Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Ist Voraussetzung für die Umlage der Kosten der Wärmelieferung eine wirksame Vereinbarung über die Umlage der Kosten?

Die Antwort des Landgerichts Lübeck (LG Lübeck – 14 S 178/15, Urteil vom 22.12.2016) lautet: Ja!

Zur Begründung führt das Landgericht Lübeck in seiner vorgenannten Entscheidung unter II. A) 2. wie folgt aus: “Soweit die Beklagte Wärmecontractingkosten in die Jahresabrechnung einbezieht, ist die Abrechnung materiell fehlerhaft. Unter Contracting wird die gewerbliche Wärmelieferung für Gebäude durch spezialisierte Unternehmen verstanden. Technisch geht es darum, dass der Contractor im Auftrag des Vermieters für den Betrieb der Heizungsanlage und/oder Warmwasseranlage verantwortlich ist. Dabei werden zwei Modelle des Contracting unterschieden: Bei dem praktisch wichtigsten Model finanziert der Contractor den Austausch der meist veralteten Heizkessel gegen eine moderne Neuanlage mit höherer Effizienz (§ 556 c Abs. 1 Nr. 1 BGB). Er übernimmt außerdem den Brennstoffeinkauf und die laufende Wartung (sog. füll Contracting). Beim sog. Betriebsführungscontracting oder Teilcontracting (§ 558 c Abs. 1 S, 3 BGB) beschränkt sich der Contractor darauf, den Wirkungsgrad der vorhandenen Anlage durch Wartung und Steuerung zu verbessern, zudem übernimmt er die Beschaffung des Brennstoffs. Voraussetzung ist stets, dass die Anlage von Dritten im eigenen Namen und auf eigene Rechnung betrieben wird. Zum Entgelt der gewerblichen Wärmelieferung zählen nicht nur die reinen Verbrauchskosten, sondern auch solche, die der Wärmelieferant dem Vermieter als bei der Wärmeerzeugung entstanden berechnet, einschließlich kalkulatorischer Kosten (Investittons- und Finanzierungskosten, Amortisation, Reparaturen, Pacht von Räumen) sowie Gewinn, (vgl. Schlosser in Beckscher Online-Kommentar, Stand 01.08.2016, § 556 c BGB, Rn. 5). Vorliegend liegt der Fall des Betriebsführungscontracting vor, da nach den vertraglichen Bestimmungen die Beklagte für die Instandhaltung der Anlage verantwortlich bleibt (vgl. z. B. Vertrag 2012 § 8 Abs. 1 Anlage K3(BL 35; Vertrag 2009 §§ 3 Abs. 4,4, 7 Abs. 1).

Voraussetzung für die Umlage der Kosten der Wärmelieferung ist eine wirksame Vereinbarung über die Umlage der Kosten (Schlosser a. a. O., Rn. 9).

Entgegen der Auffassung der Beklagten sind die Wärmecontractingkosten hier nicht umlagefähig, da sie vertraglich nicht vereinbart worden sind. Bei dem zwischen den Parteien geltenden Mietvertrag handelt sich um einen Altvertrag aus dem Jahr 1986, der in § 3 Abs. 4 wegen der umzulegenden Betriebskosten auf § 27 zweite Berechnungsverordnung verweist. Zum damaligen Zeitpunkt sah Anlage 3 zu § 27 der zweiten Berechnungsverordnung eine Umlegung der Wärmelieferungskosten auf den Mieter nur für den Bereich der Fernwärme vor. Vorliegend wird für die Wohnung des Klägers jedoch Wärme im Nahbereich geliefert. Die durch Erzeugung von Wärme im Keller entstehenden Kosten sind jedoch erst durch die Verordnung zur Änderung energiesparrechtlicher Vorschriften vom 19.01.1989 in den Kreis der umlagefähigen Betriebskosten einbezogen worden. Der Einwand der Beklagten, nach § 3 Abs. 4 (am Ende) seien auch neu entstehende Betriebskosten umlagefähig, greift nicht durch. Vielmehr ist die Auffassung des Amtsgerichtes zutreffend, wonach nach Auslegung des Mietvertrages über die in § 2 Abs. 1 und § 3 Abs. 4 geregeltem Falle hinaus auch die Wärmekosten eines Contractors zu einer unzulässigen Erweiterung des Vertragsgegenstandes führen würde. Mit neuen Betriebskosten im Sinne von § 3 Abs. 4 des Mietvertrages sind völlig neue, vorher noch nicht existente Kosten gemeint. Die Kosten des Betriebs der Heizungsanlage durch Eigenversorgung (und nicht durch Dritte) war damals schon vertragsgegenständlich.

Auch § 5 Abs. 3 Neubaumietenverordnung 1970, die auf preisgebundenen Wohnraum anzuwenden ist, spricht gegen eine Überwälzung der Kosten des Wärmecontracting auf den Kläger. Nach dieser Norm sind nämlich die Kosten des Wärmecontractings aus den Gesamtkosten herauszurechnen. Die Kostenmiete ist im Fall der Umlegung mithin zu reduzieren. Daran ändert auch der Einwand der Beklagten nichts, dass die NMV 1970 nach § 16 SHWoFG nicht mehr gelte. Nach dieser Bestimmung wird lediglich die Kostenmiete von der Basismiete abgelöst. Das darf jedoch nicht zu einer Benachteiligung des Mieters führen. Betriebskastendefinitionen des § 556 Abs. 1 und 4 BGB dürfen bei allen Arten von Wohnraum nicht zum Nachteil des Mieters abgeändert, insbesondere erweitert werden (Langenberg/Zehelein, Betriebskosten -und Heizkostenrecht, 8. A. 2016 Rn. B2). Das gilt auch für preisgebundenen Wohnraum (§ 20 Abs. 1 NMV). Die nach SHWoFG definierte Basismiete darf mithin nur Im Sinne der bundesrechtlichen zwingenden Vorschriften zu den Betriebskosten verstanden werden. Durch die landesrechtliche Bestimmung des § 16 SHWoFG können mithin die zwingenden mieterschützenden Vorschriften zu Betriebskosten nicht abbedungen werden. Es verbleibt daher insoweit bei der Anwendbarkeit der NMV 1970.

Entgegen der Auffassung der Beklagten führte auch nicht das Ausscheiden von … zum 01.06.2004 aus dem Mietvertrag zu einer Einbeziehung der Wärmecontractorkosten. Nach dem Nachtrag Nr. 1 zum Mietvertrag (Anlage K10, Blatt 118 d. A.) wird ausdrücklich unter Ziffer II bestimmt, dass alle übrigen Bestimmungen des Mietvertrages unverändert bleiben und noch Ziffer l lediglich … aus dem Mietvertrag ausscheidet.”