Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Kann der Mieter verlangen, selbst die Mängelbeseitigungsarbeiten auf Kosten des Vermieters durchführen zu lassen, wenn der Vermieter zwar zur Beseitigung verurteilt worden ist, jedoch der Mieter unberechtigt diese Mängelbeseitigung verhindert?

Die Antwort des Landgerichts Berlin (LG Berlin – 65 T 180/15, Beschluss vom 09.10.2015) lautet: Nein!

Zur Begründung führt das LG Berlin in seiner vorgenannten Entscheidung unter II. 1. wie folgt aus: “Danach ergibt sich, dass die bisherige Nichterfüllung der zu Lasten des Schuldners titulierten Verpflichtung nicht auf seiner Untätigkeit, sondern der Ablehnung der angebotenen Erfüllung durch die Gläubigerin beruht. Ihre Mitwirkung ist jedoch zwingend erforderlich, da es dem Schuldner verwehrt ist, die von der Gläubigerin inne gehaltene Wohnung ohne oder gegen ihren Willen zu betreten, §§ 862, 858 BGB, Art. 13 GG. Nach allgemeiner Ansicht besteht nach § 242 BGB daher eine entsprechende Verpflichtung des Mieters, dem Vermieter den Zutritt zur Wohnung zum Zwecke der Instandhaltung bzw. – hier – Instandsetzung zu gewähren (vgl. Eisenschmid in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 11. Aufl., § 535 Rn. 67, m. w. N.). Gegen diese Verpflichtung hat die Gläubigerin verstoßen, erreicht aber durch ihr treuwidriges Verhalten nunmehr im Zwangsvollstreckungsverfahren, dass ihr das Amtsgericht mehr zuspricht als der zugrunde liegende Titel.

Darin wird der Schuldner (lediglich) zur Herstellung eines fachgerechten, den Regeln der Technik entsprechenden sommerlichen Wäremeschutzes verurteilt, ohne dass ihm – zutreffend – eine bestimmte Maßnahme vorgegeben würde; das konkrete “Wie” einer Mangelbeseitigung ist grundsätzlich in das Ermessen des Vermieters gestellt, denkbar wäre lediglich im – hier weder vorgetragenen noch sonst ersichtlichen – Ausnahmefall eine Ermessensreduktion, die im Einzelfall zur Beschränkung auf nur eine (allein geeignete) Maßnahme führen kann.

Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts kann der Schuldner den Einwand des Verstoßes der Gläubigerin gegen ihre Mitwirkungspflicht im Rahmen des Verfahrens nach § 887 ZPO geltend machen. Schon aus dem Wortlaut der Regelung folgt, dass die – hier nicht gegebene – Nichterfüllung der titulierten Verpflichtung tatbestandliche Voraussetzung für die Ermächtigung des Gläubigers ist. Hat aber der Schuldner seinerseits alles Erforderliche zur Erfüllung der titulierten Verpflichtung getan und scheitert diese allein an der erforderlichen Mitwirkung des Gläubigers, so muss die Vorbereitung bzw. das Angebot der Erfüllung, § 294BGB, ebenso wie die (vereitelte) Erfüllung im Rahmen des Ermächtigungsverfahrens berücksichtigt werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat das Prozessgericht als Vollstreckungsgericht, § 887Abs. 1 ZPO, nicht nur die Erfüllung der titulierten Verpflichtung als Einwand im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens zu prüfen und – gegebenenfalls im Wege der Beweisaufnahme – zu klären (BGH Beschluss vom 5.11.2004 – IXa ZB 32/04, in: NJW 2005, 367, zitiert nach ibr-online), sondern auf der Grundlage des Titels auch zu entscheiden, ob vom Schuldner vorgenommene Handlungen das sind, was der Titel gebietet (vgl. BGH Beschl. v. 26.04.2007 – I ZB 82/06, in: NJW-RR 2007, 1475, zitiert nach ibr-online).

Nach diesen Maßstäben kann nichts anderes für den Fall gelten, dass die Vornahme der angebotenen Erfüllungshandlung an der zwingend erforderlichen Mitwirkung des Gläubigers scheitert.

In dem hiesigen Verfahren war daher – wie nunmehr durch das Beschwerdegericht geschehen und bejaht – zu prüfen, ob die vom Schuldner angebotene Handlung der titulierten Verpflichtung entspricht. Die Auffassung des Amtsgerichts führt dagegen dazu, dass – dem Wortlaut sowie dem Sinn und Zweck des § 887ZPO zuwider laufend – die Erfüllung einer zu Lasten des Schuldners titulierten Verpflichtung in das Belieben der Gläubigerin gestellt wird und diese durch rechtsmissbräuchliches Verhalten im Zwangsvollstreckungsverfahren eine (Art und Weise der) Mangelbeseitigung durchsetzt, auf die kein Anspruch besteht und die zudem nicht tituliert ist.

Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts lässt sich – schon nicht dem Gesetz, aber auch – der zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht der Grundsatz entnehmen, dass materielle Einwendungen – mit Ausnahme des Erfüllungseinwandes – im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens nach § 887 ZPO unbeachtlich seien. Anerkannt ist vielmehr nur – und darauf beschränkt sich der Inhalt der in Bezug genommenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs -, dass der Einwand des Schuldners, die Vornahme der titulierten Handlung sei für ihn unzumutbar oder könne nicht zum Erfolg führen, nicht vom Vollstreckungsgericht zu entscheiden ist; dem Schuldner stehe in diesem Fall vielmehr – bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen – die Möglichkeit offen, die Einwendungen im Rahmen der Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO geltend zu machen (vgl. BGH Beschl. v. 07.04. 2005 – I ZB 2/05, in:NJW-RR 2006, 202, zitiert nach ibr-online). Das gilt ebenso für den Einwand der subjektiven Unmöglichkeit (vgl. KG Beschl. v. 09.02.2011 – 19 W 34/10).

Soweit die angefochtene Entscheidung sich auf eine Kopie des in Bezug genommenen Einzelrichterbeschlusses der ZK 63 des Landgerichts Berlin vom 24. Februar 2012 beschränkt (63 T 18/12, in: Grundeigentum 2012, 1170, zitiert nach ibr-online), bleibt mangels Begründung offen, woraus der aufgestellte Grundsatz der Unbeachtlichkeit anderer materieller Einwendungen als dem des Einwandes der Erfüllung abgeleitet wird. Der insoweit in Bezug genommenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Beschl. v. 07.04.2005 – I ZB 2/05, a.a.O.) lässt er sich jedenfalls – wie oben ausgeführt – nicht entnehmen. Es wird zudem übersehen, dass die vom Bundesgerichtshof und dem Kammergericht genannten Einwendungen den titulierten Anspruch selbst in Frage stellen; das ist der Anwendungsbereich der Vollstreckungsgegenklage, § 767 Abs. 1 ZPO; sie sind zulässig, soweit die Voraussetzungen des § 767 Abs. 2 ZPO vorliegen.

Der – hier erhobene – Einwand der (treuwidrigen) Verhinderung der Erfüllung der titulierten Verpflichtung durch den Vollstreckungsgläubiger stellt den titulierten Anspruch gerade nicht in Frage, sondern betrifft – im weiteren Sinne – die als Erfüllung angebotene Leistung des Schuldners.”