Aus der Rubrik “Wissenswertes”:      

Kann eine unwirksame Eigenbedarfskündigung durch ein Nachschieben von möglicherweise berechtigten Eigenbedarfsgründen im laufenden Prozess geheilt werden?

Die Antwort des Landgerichts Oldenburg (LG Oldenburg – 13 S 209/15, Urteil vom 14.08.2015) lautet: Nein!

Zur Begründung führt das LG Oldenburg in seiner vorgenannten Entscheidung unter II. wie folgt aus: “Der Klägerin steht ein Anspruch auf Räumung der streitgegenständlichen Wohnung gemäß § 546BGB nicht zu.

In der mit anwaltlichem Schreiben vom 14.01.2014 erklärten Eigenbedarfskündigung hat die Klägerin angegeben, sie bewohne derzeit mit ihrem Lebensgefährten eine Zweizimmerwohnung oberhalb des Büros. Diese Wohnverhältnisse seien ihr und ihrem Lebensgefährten nicht mehr zumutbar. Diese Kündigung ist gemäß § 573 Abs. 3 S. 1 BGB formunwirksam. Nach dieser Norm setzt die Wirksamkeit einer Kündigungserklärung voraus, dass die Gründe für ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses in dem Kündigungsschreiben angegeben sind. Der Zweck dieser Vorschrift besteht darin, dass der Mieter zum frühestmöglichen Zeitpunkt Klarheit über seine Rechtsposition erlangt und so in die Lage versetzt wird, rechtzeitig alles Erforderliche zur Wahrung seiner Interessen zu veranlassen (BGH, Urteil vom 27. Juni 2007 – VIII ZR 271/06). Macht der Vermieter Eigenbedarf geltend, muss er die konkrete Person, für die die Wohnung benötigt wird, angeben und das Interesse für die Inanspruchnahme der Wohnung darlegen (vgl. BGH, Urteil vom 30.04.2014 – VIII 284/13; Rolfs in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2014, § 573, 201ff.). Der jeweilige Kündigungsgrund ist zudem unter Angabe des konkreten Lebensvorgangs so unverwechselbar zu beschreiben, dass er von anderen Kündigungsgründen unterschieden und überprüft werden kann (vgl. Lützenkirchen in: Erman, BGB, 14. Auflage 2014, § 573, Rn. 52). Diesen Voraussetzungen genügt das Kündigungsschreiben der Klägerin vom 14.01.2014 nicht. Zwar werden in diesem die Klägerin und ihr Lebenspartner als die Personen, die die Wohnung beziehen wollen, angeben. Dabei ist der spätere Wechsel des Lebenspartners unbeachtlich. Jedoch wird das Interesse, das die Klägerin an der Erlangung der Wohnung hat, nicht ausreichend dargelegt. Die Formulierung in dem Kündigungsschreiben lässt nicht erkennen, ob die Klägerin ihre bisherige Wohnung wegen deren Größe, der Anzahl der Zimmer, aufgrund der räumlichen Nähe zum Büro oder aber wegen anderer Gründe nicht mehr bewohnen möchte. Aus dem Schreiben ergibt sich nicht, worin die konkreten Bedarfsgründe der Klägerin bestehen. Die Beklagten hatten mangels der Angabe eines konkreten Eigenbedarfsgrundes keine Möglichkeit zu prüfen, ob sie sich gegen die Kündigung erfolgreich zur Wehr setzen können. Denn es fehlt an jeglicher Eingrenzung des Interesses der Klägerin.

Die Klägerin konnte diese Unwirksamkeit auch nicht im Laufe des Prozesses durch das Nachschieben von Angaben zur Größe der bisherigen Wohnung und die Behauptung der Anfang 2014 begonnenen Familienplanung beheben. Zwar ist die Erläuterung, Verdeutlichung und nähere Darstellung des im Kern bereits nach dem Inhalt des Kündigungsschreibens identifizierbaren Kündigungsgrundes im Prozess zulässig (vgl. BVerfG NJW 1988, 2725). Eine unwirksame Kündigung kann jedoch nicht durch ein Nachschieben von möglicherweise berechtigten Eigenbedarfsgründen im laufenden Prozess geheilt werden (LG Düsseldorf WuM 1990, 505; LG Koblenz WuM 1990, 509). Wie sich aus den vorherigen Ausführungen ergibt, sind im Kündigungsschreiben keine konkreten Eigenbedarfsgründe genannt, sodass die damit erklärte Kündigung unwirksam ist. Aus diesem Grund war eine nachträgliche Ergänzung nicht möglich.

Gleiches gilt für den von der Klägerin behaupteten, nachträglich entstandenen Kündigungsgrund der Familienplanung mit ihrem neuen Lebensgefährten.”