Aus der Rubrik “Wissenswertes”: 

Kann in einem beharrlichen Leugnen einer Pflichtverletzung ein berechtigter Grund zur ordentlichen Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB liegen, wenn ein Mieter zuvor wegen einer erheblichen und schuldhaften Verletzung seiner vertraglichen (Neben-)Pflicht zur Obhut der Mietsache rechtskräftig zur Leistung von Schadensersatz verurteilt worden ist und die Besorgnis des Vermieters besteht, der Mieter setze seine Obhutspflichtverletzung auch nach der rechtskräftigen Verurteilung fort?

Die Antwort des Bundesgerichtshofs (BGH – VIII ZR 39/15, Urteil vom 13.04.2016) lautet: Ja!

Zur Begründung führt der BGH in seiner vorgenannten Entscheidung unter II. 2. b) in den Randnummern 19 – 22 wie folgt aus: “Die Revision rügt insoweit zu Recht, das Berufungsgericht habe in Verletzung des Anspruchs des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) und unter Verstoß gegen § 286 Abs. 1 ZPO nicht sämtliche in dessen Kündigungsschreiben vom 2. Dezember 2013 genannten und in engem Zusammenhang mit der Nichtzahlung der titulierten Forderung stehenden Aspekte in seine Abwägung, ob dem Kläger ein berechtigtes Interesse an der ordentlichen Kündigung nach § 573 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB zustehe, einbezogen und den insoweit in einem Gesamtkontext stehenden Prozessvortrag des Klägers nicht ausgeschöpft.

aa) Denn der Kläger hat sich in seinem Kündigungsschreiben vom 2. Dezember 2013 nicht nur auf die Nichtzahlung der titulierten Forderung berufen, sondern erläuternd und ergänzend hierzu angeführt, dass ihm aufgrund des zeitlich nach dem rechtskräftigen Urteil des Amtsgerichts Pankow/Weißensee vom 3. Januar 2013 zu verzeichnenden Verhaltens des Beklagten ein Festhalten am Vertrag nicht mehr zuzumuten ist. So hat der Kläger in dem Kündigungsschreiben ausgeführt, der Beklagte habe seine – ihm durch den vorangegangenen Prozess vor dem Amtsgericht Pankow/Weißensee bekannte – Verantwortung für in der Wohnung aufgetretene Feuchtigkeitsschäden beharrlich geleugnet, indem er erneute (unberechtigte) Mängelanzeigen vorgenommen und die Miete wiederum (unberechtigt) gemindert habe. Darüber hinaus wird die Kündigung darauf gestützt, dass der Beklagte die pflichtwidrige und schuldhafte Vernachlässigung seiner Mieterpflichten fortsetze, indem er die Wohnung weiterhin nur unzureichend lüfte und heize.

Diese Ausführungen im Kündigungsschreiben hat der Kläger in seinem Prozessvortrag in den Vorinstanzen aufgegriffen und unter Bezugnahme auf einen im Juli 2013 geführten Email-Verkehr mit dem Beklagten sowie unter Vorlage diverser Schreiben des Beklagten aus dem Jahr 2013 dahingehend vertieft, dass der Beklagte die Feststellungen aus dem rechtskräftigen Urteil des Amtsgerichts Pankow/Weißensee vom 3. Januar 2013 zur überwiegend in seinem Verantwortungsbereich liegenden Ursache für die feuchtigkeitsbedingten Schäden in der Wohnung ignoriere und entgegen den Feststellungen aus diesem Urteil im Streitfall erneut die gleichen Minderungsrechte geltend mache.

bb) Dieses Vorbringen durfte das Berufungsgericht nicht unbeachtet lassen, weil es entscheidungserheblich ist. Denn mit diesem Sachvortrag, zu dem das Berufungsgericht keine näheren Feststellungen getroffen hat, hat der Kläger erhebliche Vertragsverletzungen des Beklagten behauptet, die die ordentliche Kündigung nach § 573 Abs. 1 Satz 1, 2 Nr. 1 BGB rechtfertigen würden, sofern sich der Beklagte nicht nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB entlasten könnte. Der Kläger hat zum einen ein unverändert gebliebenes mangelhaftes Lüftungs- und Heizungsverhalten des Beklagten und zum anderen dessen in Kenntnis des Urteils des Amtsgerichts Pankow/Weißensee vom 3. Januar 2013 erfolgtes beharrliches Leugnen angeführt, für Feuchtigkeitsschäden verantwortlich zu sein. Mit der Nichtbeachtung dieser Ausführungen hat sich das Berufungsgericht den Blick dafür verstellt, dass erneute Mängelanzeigen und Mietminderungen, die unberechtigt wegen eines Mangels vorgenommen werden, der zumindest überwiegend im eigenen Verantwortungsbereich des Mieters liegt, eine schwerwiegende (und auch schuldhafte) Vertragsverletzung darstellen, wenn dem Mieter dieser Ursachenzusammenhang aufgrund eines gerade geführten Schadensersatzprozesses über die nämlichen Mängel klar sein muss. Aus einem derartigen Verhalten ergibt sich die für den Vermieter begründete Besorgnis, dass der Mieter weder gewillt ist, seinen vertraglichen Pflichten zur Obhut der Wohnung noch hinsichtlich der vollständigen Mietzahlung nachzukommen.”