Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Rechtfertigt der Anbau und der Konsum von illegalen Betäubungsmitteln in einer Mietwohnung den Ausspruch einer fristlosen Kündigung durch den Vermieter?

Die Antwort des Amtsgerichts Karlsruhe (AG Karlsruhe – 6 C 2930/16, Urteil vom 03.02.2017) lautet: Ja!

Zur Begründung führt das Amtsgericht Karlsruhe in seiner vorgenannten Entscheidung unter I. 1. wie folgt aus: “Die Klägerin hat einen Anspruch auf Räumung und Herausgabe der vom Beklagten bewohnten Wohnung nebst aller ihm überlassenen Schlüssel aus § 546 Abs. 1 BGB.

Die Klägerin hat das Mietverhältnis durch die fristlose Kündigung vom 12.08.2016 wirksam beendet. Es lag ein wichtiger Grund zur Kündigung im Sinne des § 543 Abs. 1 Satz 1 BGB vor, welcher der Klägerin gemäß § 543 Abs. 1 Satz 2 BGB unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unzumutbar machte.

Es kann dahinstehen, ob der Beklagte das angebaute Cannabis auch an Dritte veräußert oder ausschließlich selbst konsumiert hat. Schon der Anbau und Konsum von illegalen Betäubungsmitteln in der Wohnung rechtfertigt den Ausspruch einer fristlosen Kündigung durch die Klägerin (Schmidt-Futterer/Blank BGB § 543 Rn. 212, beck-online). Der Beklagte hat das Vertragsverhältnis dadurch in seiner Grundlage entscheidend erschüttert, dass er die Wohnung genutzt hat, um in erheblichem Umfang Rauschgift zu produzieren. Bereits aus dem unstreitigen Sachverhalt ergibt sich, dass der Beklagte Teile der Mietsache vorsätzlich und planmäßig zur Begehung von Straftaten genutzt hat, und zwar in einem Umfang, der weit davon entfernt ist, noch als Bagatelle bezeichnet werden zu können. Der Beklagte hat sowohl im Kellerraum als auch in der Mansarde Cannabispflanzen angebaut. Die Polizei hat im Rahmen der Durchsuchung am 29.07.2016 unzählige Cannabispflanzen aufgefunden. Darüber hinaus verfügte der Beklagte über einen speziellen “Growschrank” zur Aufzucht von Cannabispflanzen, sodass nicht mehr von einem unerheblichen und nur einmaligen Vorfall ausgegangen werden kann. Hierin liegt ein schwerwiegender Verstoß gegen mietrechtliche Verpflichtungen, den der Vermieter nicht hinzunehmen braucht und der ihm das Recht zur fristlosen Beendigung des Mietverhältnisses gibt (AG Hamburg-Blankenese, Urteil vom 08. Februar 2008 — 518 C 359/07). Bei einem Missbrauch der Mietsache im vorliegenden Umfang ist es dem Vermieter weder zuzumuten, sich zunächst mit einer Abmahnung zu begnügen, noch, dass Mietverhältnis bis zum Ablauf der Kündigungsfrist fortzusetzen (vgl. AG Köln Urt. v. 25.3.2008 — 219 C 554/07, BeckRS 2008, 11151, beck-online).

Der Anbau und der Konsum von Betäubungsmitteln in der Wohnung ist nicht dadurch gerechtfertigt, dass der Konsum aus medizinischen Gründen indiziert war. Auch auf den gerichtlichen Hinweis mit Verfügung vom 16.11,2016 hat der Beklagte nicht näher dargelegt oder durch Vorlage einer ärztlichen Verordnung oder Bestätigung nachgewiesen, dass er auf ausdrücklichen ärztlichen Rat hin Cannabis konsumiert hat. Vielmehr hat der Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 11.01.2017 erklärt, er werde nach dem Termin einen Arzt aufsuchen und sich erstmalig eine entsprechende Bestätigung ausstellen lassen. Zum Zeitpunkt des kündigungsrelevanten Anbaus und Konsums von Marihuana im Sommer 2016 verfügte er daher nicht über eine ärztliche Ausnahmeerlaubnis nach § 3 BtMG.

Eine Abmahnung nach § 543 Abs. 3 BGB war im vorliegenden Fall entbehrlich. Die sofortige Kündigung ohne Abmahnung war hier aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gem. § 543 Abs. 3 Nr. 2 BGB gerechtfertigt. Zu bedenken bi; dass eine Abmahnung immer nur sinnvoll ist, wenn eine Fortsetzung des Mietverhältnisses (bei Unterlassen des beanstandeten Verhaltens in der Zukunft) überhaupt noch in Betracht kommt. Das ist jedoch nicht der Fall, wenn das durch den Mietvertrag begründete gegenseitige Vertrauensverhältnis bereits endgültig zerstört worden ist und auch durch vertragsgemäßes Verhalten in der Zukunft nicht mehr wiederhergestellt werden kann. Dies ist wegen des schweren Vertragsverstoßes der Beklagten anzunehmen, weil dadurch das Interesse der klagenden Vermieterin erheblich und offensichtlich verletzt worden und ihr Interesse an der Leistungserfüllung weggefallen ist. Zugunsten der Mieterin ist zwar zu berücksichtigen, dass durch den Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz weder der Vermieter noch andere Mieter unmittelbar geschädigt wurden; eine Verletzung ihrer Gesundheit oder ihres Eigentums ist nicht eingetreten. Andererseits handelt es sich aber nicht um eine fahrlässige, sondern um eine vorsätzliche Straftat, für die das Betäubungsmittelgesetz gemäß § 29 Abs. 1 einen Strafrahmen von Geldstrafe bis zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren vorsieht (vgl. AG Hamburg-Altona Urt. v. 14.2.2012 — 316 C 275/11, BeckRS 2012, 15113, beck-online). Insbesondere hat der Beklagte auch im Termin zur mündlichen Verhandlung keinerlei Einsicht gezeigt, sodass damit zu rechnen ist, dass es künftig zu weiteren vergleichbaren strafbaren Handlungen des Beklagten kommen würde.”