Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Rechtfertigen Formulierungen wie  “abwegigen Ideen, wie mit Türken in Deutschland umzugehen sei”, “fremdenfeindliche Überlegungen der Klagepartei dort möglicherweise im Unterbewusstsein angesiedelt”  sind und “für die Ausweisung von Ausländern das Mietgericht nicht zuständig” sei, ein Recht zur Kündigung?

Die Antwort des Amtsgerichts München (AG München – 424 C 10003/15, Urteil vom 06.04.2016) lautet: Nein!

Zur Begründung führt das Amtsgericht München in seiner vorgenannten Entscheidung unter A. I. wie folgt aus: “Ebenso wenig hat der Kläger ein Recht zur Kündigung, weil die Beklagten ihn als Rassisten darstellen würden. Es muss hier nicht entschieden werden, ob die Bezeichnung als Rassist oder der Vorwurf von Rassismus auch im Rahmen einer Rechtsverteidigung als Beleidigung zu werten wäre, denn ein solcher Ausdruck findet sich in den streitgegenständlichen Schriftsätzen nicht.

Vorgeworfen werden dem Kläger “abwegigen Ideen, wie mit Türken in Deutschland umzugehen sei” (Blatt 30 der Akte) und dass “fremdenfeindliche Überlegungen der Klagepartei dort möglicherweise im Unterbewusstsein angesiedelt” sind (Blatt 43 der Akte). Weiter findet sich die polemische Bemerkung, dass “für die Ausweisung von Ausländern das Mietgericht nicht zuständig” sei (Blatt 31 der Akte).

Das Gericht gibt der Klageseite Recht, dass solche Formulierungen den Rahmen einer sachlichen Prozessführung überschreiten. Im Rahmen der Rechtsverteidigung ist bei der Frage, was bereits eine Beleidigung darstellt und was sich noch im Rahmen der zulässigen Rechtsverteidigung hält, jedoch eine Abwägung vorzunehmen zwischen dem Recht der eine Seite auf Meinungsfreiheit und dem Interesse an der Verteidigung ihrer rechtlichen Interessen und dem Recht der anderen Seite auf Integrität ihrer persönlichen Ehre.

Hierbei ist zu berücksichtigen, dass das Verlieren der Wohnung für gekündigte Mieter einen tiefgreifenden Einschnitt in ihre persönlichen Verhältnis darstellt und mit erheblichen finanziellen und tatsächlichen Schwierigkeiten verbunden ist, da Ersatzwohnraum nur mit großem Zeit- und Kostenaufwand zu beschaffen ist. Abgesehen davon verlangt das Suchen einer neuen Wohnung und dann ein Umzug auch eine große Anpassungsleistung. Diese drohenden Belastungen und der damit verbundene emotionale Druck sind zu berücksichtigen, wenn ein Mieter sich in einem Rechtsstreit gegen eine Kündigung verteidigt, deren Berechtigung im Streit steht.

Unter Berücksichtigung dessen und bei Abwägung des ehrverletzenden Gehalts der Äußerungen mit den Interessen der Beklagten an ihre Rechtsverteidigung halten sich die o. g. Äußerungen in den streitgegenständlichen Schriftsätzen nach Ansicht des Gerichts noch im Rahmen zulässiger Rechtsverteidigung und überschreiten nicht die Grenze zur Beleidigung.

Dies gilt umso mehr, als die Beklagten sich im weiteren Verlauf des Rechtsstreits nach einer Auswechslung ihres Prozessbevollmächtigten von den ehemaligen Äußerungen klar distanziert haben.

Deshalb kam es auch nicht darauf an, ob der ehemalige Rechtsanwalt der Beklagten die Äußerungen mit Willen und Wissen der Beklagten in die Schriftsätze aufnahm oder dies selbständig ohne deren diesbezügliche Beauftragung tat, so dass das Gericht hierüber auch keinen Beweis erheben hat.”