Aus der Rubrik “Wissenswertes”:                                   

Ist eine Räumungsklage bereits vor Ablauf der Frist nach § 574b BGB statthaft, wenn der Mieter den Kündigungsgrund ernsthaft bestreitet und der Kündigung widerspricht?

Die Antwort des Amtsgerichts Pforzheim (AG Pforzheim – 3 C 129/16, Urteil vom 29.09.2016) lautet: Ja!

Zur Begründung führt das Amtsgericht Pforzheim in seiner vorgenannten Entscheidung unter b. aa. wie folgt aus: “Die auf diese Kündigung gestützte Räumungsklage war insbesondere mit Blick auf § 259 ZPO zulässig. Unter den Voraussetzungen des § 259 ZPO ist eine Räumungsklage bereits vor Ablauf der Frist nach § 574b BGB statthaft, sofern der Mieter den Kündigungsgrund ernsthaft bestreitet und der Kündigung widerspricht, sodass zu befürchten ist, dass er die Wohnung nicht rechtzeitig räumen wird (vgl. OLG Karlsruhe, NJW 1984, 2953 mwN; Greger, in: Zöller, ZPO, 30. A., 2014, § 259, Rn. 2). Die Klage ist daher dann zulässig, wenn der Mieter nicht nur schweigt oder pauschal auf voraussichtliche Schwierigkeiten, eine Ersatzwohnung zu finden, hinweist, sondern durch ernstliches Bestreiten des Kündigungsgrundes eindeutig zu erkennen gegeben hat, dass er nicht gewillt ist, fristgerecht zu räumen. Die Interessen des Mieters sind dann ausreichend berücksichtigt, weil ihm die Möglichkeit zur Geltendmachung seiner Rechte, die er im Widerspruch geltend machen kann, mit Blick auf §§ 767, 769 ZPO nicht genommen werden. Maßgeblich für die Beurteilung der ernsthaften Besorgnis ist der objektive Empfängerhorizont.

Im Rahmen der informatorischen Anhörung während der mündlichen Verhandlung verneinte die Beklagte den Eigenbedarf des Klägers erstmals und verwies diesen auf ein Obdach bei dessen Lebenspartner. Zudem wies sie darauf hin, dass er sich ein Haus ohne Bewohner hätte kaufen müssen, wenn er eine Wohnung benötige. Im Einzelnen vgl. Aktenseite 164 f. Aus diesen Äußerungen lässt sich ohne Zweifel der Wille der Beklagten entnehmen, die Wohnung nicht fristgerecht zu räumen, weil sie den Kündigungsgrund anzweifelt. Anders kann dies nach dem objektiven Empfängerhorizont nicht verstanden werden.

Es kann daher dahinstehen, ob der Widerspruch gegen die Kündigung vom 30. Januar 2016 auch auf die Kündigung vom 1. August zu beziehen ist, wofür jedenfalls sprechen würde, dass sich der Sachverhalt in Bezug auf die beiden Kündigungen aus Sicht der Kläger nicht geändert hat. Denn aus Sicht eines objektiven Beobachters wäre es nicht verständlich, warum die Beklagte ihre Ansicht zur Kündigung, zwischenzeitlich geändert haben soll, wie ihre Ausführungen in der mündlichen Verhandlungen auch bestätigten. Aufgrund des Verhaltens in der mündlichen Verhandlung war es aber bereits nicht erforderlich, dies im Rahmen des § 259 ZPO zu berücksichtigen.”