Archiv für den Monat: April 2016

Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Rechtfertigt ein Mietmangel dergestalt, dass die Fliesenfugen an einer Seite der Dusche undicht sind, so dass Feuchtigkeit in die Wand Badezimmer/Flur eintritt und auf der Flurseite Ausblühungen bildet, eine Mietminderung von 10% der monatlichen Bruttomiete sowie ein Zurückbehaltungsrecht bis zum dreifachen des Minderungsbetrages?

Die Antwort des Amtsgerichts Aachen (AG Aachen – 100 C 272/15, Urteil vom 12.11.2015) lautet: Ja!

Zur Begründung führt das AG Aachen in seiner vorgenannten Entscheidung wie folgt aus: “Der Kläger kann von den Beklagten weder aus dem Mietvertrag noch aus sonstigem Rechtsgrund derzeit die Nachzahlung der einbehaltenen Beträge für die Monate Mai und Juni 2015 verlangen.

Denn die Beklagten haben zu Recht von einem Minderungs- und Zurückbehaltungsrecht Gebrauch gemacht. Unstreitig sind die Fliesenfugen an einer Seite der Dusche undicht, so dass Feuchtigkeit in die Wand Badezimmer/Flur eintritt und auf der Flurseite Ausblühungen bildet. Der aus den Lichtbildern Bl. 50 ff. der Akte ersichtliche Zustand rechtfertigt eine Mietminderung um 10%. Im Wege des Zurückbehaltungsrechtes sind die Beklagten berechtigt, die monatliche Bruttomiete bis zum dreifachen des Minderungsbetrages einzubehalten. Die Beklagten hatten den Mangel angezeigt.

Der Minderung und der Zurückbehaltung steht auch nicht entgegen, dass ein für April 2015 vorgesehener Sanierungstermin deswegen gescheitert ist, weil die Beklagten sich nicht vor Ort befanden und den Handwerkern öffneten. Den Beklagten stand nämlich insoweit ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 BGB zu. Denn den Beklagten stand ein vom Gesetzgeber in § 555 a Abs. 3 BGB verankerter Aufwendungsersatzanspruch zu, den sie nach der ausdrücklichen Regelung in § 555 a Abs. 3 Satz 2 BGB im Wege des Vorschusses verlangen konnten. Dabei hat der Gesetzgeber keinerlei Einschränkung nach der Höhe der zu ersetzenden Aufwendungen vorgesehen.”

Aus der Rubrik “Verbrauchertipps”:

Internet – Den digitalen Nachlass rechtzeitig regeln!

Ein Mensch stirbt – was wird aus seinen Spuren im Internet? Erhalten Erben Zugriff auf Facebook, Google, Twitter und Co? Was ist, wenn Passwörter den Zugang zu Online-Konten versperren? Tipps, wie sich der digitale Nachlass am besten regeln lässt, gibt es hier.

https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Artikel/2015/04/2015-04-24-digitaler-nachlass.html

Aus der Rubrik “Verbraucherwarnhinweise”:

n-tv.de am 31.03.2016: Miese Abzocke auf Facebook – Vorsicht, gefälschte n-tv Beiträge!

Betrüger geben sich auf Facebook als n-tv aus und posten gefälschte Statusbeiträge. Die Gangster locken mit sensationslüsternen Videos. Nutzer, die sie ansehen möchten, werden unter Umständen schnell zur Kasse gebeten.

http://www.n-tv.de/technik/Vorsicht-gefaelschte-n-tv-Beitraege-article17359036.html

Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Besteht ein Anspruch eines bereits bei Mietbeginn auf Transferleistungen angewiesenen Mieters auf Gestattung der Untervermietung, wenn es nach einer Erhöhung der Miete zu einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage kommt, durch die er auf Erzielung von Untermieteinnahmen angewiesen ist, um seinen Wohnkostenanteil zu reduzieren?

Die Antwort des Amtsgerichts Schöneberg (AG Schöneberg – 106 C 117/15, Urteil vom 13.05.2015) lautet: Ja!

Zur Begründung führt das AG Schöneberg in seiner vorgenannten Entscheidung wie folgt aus: “Gemäß § 553 I BGB steht einem Mieter ein Anspruch auf die Gestattung zur Untervermietung zu, wenn nach Abschluss des Mietvertrags für ihn ein berechtigtes Interesse an der Untervermietung entsteht und hinsichtlich der Person des Untermieters seitens des Vermieters kein wichtiger Grund entgegensteht, keine Überbelegung des Wohnraums entsteht oder keine sonstigen Gründe bestehen, die eine Untervermietung für den Vermieter unzumutbar werden lässt, wobei bei der Interessenabwägung die Mieterinteressen grundsätzlich vorrangig sind (Staudinger/Emmerich, BGB, 2012, § 553 Rn. 11). Hierbei ist ein berechtigtes Interesse des Mieters jeder nachvollziehbare Grund (Blank in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 11. Aufl. 2013, § 553 Rn. 4). Ein solcher ist jedes, auch höchstpersönliche Interesse des Mieters von nicht ganz unerheblichem Gewicht, das mit der geltenden Rechts- und Sozialordnung im Einklang steht (BGH, NJW 2006, 1200 = NZM 2006, 220); hierzu zählt insbesondere auch eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage des Mieters (Erman/Lützenkirchen, BGB, 14. Aufl. 2014, § 554 Rn. 5), durch die er auf Erzielung von Untermieteinnahmen angewiesen ist, um seinen Wohnkostenanteil zu reduzieren (BGH, NJW 2006, 1200 = NZM 2006, 220; AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg, GE 2012, 66 = BeckRS 2012, 01823). Dieses ist der Fall. Denn seit Juni 2015 wird die Miete für die Kl. nicht mehr im vollen Umfang durch das Sozialamt getragen und sie selber muss mit 100 Euro monatlich die Differenz zu dem künftig vom Sozialamt übernommenen Mietanteil tragen.

Diese Verschlechterung ist erst nach dem Abschluss des Mietvertrags eingetreten. Denn zur Zeit des Abschlusses des Mietvertrags betrug die Bruttomiete lediglich 540 Euro monatlich und wurde in Gänze von dem Sozialamt getragen. Unerheblich ist, dass die Miete seinerzeit sich weit unter dem ortsüblichen Preisniveau für eine Wohnung in einem Reihenhaus in bester Lage bewegt haben mag und sie als Empfängerin von Transferleistungen nicht damit rechnen konnte, dass sie sich den Wohnraum bei einer künftigen Erhöhung der Miete auf das ortsübliche Niveau künftig würde leisten können. Denn entscheidend sind alleine die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags. Ein Mieter muss sich keine Gedanken darüber machen, wie die ortsübliche Vergleichsmiete zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags ist und ob er die Wohnung gegebenenfalls zu einem geringeren Mietzins anmietet. Schon gar nicht muss er – sofern nicht eine Staffelmiete vereinbart worden ist – darüber spekulieren, ob und wie der Vermieter künftig versuchen wird, eine höhere Miete zu realisieren, als sie ursprünglich vereinbart wurde. Noch muss er darüber spekulieren, wie sich die ortsübliche Vergleichsmiete entwickeln wird und wie sich die Praxis hinsichtlich der Gewährung von Transferleistungen hinsichtlich der kompletten oder teilweisen Übernahme von Wohnkosten durch öffentliche Träger entwickeln wird. Ist der Bekl. der Ansicht, dass die Kl. sich die Anmietung seiner Immobilie in bester Lage als Empfängerin von Transferleistungen nicht hätte leisten sollen, so hätte es ihm oblegen, der Bekl. die Anmietung nicht zu einem Mietzins anzubieten, der gegebenenfalls erheblich unter dem ortsüblichen Vergleichsmietzins lag. In diesem Zusammenhang ist die Frage, wer an wen herangetreten ist, um die andere Seite zum Abschluss des Mietvertrags zu bewegen sowie der Umstand, ob die Immobilie vor dem Bezug seitens der Kl. leer stand, ohne jede erkennbare Relevanz.”

Aus der Rubrik “Verbraucherinformationen”:

DIE WELT am 31.03.2016: Deutliche Erhöhung des Rundfunkbeitrags im Gespräch!

Zuletzt wurde eine Senkung des umstrittenen Rundfunkbeitrags erwogen. Doch einem Bericht zufolge ist nun von einer deutlichen Erhöhung die Rede.

Der monatliche Rundfunkbeitrag könnte nach einem Bericht der “Medienkorrespondenz” ab 2021, also in der übernächsten Beitragsperiode, auf über 19 Euro im Monat steigen. Der in Bonn erscheinende Fachdienst beruft sich dabei auf Teilnehmer einer Konferenz von Mitgliedern der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) und Vertretern der Länder.

http://www.welt.de/wirtschaft/article153855005/Deutliche-Erhoehung-des-Rundfunkbeitrags-im-Gespraech.html

Aus der Rubrik “Mieterinformationen”:

Berliner Zeitung am 30.03.2016: Arme werden aus der Berliner Innenstadt verdrängt!

Die Kluft zwischen Arm und Reich in Berlin wird größer. Zwar haben sich in den vergangenen Jahren einige Kieze sozial stabilisiert, doch in vielen Stadtteilen sind die Bewohner noch immer von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen oder sie leben von Hartz IV. Zu den Quartieren mit überdurchschnittlich hoher sozialer Benachteiligung gehören Kreuzberg-Nordost, Neukölln-Nord, Nord-Hellersdorf, Nord-Marzahn, Spandau-Mitte, Wedding und Moabit. Auch das Märkische Viertel in Reinickendorf zählt zu den Armutsquartieren.

Das geht aus der am 30.03.2016 veröffentlichten Studie „Monitoring Soziale Stadtentwicklung 2015“ hervor, die die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung herausgegeben hat. Die Untersuchung gibt Auskunft über soziale Veränderungen in der Stadt von 2012 bis 2014 sowie die soziale Lage der Berliner.

http://www.berliner-zeitung.de/berlin/arme-werden-aus-der-berliner-innenstadt-verdraengt-23806428

Aus der Rubrik “Wissenswertes”:   

Kann ein Mieter davon ausgehen, dass der Vermieter auf die Geldendmachung von Mietrückständen verzichtet, wenn der Vermieter eine Mietschuldenfreiheitsbescheinigung ausstellt, obwohl er zuvor aus “Rechtsgründen” einer Mietminderung widersprochen hat?

Die Antwort des Landgerichts Berlin (LG Berlin – 18 S 65/14, Urteil vom 11.06.2015) lautet: Ja!

Zur Begründung führt das LG Berlin in seiner vorgenannten Entscheidung unter II. 1. wie folgt aus: “1. Der Klägerin stehen Ansprüche auf Zahlung von Mietzins aus § 535 Abs. 2 BGB für die Zeit bis zur Erstellung der Mietschuldenfreiheitsbestätigung vom 13.04.2013 nicht zu.

Es ist anerkannt, dass eine Mietschuldenfreiheitsbescheinigung über ein bloßes Empfangsbekenntnis hinsichtlich der erhaltenen Mieten hinausgeht, wie auch das Amtsgericht im angegriffenen Urteil unter Verweis auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 30.09.2009 – VIII ZR 238/08, NZM 2009, 853, ausgeführt hat. Es kann auch im vorliegenden Fall offen bleiben, ob einer Mietschuldenfreiheitsbescheinigung generell die Wirkung eines negativen Schuldanerkenntnisses beigelegt werden kann, wie der Bundesgerichtshof im zitierten Fall erwägt, dies dann aber letztlich nicht abschließend entscheidet.

Jedenfalls im vorliegenden Fall führt das Schreiben vom 13.04.2013 dazu, dass die Klägerin mit Nachforderungen von Mietzins wegen bereits bekannter Sachverhalte ausgeschlossen ist. Die Erklärung konnte nach ihrer Formulierung von den Beklagten nach dem objektiven Empfängerhorizont nur im Sinne eines negativen Schuldanerkenntnisses verstanden werden, woran sich die Klägerin festhalten lassen muss. Denn die Klägerin bestätigt darin abschließend, dass die Beklagten ihren mietvertraglichen Verpflichtungen immer nachgekommen, die Mietzahlungen in voller Höhe geleistet worden seien und das Mieterkonto per 09.04.2013 keine Rückstände aufweise und dass man mit dieser Erklärung nicht auf noch fällig werdende Nachforderungen aus der noch zu erstellenden Umlagenabrechnung verzichtet. Die Klägerin fühlte sich also selbst veranlasst mitzuteilen, dass die Erklärung keinen Verzicht auf eine erst noch künftig entstehende etwaige Nachforderung aufgrund einer Betriebskostenabrechnung bedeuten solle. Vernünftigerweise konnten die Beklagten die Erklärung dann nur so verstehen, dass jedenfalls wegen anderer bekannte Sachverhalte keine weiteren Forderungen für die Vergangenheit mehr erhoben würden.

Dem steht auch nicht das Schreiben der Klägerin vom 11.04.2011 entgegen. Darin hatte sie erklärt, aus “Rechtsgründen” einer Mietminderung zu widersprechen. Welche Rechtsgründe dies waren bzw. in welcher Weise sie den Sachverhalt gegebenenfalls anders einschätzte als die Beklagten, ergibt sich aus dem Schreiben nicht. Gerade weil die Klägerin vor Abgabe der Bestätigung vom 13.04.2013 erklärt hat, die Mietminderung nicht zu akzeptieren, dann aber doch die Bestätigung ohne jeden Vorbehalt insoweit abgegeben hat, konnte die Erklärung nur so verstanden werden, dass sie insoweit eben keine Rechte mehr geltend gemacht wird. Dies gilt um so mehr angesichts des Umstands, dass die Erklärung, mit der die Klägerin der Minderung widersprochen hatte, zur Zeit der Mietschuldenfreiheitsbestätigung bereits mehr als zwei Jahre zurücklag und bis dahin auch keine Rechte auf Zahlung des Mietzinses geltend gemacht, insbesondere keine Klage erhoben worden war. Hinzu kommt, dass das Schreiben vom 11.04.2011 in einer Weise formuliert war, die die Empfänger annehmen lassen konnte, dass die Klägerin selbst die Minderung möglicherweise für berechtigt hält und eben nur aus “Rechtsgründen” widersprechen und sich vorbehalten müsse, geminderte Mietzinsbeträge “möglicherweise” und “zu einem späteren Zeitpunkt” geltend zu machen, was dann bis zur Herausgabe des Schreibens vom 13.04.2013 nicht geschah. Dies ließ es aus Sicht der Beklagten um so mehr naheliegend erscheinen, dass die Klägerin ihren Widerspruch “aus Rechtsgründen” gegenüber der Minderung nun nicht mehr aufrechterhielt.

Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, dass die Hausverwaltung keine Vollmacht für einer derartige Erklärung gehabt habe. Denn die Hausverwaltung handelte insoweit jedenfalls aufgrund einer Anscheinsvollmacht. Aus Sicht der Beklagten musste es sich so darstellen, dass die Hausverwaltung minderungs- und mietzinsrelevante Erklärungen für die Klägerin mit deren Wissen und Wollen abgibt. So stammt auch das Schreiben vom 07.04.2011 von der Hausverwaltung, mit dem der Minderung “aus Rechtsgründen” widersprochen wird. Die Klägerin hat auch nicht etwa vorgetragen, dass die Hausverwaltung nicht auch sonst minderungsrelevante Erklärungen üblicherweise abgibt oder Mietschuldenfreiheitsbescheinigungen herausgibt. Es bestand daher ein zurechenbar gesetzter Rechtsschein einer entsprechenden Bevollmächtigung.”

Aus der Rubrik “Wohnungspolitik”:

rbb-online.de am 31.03.2016: Bausenator Geisel über sozialen Wohnungsbau in Berlin – “Einfach weiter zu zahlen, ist keine Lösung”

Mehr als 200.000 Sozialwohnungen hatte Berlin mal, jetzt sind es nur noch gut 100.000. Bausenator Andreas Geisel hat jetzt im rbb versprochen, bald seine Pläne für den sozialen Wohnungsbau vorzulegen. Zu der alten Wohnungsbauförderung will er aber keinesfalls zurück.

Der Senat will bald Vorschläge für den sozialen Wohnungsbau in Berlin vorlegen. Die Expertenkommission “Sozialer Wohnungsbau” werde im Mai/Juni ihre Empfehlungen für eine Neuordnung vorstellen, sagte Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) am 31.03.2016 im rbb-Inforadio.

http://www.rbb-online.de/politik/beitrag/2016/03/senat-vorschlaege-sozialwohnungsbau-interview-geisel.html

Aus der Rubrik “Verbraucherinformationen”:

Handelsblatt am 30.03.2016: Das sind die besten Haftpflichtversicherungen!

Für viele Alltagssituationen sind Privathaftpflichtversicherungen nützlich. Experten empfehlen daher den Abschluss einer solchen Police. Im Auftrag des Handelsblatts hat Franke und Bornberg die Angebote überprüft.

http://www.handelsblatt.com/finanzen/vorsorge/versicherung/versicherungen-das-sind-die-besten-haftpflichtversicherungen/13376252.html?social=facebook

Aus der Rubrik “Wissenswertes”:   

Folgt aus dem Mietverhältnis eine Verpflichtung des Vermieters, dem Mieter Hilfestellung bei der Bewältigung persönlicher, insbesondere (auch) finanzieller Notlagen zu leisten?

Die Antwort des Landgerichts Berlin (LG Berlin – 65 S 442/15, Beschluss vom 22.01.2016) lautet: Nein!

Zur Begründung führt das LG Berlin in seiner vorgenannten Entscheidung unter I. wie folgt aus: “Frei von Rechtsfehlern hat das Amtsgericht den Beklagten zur Räumung der von ihm inne gehaltenen Wohnung verurteilt. Die Kündigung der Klägerin vom 6. Januar 2015 hat das Mietverhältnis der Parteien fristlos beendet, § 543 Abs. 2 Nr. 3a BGB; der Beklagte ist daher zur Herausgabe der Wohnung verpflichtet, § 546 Abs. 1 BGB.

Der Mietrückstand ist unstreitig; der Beklagte hat den Mietrückstand nicht vollständig innerhalb der am 20. April 2015 ablaufenden Schonfrist ausgeglichen. Dies aber ist nach dem klaren Wortlaut des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB Voraussetzung für das Eintreten der in der Vorschrift vorgesehenen Rechtsfolge. Ohne Erfolg verweist der Beklagte auf das Guthaben, das die Nebenkostenabrechnung vom 7. Dezember 2015 für das Abrechnungsjahr 2014 zu seinen Gunsten ergab. Die Fälligkeit des Zahlungsanspruchs kann nicht eintreten, bevor die Abrechnung überhaupt geschuldet und erstellt war; im Zeitpunkt der Abrechnung war die Schonfrist indes längst abgelaufen.

Wenngleich sich der Beklagte – wie das Amtsgericht nicht verkennt, sondern sorgfältig in Betracht zieht – seit Sommer 2014 in einer besonderen persönlichen Belastungssituation befand, so vermag dies nicht die Unwirksamkeit der Kündigung nach § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB herbeizuführen (vgl. BGH Urt. v. 04.02.2015 – VIII ZR 175/14, ibr-online). Auf die zutreffenden, ausgewogenen Feststellungen nimmt die Kammer nach eigener rechtlicher Prüfung Bezug.

Entgegen der Auffassung des Beklagten ist auch ein Sachverhalt, der dem vergleichbar wäre, der dem Bundesgerichtshof in der vom Beklagten in Bezug genommenen Entscheidung vorlag, hier nicht gegeben (vgl. BGH Beschl. v. 17.02.2015 – VIII ZR 236/14, ibr-online). Angesichts des klaren Wortlautes der Regelung in § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB können nur außergewöhnliche Umstände über den in § 242 BGB verankerten Gesichtspunkt von Treu und Glauben die Annahme einer Ausnahme rechtfertigen. Hier handelte es sich – anders als in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall – schon nicht um einen geringen Mietrückstand aus einem lange zurückliegenden Zeitraum, sondern um den Rückstand aus seit Sommer 2014 vollständig unterbliebenen Zahlungen des Beklagten an die Klägerin, die der Beklagte – was das Amtsgericht aber auch berücksichtigt – abzubauen versucht hat. Hinzu kommt, dass der Sachverhalt in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall sich insoweit ganz entscheidend von dem hier gegebenen unterschied, als der Mieter sich dort in einem vom Jobcenter verursachten, für ihn nicht erkennbaren Irrtum über die Vornahme der Zahlungen an den Vermieter befand: aufgrund eines Bescheides des JobCenters und vereinbarter Direktzahlungen an den Vermieter musste er davon ausgehen, dass die Zahlungen – wie im Bescheid angekündigt – geleistet werden. Für das Ausbleiben der Zahlungen hatte er keinen Anhaltspunkt. Hier hat der Beklagte auf der Grundlage einer eigenen Entscheidung bewusst von der Erfüllung seiner Hauptleistungspflicht aus dem Mietvertrag – der Zahlung der vereinbarten Miete an die Klägerin – über einen längeren Zeitraum abgesehen. Aus dem Mietverhältnis folgt jedoch keine Verpflichtung des Vermieters, dem Mieter – zudem ungefragt und ohne Mitteilung – Hilfestellung bei der Bewältigung persönlicher, insbesondere (auch) finanzieller Notlagen zu leisten, die der Beklagte nunmehr in der Berufung ergänzend geltend macht. Diese Aufgabe liegt beim (Sozial-)Staat, deren Stellen in Anspruch zu nehmen, dem Mieter gegebenenfalls obliegt. Über die Regelung des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB wird – wegen der im allgemeinen Interesse liegenden Vermeidung von Obdachlosigkeit (vgl. BT.Ds. 14/4553, S. 64) – im Rahmen und in den Grenzen der Vorschrift der Vermieter von Wohnraum an dem Risiko von Zahlungsschwierigkeiten des Mieters beteiligt. Die hier gegebene persönliche und wirtschaftliche Situation des Beklagten ändert – so schwer wiegend und bedrückend sie sich für ihn auch darstellt – nichts daran, dass sie im Rahmen der Beurteilung der Wirksamkeit der Kündigung nach geltendem Recht keine Berücksichtigung finden kann. Hinzu kommt, dass der Beklagte sich nach seinem eigenen Vortrag immer wieder nur zeitweise in Erfurt aufhielt, er daher tatsächlich nicht gehindert war, seine Zahlungspflichten zu erfüllen bzw. sich um Hilfen zu bemühen.”