Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Besteht bei einem gemischt genutzten Mietshaus, in dem es sowohl Wohnungen als auch Gewerbeeinheiten gibt, und für das der Vermieter vom Finanzamt oder der Gemeinde einen einheitlichen Grundsteuerbescheid erhält, eine Pflicht zur Kostentrennung, d. h. zur Aufteilung nach der unterschiedlichen Nutzung der Flächen?

Die Antwort des Landgerichts Berlin (LG Berlin – 63 S 219/15, Urteil vom 15.03.2016) lautet: Nein!

Zur Begründung führt das LG Berlin in seiner vorgenannten Entscheidung unter II. wie folgt aus: “Zutreffend führt das Amtsgericht aus, dass es sich bei der Grundsteuer nicht um eine Position handelt, die durch die Gewerbemieter eines Hauses verursacht i.S.d. § 556a Abs. 2 BGB wird.

Unstreitig erhält die Beklagte für das streitgegenständliche Haus einen einheitlichen Grundsteuerbescheid.

Ob der Vermieter auch in diesem Fall zur Kostentrennung verpflichtet ist, ist umstritten.

Nach einer Auffassung hat aus Gerechtigkeitsgründen eine Aufteilung nach der unterschiedlichen Nutzung der Flächen zu erfolgen (so LG Hamburg NZM 2001, 806; LG Frankfurt/M. NZM 1998, 434 = WuM 1997, 630 = ZMR 1997, 642; AG Gütersloh WuM 1995, 660; AG Köln WuM 1990, 32; Blank DWW 1992, 67; Laug WuM 1993, 171; Lützenkirchen in Lützenkirchen § 556 Rdn. 71; Ruff WuM 2003, 379, 380 f., Schmidt-Futterer/Langenberg BGB § 556a Rn. 83-89, beck-online).

Hiervon solle im Hinblick auf die Entscheidung des BGH (Urt.v. 08.03.2006 – VIII ZR 78/05, ibr-online) zur Verteilung der Betriebskosten in gemischt genutzten Gebäuden allenfalls dann abgesehen werden, wenn ein Gebäude nur zu einem geringen Teil gewerblich genutzt wird, so dass eine etwaige Mehrbelastung der Wohnungsmieter marginal ist.

Nach der anderen Auffassung ist der Mieter ohne weiteres entsprechend seinem Anteil an dem Betrag zu beteiligen, den der Vermieter an die Gemeinde abzuführen hat (so AG Siegburg WuM 1997, 629 m. abl. Anm. Windisch; AG Essen-Steele WuM 1993, 198; Blöcker/Pistorius S. 127; Both in Herrlein/Kandelhard § 556 Rdn. 28; Teitge ZMR 1986, 26).

Da im vorliegenden Fall der Gewerbeanteil im streitgegenständlichen Gebäude überwiegt und die Differenz zwischen den verschiedenen Berechnungsweisen mit und ohne Vorwegabzug des auf das Gewerbe entfallenen Anteils über 200,00 Euro beträgt, handelt es sich nach Auffassung der Kammer um eine erhebliche Mehrbelastung i.S.d. vorzitierten Rechtsprechung des BGH, so dass der Streit zu entscheiden ist.

Die Kammer schließt sich – wie das Amtsgericht – der letztgenannten Auffassung an.

Da für die Ermittlung des Einheitswertes die Verhältnisse im Zeitpunkt der letzten Hauptfeststellung zum 1. 1. 1964 bzw. in Ostdeutschland zum 1. 1. 1935 maßgeblich sind, sind spätere Veränderungen in aller Regel unbeachtlich. Es kommt mithin nicht auf die Nutzung der Gewerbeflächen im Abrechnungszeitraum an, ob z. B. zwischenzeitlich aus einem bescheidenen Laden mit geringer Miete ein hochpreisiges Geschäft mit hohem Mietniveau hergerichtet wurde, ebenso wenig wie darauf, ob etwa wegen Veränderung des Umfelds die früher hohen Mieten nicht mehr zu erzielen sind oder ob sich diese nach aufwendiger Modernisierung der Wohnungen von den dort erreichten Mieten kaum noch unterscheiden.

Bei einem Eigentümerwechsel erhält der neue Eigentümer nur einen Zurechnungsbescheid, mit dem ihm das Grundstück steuerlich zugerechnet wird (§§ 10, 11 GrStG). Der Einheitswertbescheid wird ihm nicht erneut zugestellt, er liegt ihm daher oft nicht vor.

Bereits diese zugrundeliegende Berechnungsmethode der Grundsteuer spricht nach Auffassung der Kammer dagegen, dass es sich um durch das Gewerbe verursachte Kosten i.S.d. § 556a BGB handelt.

Dafür spricht auch die gebotene teleologische Auslegung des § 556a BGB. Der Wille des Gesetzgebers bei der Einführung des § 556a BGB war es, “Betriebskosten, die von einem erfassten Verbrauch oder einer erfassten Verursachung durch den Mieter abhängig sind, sollen nach Verursachung oder Verbrauch abgerechnet werden. Der Vermieter ist also verpflichtet, verbrauchsabhängig abzurechnen, falls der Verbrauch erfasst wird. Der Mieter hat aber keinen zivilrechtlichen Anspruch auf Einbau von Geräten zur Verbrauchserfassung, zum Beispiel (Kalt-)Wasseruhren. (…) Damit soll nicht nur mehr Abrechnungsgerechtigkeit geschaffen, sondern vor allem auch der sparsame und kostenbewusste Umgang mit Energie gefördert werden.” (BT-Drcks. 14/4553, S. 51).

Der Gesetzgeber hat es nach Auffassung der Kammer nach dieser Begründung gerade nicht darauf angelegt, jede Position der umlegbaren Betriebskosten bis in das kleinste Detail aufzugliedern, sondern ganz klar die umweltrelevanten Positionen der Heiz-, Wasser- und Stromkosten im Auge gehabt, die wie keine anderen Positionen durch das Verhalten des einzelnen Mieters beeinflusst werden können.

Die Position der Grundsteuer kann dagegen durch den einzelnen Mieter – egal ob Gewerbe oder Wohnraum – gar nicht beeinflusst werden, sondern lediglich durch den Eigentümer des Hauses.

Der Gesetzgeber hat es jedoch erkennbar darauf angelegt, sofern er auf mehr “Gerechtigkeit” bei der Abrechnung abstellt, diese im Verhältnis der einzelnen Mieter untereinander, sofern sie die Kosten selbst aktiv beeinflussen können, und eben gerade nicht im Verhältnis des Vermieters zum Mieter herzustellen. So heißt es in der vorzitierten Gesetzesbegründung weiterhin: “Allgemein gilt der Flächenmaßstab. Die Umlage nach dem Flächenmaßstab ist gegenüber der Umlage nach der Personenzahl leichter handhabbar, zumal sich die Personenzahl häufig ändern kann und dies für den Vermieter kaum nachvollziehbar ist” (BT-Drcks. aaO). Dies verdeutlicht, dass der Gesetzgeber zum einen die Umlage nach Fläche als grundsätzlich gerecht angesehen hat, zum anderen, dass es ihm gerade nicht darauf ankam, den Vermieter zu einem erheblichen Aufwand bei der Erstellung der Betriebskostenabrechnung zu verpflichten, nur um im Ergebnis eine “absolute Gerechtigkeit” herzustellen.

Diese Auslegung steht nach Ansicht der Kammer auch im Einklang mit der Rechtsprechung des BGH. So führt der BGH in seiner Entscheidung (BGH, Urteil vom 06. Mai 2015 – VIII ZR 194/14, ibr-online) aus; das Vertrauen eines Mieters auf den Fortbestand unbilliger Kostenverschiebungen, die einzelne Mitmieter übervorteilen, andere hingegen ohne sachlichen Grund benachteiligen, ist jedoch nicht schützenswert.

Eine Grenze sei lediglich dort zu ziehen, wo es “zu untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit offensichtlich unvereinbaren Ergebnissen führt (vgl. BGH, Urteil vom 16. Februar 2005 – IV ZR 18/04, NJW-RR 2005, 619unter II 2 a). Insbesondere muss § 242 BGB dann in Betracht gezogen werden, wenn die Anwendung der gesetzlichen Vorschriften einen im Einzelfall bestehenden Interessenkonflikt nicht hinreichend zu erfassen vermag und für einen der Beteiligten ein unzumutbar unbilliges Ergebnis zur Folge hätte (BGH, Urteil vom 27. April 1977 – IV ZR 143/76, BGHZ 68, 299, 304, BGH, Urteil vom 10. Dezember 2014 – VIII ZR 9/14, ibr-online).

Diese Grenze ist bezüglich der Grundsteuer aufgrund ihrer zuvor ausgeführten Ermittlungsgrundsätze und der Höhe der Position insgesamt nach Auffassung der Kammer nicht überschritten.”