Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Ist eine Klausel in einem Mietvertrag, demnach die Haltung einer Katze oder eines Hundes in einer Mietwohnung unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs genehmigt werde, wirksam?

Die Antwort des Amtsgericht Bremen (AG Bremen – 6 C 32/15, Urteil vom 01.06.2017) lautet: Nein!

Zur Begründung führt das Amtsgericht Bremen in seiner vorgenannten Entscheidung unter I. 1. wie folgt aus: “Die Regelung verstößt gegen das mietvertragliche Leitbild gem. §§ 535 Abs. 1, 538, 541 BGB, indem sie die zustimmungsfreie Katzen- und Hundehaltung auf ein einzelnes Großtier beschränkt und die weitere Großtierhaltung von der jederzeit widerruflichen Zustimmung des Vermieters abhängig macht, ohne eine Einzelabwägung zu ermöglichen (vgl. z.B. AG Köln, Urteil vom 25. Oktober 2012 – 222 C 205/12) oder auf berechtigte Vermieterinteressen abzustellen, wie etwa Beeinträchtigungen der Mietsache oder Störungen anderer Hausbewohner oder sonstiger Nachbarn (vgl. dazu bereits BGH, Beschluss vom 25. September 2012 – VIII ZR 329/11, Rn. 5; Urteil vom 20. März 2013 – VIII ZR 168/12, Rn. 18; AG Waiblingen, Urteil vom 14. Juni 2013 – 9 C 327/13, Rn. 39; AG Wiesbaden, Urteil vom 19. März 2013 – 91 C 3026/12; AG Bremen, Urteil vom 05. Mai 2006 – 7 C 240/2005).

Ein berechtigtes, quasi generalpräventives Interesse des Vermieters an einer auf ein Tier eingeschränkten Großtierhaltung ist nicht erkennbar. Insbesondere lassen sich keine verallgemeinerungsfähigen Rückschlüsse darauf ziehen, dass von einer dergestalt eingeschränkten Tierhaltung grundsätzlich geringere Beeinträchtigungen ausgehen würden, als im Falle einer umfangreicheren Tierhaltung. Eine generelle Einschränkbarkeit lässt sich auch aus dem Gesetz nicht herleiten, dieses indiziert vielmehr die erforderliche Einzelfallabwägung.

Der vertragsgemäße Gebrauch, wie er insbesondere in §§ 535 Abs. 1, 538 BGB eine Regelung erfährt, stellt hierbei in erster Linie eine Norm zur Risikoverteilung zwischen den Parteien dar, die im begrenzten Maße aus dem Gesetz, im Übrigen aus dem Mietvertrag und ggf. der Hausordnung oder Verkehrssitte folgt (BeckOK BGB/Ehlert BGB § 538 Rn. 3). Bereits nach dem Wortlaut der Norm bezieht sich § 538 BGB auf für den Vermieter eingetretene, wenigstens zu befürchtende, konkrete Nachteile, in Gestalt einer Verschlechterung oder Veränderung der Mietsache. Daneben kann der vertragsgemäße Gebrauch als Richtgröße für andere Störfälle dienen, die es im Rahmen sonstiger Vertragspflichten zu beurteilen gilt, so etwa allgemeinen Rücksichtnahmepflichten i.S.v. § 241 Abs. 2 BGB im Hinblick auf das nachbarschaftliche Umfeld. Setzt der Mieter einen solchen Gebrauch trotz Abmahnung fort, kann er auf Unterlassen in Anspruch genommen werden, § 541 BGB, und muss ggf. die fristlose Kündigung gem. § 543 Abs. 1 BGB in Kauf nehmen. Das Gefüge des vertragsgemäßen Gebrauchs macht hierbei hinreichend deutlich, dass der Begriff kein Selbstzweck ist. Es versteht sich von selbst, dass eine Risikoverteilung nur angezeigt ist, wo ein berechtigtes Interesse an ihr besteht, d.h. in Bereichen, in dem es auch eines Schutzes vor dem jeweiligen Risiko bedarf und in denen ein Risiko überhaupt besteht. Nichts anderes gilt, soweit sich etwaige Risiken im Hinblick auf die Haltung sogenannter “Großtiere” in Wohnraum, so insbesondere von Katzen und Hunden ergeben, auf die die vorliegende Klage ungeachtet der daneben bestehenden Kleintierhaltung abzielt.

Das Gericht verkennt hierbei nicht, dass die Katzen- und Hundehaltung in Wohnraum insbesondere für gewerbliche Vermieter mit unangenehmen Zweifelsfragen belastet sein kann. Durchaus mag auch im Generellen eine übermäßige Abnutzung im Raum stehen, dadurch, dass sich diese Tiere frei in der Wohnung bewegen und damit nicht im gleichen Maße “beherrschbar” sind, wie in Käfigen oder Aquarien gehaltene Kleintiere. Je nach Pflegezustand sind geruchliche Beeinträchtigungen nicht ausgeschlossen; je nach Erziehung oder Charakter des Tieres kann es ebenso zu Lärmemissionen kommen. So mag etwa ein Hund mit ausgeprägtem Revierverhalten oder fehlender emotionaler Sicherheit bei jeder Gelegenheit anschlagen und damit insbesondere die unmittelbare oder auch weitere Nachbarschaft belasten. Abstrakt sind dergestalt eine Vielzahl drohender Risiken denkbar. Ebenso gibt es jedoch eine Vielzahl von Fällen, in denen sich die Großtierhaltung in Wohnraum völlig reibungslos gestaltet.

Das Gericht verkennt weiter nicht, dass die Großtierhaltung in Wohnraum auch aus anderen Gesichtspunkten gesellschaftliches Konfliktpotential bietet. Insbesondere bei besonders umfangreicher Tierhaltung stellt sich die Frage nach einer drohenden Verwahrlosung der Tiere, ggf. auch nach einer psychischen Beeinträchtigung des Mieters. Hierbei handelt es sich indes nicht um Fragen, die im mietvertragsrechtlichen Bereich zu klären sind (so auch BGH, Beschluss vom 22. Januar 2013 – VIII ZR 329/11, Rn. 3: in der mietrechtlichen Betrachtung spielt die artgerechte Haltung eines Hundes keine Rolle). Es obliegt auch nicht der sozialen Verantwortung des Vermieters, insoweit zu intervenieren; demnach hat er auch kein berechtigtes Interesse daran, allein vor diesem Hintergrund durch eine von Beginn an eingeschränkte Tierhaltung quasi präventiv tätig werden zu können. Die dahingehende Verantwortung obliegt anderen Institutionen, wie etwa dem Veterinäramt oder dem sozialpsychiatrischen Dienst.

Aus der Sicht des Mieters ist zu berücksichtigen, dass die Haltung von Katzen und Hunden anerkanntermaßen seinen höchstpersönlichen Lebensbereich betrifft. Ihm die Tierhaltung zu untersagen, bedeutet damit einen gravierenden Einschnitt in dessen Lebensgestaltung. Vom Begriff des Wohnens ist hierbei alles umfasst, was zur Benutzung der gemieteten Räume als existentiellen Lebensmittelpunkt gehört, also die gesamte Lebensführung des Mieters mit allen ihren Ausgestaltungen und allen ihren Bedürfnissen, wozu auch die Haltung von Katzen und Hunden zählt, denn hierdurch können kommunikative und pädagogische sowie medizinische Bedürfnisse erfüllt werden (AG Bremen, Urteil vom 05. Mai 2006 – 7 C 240/2005). Die entsprechende Befugnis des Mieters hat ihre Schranken nur in der Obhutspflicht und der Pflicht zur Wahrung des Hausfriedens. Die Pflicht zur Wahrung des Hausfriedens gebietet, dass der Mieter Tiere so hält, dass keine Störungen und Belästigungen auftreten, die nicht mehr als sozial-adäquat hingenommen werden können (AG Bremen, Urteil vom 05. Mai 2006 – 7 C 240/2005; AG Dortmund, Urteil vom 21. Juni 1989 – 119 C 110/89).

Vor diesem Hintergrund wird zu Recht gefordert, dass jedenfalls das Vorliegen einer rein abstrakten Beeinträchtigung für eine Untersagung nicht genügt. Vielmehr müssen konkrete Beeinträchtigungen vorliegen (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 22. Januar 2013 – VIII ZR 329/11, Rn. 4), wobei im Einzelfall eine umfassende Abwägung der widerstreitenden Interessen vorzunehmen ist (vgl. BGH, Urteil vom 20. März 2013 – VIII ZR 168/12, Rn. 17 ff.; so i.E. bereits AG Bremen, Urteil vom 05. Mai 2006 – 7 C 240/2005). Zu berücksichtigen sind insbesondere Art, Größe, Verhalten und Anzahl der Tiere, Art, Größe, Zustand und Lage der Wohnung und des Hauses, in dem sich die Wohnung befindet, Anzahl, persönliche Verhältnisse, namentlich Alter, und berechtigte Interessen der Mitbewohner und Nachbarn, Anzahl und Art anderer Tiere im Haus, bisherige Handhabung durch den Vermieter sowie besondere Bedürfnisse des Mieters (BGH, Urteil vom 20. März 2013 – VIII ZR 168/12, Rn. 19; Urteil vom 14. November 2007 – VIII ZR 340/06; AG Wiesbaden, Urteil vom 19. März 2013 – 91 C 3026/12).

Dem wird die vorliegende Regelung nicht gerecht. Der Regelung kann insbesondere auch nicht entnommen werden, dass in dem Zustimmungsvorbehalt eine Zusage läge, über die Tierhaltung unter Beachtung der betroffenen Interessen im Einzelfall zu entscheiden; die Zweifel der Auslegung gehen hierbei gem. § 305c Abs. 2 BGB zulasten des Verwenders (dies verkennt das AG München in seinem Urteil vom 26. Juni 2012 – 422 C 6862/12, beck-online). Auch eine so verstandene Regelung wäre jedenfalls angesichts der jederzeitigen Widerruflichkeit ohne das Erfordernis eines wichtigen Grundes unwirksam (vgl. Blank, Tierhaltung in Eigentums- und Mietwohnungen, NJW 2007, 729 (733)).”