich der Beklagte überaus formalistisch verhalten

im Hinblick auf die Fertigung eines überaus ausführlichen Übergabeprotokolls sowie bezüglich der von den Klägern zu zahlenden Kaution. Der Beklagte hat die Unterzeichnung des Mietvertrags von der Zahlung der Kaution abhängig gemacht und die Kläger nach den überaus glaubhaften Ausführungen des Klägers Ziffer 1 in der mündlichen Verhandlung am 23.07.2015 sogar zunächst wieder weggeschickt, als diese die Kaution zunächst nicht in bar mitgebracht hatten. Das Fordern der sofortigen Zahlung der Kaution in voller Höhe noch vor Unterzeichnung des Mietvertrags und noch vor Beginn des Mietverhältnisses widerspricht sowohl der vertraglichen Regelung in § 18 Nr. 1 des Mietvertrags als auch der entsprechenden gesetzlichen Regelung in § 551 Abs. 2 BGB, wonach der Mieter sogar zu (drei) Teilzahlungen berechtigt ist und die erste Teilzahlung insbesondere erst zu Beginn des Mietverhältnisses, d. h. hier erst am 21.09.2013 fällig war.

b) Am Ende des Mietverhältnisses erschien der Beklagte (ohne ersichtlichen Grund und ohne vorherige Entschuldigung oder auch nachträgliche Klarstellung im Prozess) nicht zum vereinbarten Übergabetermin am 06.10.2014. Dieses Verhalten steht völlig im Widerspruch zum Verhalten des Beklagten bei Mietbeginn und hat insbesondere zur Folge, dass die – im vorliegenden Prozess nunmehr höchst streitigen – Fragen des Zustands der Wohnung nicht bereits vorab geklärt oder jedenfalls durch ein Übergabeprotokoll einvernehmlich dokumentiert werden konnten. Indem der Beklagte diese Möglichkeit durch sein Verhalten vereitelt hat, ist es ihm nach Auffassung des Gerichts nunmehr verwehrt, sich bezüglich der Kaution, die nach den Vorgaben der Rechtsprechung (vgl. Palandt, BGB, vor § 535 Rn. 126) grundsätzlich zügig abzurechnen ist, auf entsprechende – nunmehr höchst streitige – Gegenansprüche zu berufen.

c) Hinzu kommt schließlich, dass das Gericht zu der Überzeugung gelangt ist, dass der Beklagte im laufenden Prozess bewusst falsch vorgetragen hat. Der Beklagte hat im Rahmen seiner informatorischen Anhörung in der mündlichen Verhandlung am 23.7.2015 vorgetragen, zu der Regelung in § 21 Nr. 4 des Mietvertrags sei es gekommen, nachdem der Kläger Ziffer 1 erklärt habe, mit der Küche optisch nicht zufrieden zu sein und dafür nichts bezahlen zu wollen. Diesen Vortrag hat der Kläger Ziffer 1 in der mündlichen Verhandlung am 23.7.2015 überaus glaubhaft und substantiiert bestritten. Durch den persönlichen Eindruck vom Kläger Ziffer 1 und angesichts der detailreichen und für das Gericht sehr anschaulichen und nachvollziehbaren Schilderung des Klägers Ziffer 1 von den Vorgängen im Rahmen der Vertragsanbahnung ist das Gericht davon überzeugt, dass der Vortrag des Klägers Ziffer 1 der Wahrheit entspricht und der gegensätzliche Vortrag des Beklagten bewusst falsch war, um sich einen (vermeintlichen) Vorteil im Prozess zu verschaffen. Die in

d) diesem Zusammenhang zwischen den Parteien streitige Frage hinsichtlich des Zustandekommens der entsprechenden Klausel im Mietvertrag war zwar letztlich nicht entscheidungserheblich, jedoch ist der bewusst wahrheitswidrige Vortrag durchaus als weiterer Gesichtspunkt im Rahmen der Abwägung im Zusammenhang mit § 242 BGB zu berücksichtigen.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass es dem Beklagten nach Ansicht des Gerichts aufgrund der genannten Umstände und nach einer entsprechenden Gesamtabwägung zumutbar ist, die Kaution sofort an die Kläger zurückzubezahlen und (etwaige) Gegenansprüche sodann (gegebenenfalls) separat geltend zu machen.

Im Hinblick auf die Höhe des Kautionsrückzahlungsanspruchs bleibt festzuhalten, dass dieser in voller Höhe der geleisteten Mietkaution besteht. Eine von der Sparkasse … in Rechnung gestellte Gebühr in Höhe von 15,00 Euro ist durch den Vermieter zu tragen.”