Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Kann bei einem Mietvertrag mit dem besonderen sozialen Angebot “Wohnen mit Service” unterhalb der Schwelle des Betreuten Wohnens zusätzlich zur Miete eine Servicegebühr erhoben werden?

Die Antwort des Landgerichts Düsseldorf (LG Düsseldorf – 23 S 218/13, Urteil vom 04.03.2015) lautet: Ja!

Zur Begründung führt das Landgericht Düsseldorf in seiner vorgenannten Entscheidung unter B. I. 2) – 3) a) wie folgt aus: “Zu Unrecht hat das Amtsgericht angenommen, dass die in § 2 Abs. 1 des Mietvertrages vereinbarte Servicegebühr der AGB-rechtlichen Klauselkontrolle nicht standhalte und unwirksam sei.

a) Zunächst liegt keine doppelte Vereinbarung einer Servicegebühr vor. Soweit die Gebühr auch unter § 2 Abs. 6 des Mietvertrages genannt wird, handelt es sich, wie zwischen den Parteien unstreitig ist, nicht um abrechnungsfähige Betriebskosten im Sinne der Betriebskostenverordnung. Die Klägerin hat die Gebühr weder in der Vergangenheit bei den Nebenkosten in Ansatz gebracht noch wird sie dies in Zukunft tun. Mit Schriftsatz vom 16.04.2013 (Bl. 108 d. A.) hat die Klägerin verbindlich zugesagt, die Servicegebühr nicht im Rahmen der Betriebskostenabrechnung zu berücksichtigen.

b) Die in § 2 Abs. 1 des Mietvertrages vereinbarte Servicegebühr ist nicht unwirksam. Sie verstößt weder gegen wesentliche Grundgedanken des Mietrechts noch ist sie intransparent oder ansonsten nicht wirksam vereinbart worden. Ferner ist sie nicht sittenwidrig oder sonst nichtig. Die Servicegebühr wird nicht von der Klägerin ohne Gegenleistung vereinnahmt. Vielmehr stellt diese Gebühr keinen Bestandteil der Miete für die Zurverfügungstellung von Wohnraum dar. Sie wird von der Klägerin für ihren Kooperationspartner erhoben, welcher als Gegenleistung Dienstleistungen im Rahmen eines allgemeinen und sozialen Betreuungsangebots im Sinne von § 3 Abs. 1 WTG erbringt. Insofern wird die Gebühr von der Klägerin an den Kooperationspartner weitergeleitet. Eine sittenwidrige Koppelung liegt nicht vor. Vielmehr handelt es sich um einen zulässigen typengemischten Vertrag, wie bereits aus dem Mietvertrag selbst ersichtlich wird, wenn in § 2 Abs. 1 die vier unterschiedlichen Kostenpositionen (Grundmiete, Zuschlag Stellplatz, Servicegebühr, Vorauszahlung Betriebskosten) in drucktechnischer Hervorhebung aufgelistet werden. Diese mietvertragliche Klausel enthält die erforderliche Vereinbarung der Parteien über die Servicegebühr, es fehlt nicht an einer Vereinbarung über die wesentlichen Vertragsbestandteile (essentialia negotii) eines Wohnens mit Service.

Für den durchschnittlichen Mietinteressenten ist ersichtlich, dass bei dem Wohnangebot der Klägerin in der Südlichen … (“Wohnen mit Service”) ein besonderes soziales Angebot unterhalb der Schwelle des Betreuten Wohnens angeboten wird (vgl. auch Münchener Kommentar, BGB, Vor §§ 535 ff. BGB Rz. 38 (Sonstige Mietverträge mit Serviceleistungen (sog. “Service Wohnen”)). Niederschwellige Servicedienstleistungen unterhalb des sog. Betreuten Wohnens werden von dem Kooperationspartner der Klägerin tatsächlich angeboten und erbracht. Insoweit kann offen bleiben, ob den Beklagten durch Internet-Veröffentlichungen der Klägerin oder auf sonstige Weise die angebotene Wohnstruktur bekannt geworden war. In ihrer Bewerbung spiegelt sich jedenfalls wider, dass die Beklagten sich selbst zu dem angesprochenen Personenkreis gezählt haben.

c) Eine Beschreibung des Inhalts des angebotenen Service enthält der Mietvertrag selbst zwar nicht. Es ist aber auch nicht erforderlich, dass aus dem Mietvertrag selbst ersichtlich wird, “um was es sich bei der Servicegebühr überhaupt handele”, wenn jedenfalls aus den individuellen Begleitumständen des Mietvertragsabschlusses ersichtlich ist, dass der Inhalt der Gebühr dem Mietinteressenten genügend umrissen worden ist. Dies ist hier der Fall. Nach dem Ergebnis der im Parallelverfahren durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Inhalt der Servicegebühr im vorliegenden Einzelfall den Beklagten im Rahmen der vorvertraglichen Verhandlungen genügend erläutert worden ist. Beide Parteien haben bereits erstinstanzlich auf die im Parallelverfahren erfolgte Beweisaufnahme verwiesen und zu Beweiszwecken das Protokoll der Beweisaufnahme vorgelegt. Damit haben sie sich übereinstimmend mit einer Verwertung des Beweisprotokolls im Wege des Urkundsbeweises einverstanden erklärt. Die Akte lag der Kammer vor und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Bei ihrer dortigen Vernehmung als Zeugin hat die Beklagte zu 2) ausgeführt, dass sie an der Informationsveranstaltung der Klägerin im Sommer 2007 teilgenommen hat, bei der Herr … über die Servicegebühr gesprochen und konkrete Beispiele für den angebotenen Service angeführt hat. Ihrer weiteren Angabe, bei Abschluss des Mietvertrags habe sie nicht gewusst, wofür die Servicegebühr sei, kann daher nicht gefolgt werden (Bl. 117 R d. A.). Auch das im hiesigen Verfahren erfolgte Bestreiten einer vorvertraglichen Aufklärung ist damit unbeachtlich, da es in unauflöslichem Widerspruch zu den Zeugenangaben der Beklagten zu 2) steht.

Gegenteiliges können die Beklagten nicht aus der Aussage der Zeugin … herleiten. Die Beklagten berufen sich lediglich auf den einleitenden Satz der Zeugin. Es ist aber die gesamte Aussage der Zeugin zu berücksichtigen. Obwohl die Zeugin einleitend ausgesagt hat, “wir wussten damals selber nicht so genau, wofür die Servicegebühr eigentlich war”, hat sie dennoch anschließend konkrete Beispiele des angebotenen Service benannt und weiter ausgeführt, dass sie ausdrücklich darauf hingewiesen habe, dass die Gebühr lediglich die Verwaltung des Treffs abgelte (Bl. 121 d. A.). Die einleitende Wertung der Zeugin wird daher durch ihre weiteren Angaben von ihr selbst widerlegt. Die Aussage der Zeugin … ist damit ebenso positiv ergiebig für die vorvertraglichen Verhandlungen wie diejenige des Zeugen …. Diese werden nicht durch die Angaben der Mietinteressenten widerlegt, zumal diese teilweise bereits unergiebig waren. Insbesondere die eigenen Angaben der Beklagten widerlegen dieses Beweisergebnis anhand einer Gesamtwürdigung der Beweisaufnahme nicht.

Aufgrund des objektiven Erklärungswerts der Zeugenaussagen, den die Kammer anders auslegt als das Amtsgericht, ohne dass es auf die Glaubwürdigkeit der Zeugen ankommt, bedarf es einer Wiederholung der Beweisaufnahme nicht. Auch ist nicht erforderlich, die von der Klägerin zusätzlich benannte Zeugin … zu vernehmen, weil die von den Beklagten behauptete unterlassene vorvertragliche Aufklärung bereits durch die erfolgte Beweisaufnahme widerlegt ist. Entgegen der Ansicht der Beklagten liegt kein Fall eines sog. Non liquet vor. Es geht auch nicht um die Frage, ob “ohne eine entsprechende Vereinbarung der Parteien ein “Wohnen mit Service” in einen Mietvertrag hineingelesen werden kann.” Diese Frage stellt sich hier nicht, weil im vorliegenden Streitfall zum einen eine positive schriftliche mietvertragliche Vereinbarung dem Grunde nach besteht (§ 2 Abs. 1) und zum anderen eine positive mündliche mietvertragliche Vereinbarung dem Umfang nach.

d) Wegen der Einzelheiten wird ergänzend auf die Ausführungen der Kammer im Urteil vom 19.02.2014 und im Beschluss vom 25.06.2014, Az. 23 S 98/13, zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Gleiches gilt, soweit die Beklagten, ohne auf die Besonderheiten des vorliegenden typengemischten Vertrags einzugehen, weiterhin pauschal behaupten, sie seien gegenüber dem Kooperationspartner “rechtlos” gestellt (vgl. zur ähnlichen Konstellation beim Betreuten Wohnen BGH, Urt. v. 23.02.2006, Az. III ZR 167/05).

3) a) Soweit daher das Amtsgericht der Widerklage auf Rückzahlung der Servicegebühr stattgegeben hat, war das angefochtene Urteil abzuändern. Den Beklagten steht insgesamt kein Anspruch gemäß § 812 BGB auf Rückzahlung der Servicegebühr zu, weil diese mit Rechtsgrund (wirksame Vereinbarung im Mietvertrag) geleistet wurde. Dies betrifft zum einen den Betrag von Euro 550,00 Servicegebühr für die Zeit von März 2009 bis Dezember 2010 (Ziffer IV. = S. 19 des angefochtenen Urteils). Zum anderen betrifft dies teilweise den von dem Amtsgericht festgestellten Überzahlungsbetrag von Euro 169,26, soweit darin für die Klägerin nachteilig Euro 75,00 Servicegebühr für die Monate Januar bis März 2012 berücksichtigt wurden (Ziffer IV. i. V. m. Ziffer III.1 des angefochtenen Urteils = S. 12-13,19).”