Aus der Rubrik “Wissenswertes”:  

Erhält ein Mieter eine geeignete Tatsachengrundlage für die Prüfung und Einschätzung, ob ein Mieterhöhungsverlangen seiner Vermieterin begründet ist oder nicht, wenn diese das Mieterhöhungsverlangen zwar mit dem Berliner Mietspiegel 2015 begründet, gleichzeitig aber mitteilt, dass sie diesen aber als nicht qualifiziert im Sinne § 558d (1) BGB ansieht?

Die Antwort des Amtsgerichts Köpenick (AG Köpenick – 13 C 203/15, Urteil vom 17.03.2016) lautet: Nein!

Zur Begründung führt das AG Köpenick in seiner vorgenannten Entscheidung wie folgt aus: “Die auf Zustimmung zu einer Mieterhöhung gemäß § 558 BGB gerichtete Klage ist jedoch unbegründet.

Denn das streitgegenständliche Mieterhöhungsverlangen der Klägerin vom 19.6.2015 ist formell unwirksam.

Denn das Mieterhöhungsverlangen vom 19.6.2015 ist nicht ordnungsgemäß begründet.

Begründung im Sinne des § 558a Abs. 1 und Abs. 2 BGB ist die Darlegung der verlangten Mieterhöhung anhand von Tatsachen. Damit soll der Mieter in die Lage versetzt werden, die Berechtigung des Mieterhöhungsverlangens nachzuvollziehen. Die Begründung ist daher auf ein geeignetes Begründungsmittel zu stützen (vergleiche Palandt zu § 558a BGB Rn. 4). In diesem müssen Tatsachen enthalten sein, aus denen die geforderte Mieterhöhung hergeleitet wird und zwar in einem Umfang, der es dem Mieter gestattet, der Berechtigung des Erhöhungsverlangens nachzugehen und diese zumindest ansatzweise selbst überprüfen zu können (vergleiche BGH Urteil vom 3.2.2016 Az. VIII ZR 69/15 – zitiert nach ibr-online).

Mit der gesetzlich durch § 558a BGB geforderten Begründung des Mieterhöhungsverlangens sollen dem Mieter im Interesse einer außergerichtlichen Einigung die Tatsachen mitgeteilt werden, die er zur Prüfung der vom Vermieter nach § 558 BGB begehrten Mieterhöhung benötigt. Der Mieter muss aufgrund konkreter Angaben in die Lage versetzt werden, der Berechtigung des Mieterhöhungsverlangens des Vermieters nachzugehen, muss dieses zumindest ansatzweise überprüfen können, um so die Entscheidung treffen zu können, ob er der begehrten Mieterhöhung zustimmen oder den Vermieter auf einen Prozess verweisen will (vergleiche BGH aaO).

Diesen rechtlichen Anforderungen genügt das streitgegenständliche Mieterhöhungsverlangen der Klägerin 19.6.2015 nicht.

Denn zwar stützt die Klägerin ihr Mieterhöhungsverlangen auf den Mietspiegel ### 2015, führt jedoch dabei aus, dass die Klägerin als Vermieterin der streitgegenständlichen Wohnung diesen Mietspiegel, welchen Sie zur Begründung heran zieht, für nicht qualifiziert im Sinne des § 558d Abs. 1 BGB hält. Damit bringt die Klägerin explizit zum Ausdruck, dass sie sich auf ein Begründungsmittel stützt, welches nach ihrer eigenen Auffassung ungeeignet ist. Wenn jedoch der Vermieter – hier die Klägerin – selbst das herangezogene Begründungsmittel, den ### Mietspiegel 2015, für ungeeignet hält, die von ihr begehrte Mieterhöhung zu begründen, kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Mieter – hier die Beklagte – eine geeignete Tatsachengrundlage erhält für die Prüfung und Einschätzung, ob das Mieterhöhungsverlangen der Klägerin begründet ist oder nicht. Die Klägerin verhält sich widersprüchlich, wenn sie die von ihr begehrte Mieterhöhung auf ein Begründungsmittel stützt, welches sie selbst für ungeeignet hält. Der durchschnittliche, juristisch nicht vorgebildete, Mieter unterscheidet nicht zwischen einem qualifizierten Mietspiegel und einem einfachen Mietspiegel.

Diese aus den rechtlichen Vorgaben der §§ 558c BGB und 558d BGB hergeleiteten Begrifflichkeiten sind dem durchschnittlichen Mieter nicht geläufig.

Vielmehr wird der Gebrauch des Wortes “qualifiziert” landläufig als geeignet bzw. besonders geeignet verstanden.

Mit der Formulierung im Mieterhöhungsverlangen

“auch wenn dieser nach unserer Auffassung nicht qualifiziert… ist”

wird dem Mieter somit suggeriert, dass der Vermieter den herangezogenen Mietspiegel selbst für ungeeignet hält, das Mieterhöhungsverlangen zu begründen. Dieses Verhalten der Klägerin als Vermieter ist zumindest widersprüchlich und versetzt den Mieter – hier die Beklagte – nicht in die Lage, aufgrund geeigneter Tatsachen die Berechtigung des Mieterhöhungsverlangens zu prüfen.

Die gesetzgeberische Intention, dass eine außergerichtliche Einigung aufgrund dem Mieter zugänglich gemachter Tatsachen zur Überprüfung der vom Vermieter begehrten Mieterhöhung möglich werden soll, wird dadurch konterkariert.

Vielmehr wird durch diese Formulierungen der Klägerin, mit denen das gegebene Begründungsmittel zugleich als ungeeignet dargestellt wird, der Mieter verunsichert. Dadurch besteht die Gefahr dass der Mieter in einen Prozess getrieben wird, um dort die Begründetheit der vom Vermieter begehrten Mieterhöhung prüfen zu lassen und zwar nach den Vorstellungen der Klägerin durch Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens, dessen Kosten im Fall der Begründetheit des Mieterhöhungsverlangen dem Mieter mit den Prozesskosten zur Last fallen. Demgegenüber fallen die Kosten der Begründung der Mieterhöhung gemäß § 558a Abs. 2 Nr. 3 BGB durch ein mit Gründen versehenes Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen bei der Klägerin als Vermieterin an.

Dieses Vorgehen der Klägerin, in dem diese zwar den ### Mietspiegel 2015 für ungeeignet hält, die von ihr begehrte Mieterhöhung zu begründen, die Kosten für die Heranziehung der weiteren in § 558a Abs. 2 BGB genannten Begründungsmittel jedoch nicht aufwenden will, um die von ihr begehrte Mieterhöhung zu begründen, sondern diese Kosten als im Prozess entstehende Kosten durch Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens – bei erfolgreicher Klage – den Mietern auferlegen zu lassen, entspricht nicht den gesetzlichen Vorgaben der Mieterhöhung nach den §§ 558 ff BGB.

Denn wenn die Klägerin als Vermieterin den ### Mietspiegel 2015 für ungeeignet hält, kann sie ein anderes Begründungsmittel heranzuziehen. § 558a Abs. 3 5. Halbsatz BGB erlaubt dem Vermieter die Mieterhöhung auf ein anderes Begründungsmittel nach § 558a Abs. 2 BGB zu stützen. § 558a Abs. 3 BGB fordert lediglich, dass bei Vorhandensein eines qualifizierten Mietspiegels im Sinne des § 558d BGB diesbezügliche Angaben für die Wohnung vom Vermieter im Mieterhöhungsverlangen mitzuteilen sind.

Wenn die Klägerin somit der Meinung ist, dass der ### Mietspiegel 2015 als Begründungsmittel für die von ihr begehrte Mieterhöhung untauglich ist, so ist sie gehalten, die in § 558a Abs. 2 Nr. 2-4 genannten Begründungsmittel zu prüfen und die Mieterhöhung auf eines oder mehrere dieser rechtlich zulässigen Begründungsmittel zu stützen. Daneben hat sie gemäß § 558a Abs. 3 vierter Halbsatz BGB die für die Wohnung enthaltenen Angaben im ### Mietspiegel 2015 im Mieterhöhungsverlangen mitzuteilen.

Diesen gesetzlichen Vorgaben entspricht das streitgegenständliche Mieterhöhungsverlangen der Klägerin vom 19.6.2015 nicht.

Vielmehr wird das Mieterhöhungsverlangen der Klägerin auf ein von ihr für ungeeignet gehaltenes Begründungsmittel gestützt, so dass das Mieterhöhungsverlangen – wie oben ausgeführt – sich gemäß §558a BGB als nicht ordnungsgemäß begründet und damit formell unwirksam darstellt.

Auf den diesbezüglichen rechtlichen Hinweis des Gerichts in der Ladungsverfügung ist ein den Anforderungen des § 558a BGB entsprechendes Mieterhöhungsverlangen von der Klägerin im Prozess nicht nachgeholt worden. Denn auch im Schriftsatz vom 10.3.2016 beharrt die Klägerin auf ihrer Rechtsauffassung, dass der ### Mietspiegel 2015 für die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete ungeeignet ist. Soweit sie lediglich hilfsweise auf die Erkenntnisquelle des ### Mietspiegels 2015 verweist, stellt dies nach Ansicht des Gerichts kein formell wirksames, den Anforderungen des § 558a BGB genügendes, Mieterhöhungsverlangen dar. Doch selbst wenn man von einem im Prozess nachgeholten, wirksamen Mieterhöhungsverlangen auszugehen würde, hätte dieses gemäß § 558b Abs. 3 Satz 2 BGB die Zustimmungsfrist nach § 558b Abs. 2 Satz 1 BGB ausgelöst, welche im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch nicht abgelaufen war.

Auf die inhaltliche Richtigkeit des Mieterhöhungsverlangens der Klägerin vom 19.6.2015, insbesondere auf die Frage, ob der ### Mietspiegel 2015 qualifiziert im Sinne § 558d BGB ist oder – im Falle der Verneinung – jedenfalls als einfacher Mietspiegel gemäß § 558c BGB im Rahmen einer Schätzung nach § 287 ZPO heranzuziehen ist, (vergleiche Landgericht Berlin Urteil vom 2.12.2015 Aktenzeichen 18 S 183/15 – zitiert nach ibr-online) kam es daher für die Entscheidung nicht an.

Die Klage war daher abzuweisen.”