Archiv für den Monat: Juni 2017

Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Muss ein Mieter bei der mietvertraglichen Vereinbarung “Außerdem hat der Mieter nachfolgende Nebenkosten zu tragen: Müllabfuhr, Straßenreinigung, Schornsteinfeger, Bewässerung, Entwässerung, Stromversorgung, Schnee- und Eisbeseitigung nach behördlicher Vorschrift. …” die Kosten der Grundsteuer tragen?

Die Antwort des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg (AG Tempelhof-Kreuzberg – 20 C 10/16, Urteil vom 11.07.2016) lautet: Nein!

Zur Begründung führt das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg in seiner vorgenannten Entscheidung wie folgt aus: “Dem Kläger steht ein Anspruch auf Nachzahlung von Grundsteuer gemäß § 535 Abs.1 BGB nicht zu. Die Parteien haben eine Umlage der Grundsteuer auf die Beklagte nicht wirksam vereinbart. Gemäß § 556 Abs.1 BGB können die Vertragsparteien vereinbaren, dass der Mieter Betriebskosten trägt. Im vorliegenden Fall haben die Parteien im Mietvertrag vom 19.02.2000 unter § 3 Ziffer 2 folgendes vereinbart:

” Außerdem hat der Mieter nachfolgende Nebenkosten zu tragen: Müllabfuhr, Straßenreinigung, Schornsteinfeger, Bewässerung, Entwässerung, Stromversorgung, Schnee- und Eisbeseitigung nach behördlicher Vorschrift. …”

Weitere Vereinbarungen über die Betriebskosten haben die Parteien nicht getroffen; insbesondere enthält der Mietvertrag keinen Verweis auf die Anlage 3 zu § 27 der Zweiten Berechnungsverordnung. Die Aufzählung ist auch abschließend formuliert und enthält keine Übertragung der Kosten der Grundsteuer. Der BGH hat in der von dem Kläger zitierten Entscheidung ( BGH vom 10.02.2016 Az VIII ZR 137/15) eine Aufzählung der einzelnen Betriebskosten nicht für erforderlich gehalten, wenn auf die Anlage 3 zu § 27 2.BVO verwiesen worden ist und zwar auch dann, wenn diese Vorschrift zum Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses nicht mehr in Kraft war. Diese Entscheidung des BGH kann daher im vorliegenden Fall die Übertragung der Kosten der Grundsteuer auf die Beklagte nicht begründen.

Die Parteien haben sich auch nicht konkludent über die Übertragung der Grundsteuer verständigt und geeinigt. Unstreitig hat die Beklagte in der Vergangenheit die Kosten der Grundsteuer getragen. Dies alleine führt jedoch nicht zu einer Vertragsänderung. Nach der neueren Rechtsprechung des BGH ( 10.10.2007 VIII ZR 279/06) genügt die bloße Zahlung der Forderung aus der Betriebskostenabrechnung gerade nicht um einen Änderungsvertrag zu begründen.

Hinsichtlich der Abrechnungen in der Vergangenheit trägt der Kläger im Übrigen derart widersprüchlich vor, dass dieser Vortrag einer Entscheidung nicht zugrundegelegt werden kann. Zunächst behauptet er, die Beklagte habe auch in der Vergangenheit die Grundsteuer gezahlt, dann ändert er seinen Vortrag dahingehen, dass die Beklagte die Grundsteuer erst nach einem Vermieterwechsel gezahlt habe (ohne dafür überhaupt irgendeinen Anhaltspunkt zu haben), um im gleichen Schriftsatz darzulegen, dass die Vorschusszahlungen von der ursprünglichen Vermieterin angepasst worden seien und dass dies darauf hindeute, dass auch damals schon die Grundsteuer gezahlt worden sei.

Auch die Zahlung von erhöhten Vorschüssen, deren Erhöhung sich aus der Abrechnung ergibt, führt nicht zu einer Vertragsänderung dergestalt, dass bestimmte Betriebskosten neu vereinbart werden sollten.”

Aus der Rubrik “Wohnungsbaupolitik”:

freitag.de am 07.06.2017: „Die Konzentration nimmt zu“

Wohnungsmarkt Konzerne zahlen bei Käufen keine Grunderwerbssteuer. Die steuerpolitische Sprecherin der Grünen Lisa Paus fordert Reformen.

Was bedeutet diese Wohnungsgemeinnützigkeit konkret?

Investitionszuschüsse und Steuererleichterungen für den sozialen Wohnungsbau – und zwar nicht nur für die kommunalen Unternehmen, die sich gegenwärtig de facto allein um diese Aufgabe kümmern. Nicht alleine ihnen wollen wir die Förderung zugutekommen lassen, sondern ebenso etwa privaten Wohnungsunternehmen oder privaten Vermietern mit einzelnen Wohnungen. Davon erhoffen wir uns eine viel größere Zahl an möglichen Interessenten.

Sie sprechen von Share Deals.

Ja, und diese Gestaltungsmöglichkeit gibt es wie so oft ausschließlich für die Großen: Sie kaufen 94,9 Prozent einer Gesellschaft und müssen lediglich noch jemanden finden, der die restlichen 5,1 Prozent übernimmt. Selbst wenn die Gesellschaft keinen anderen Zweck hat, als dass sie diese Immobilien beinhaltet: Von der Grundsteuer ist der Käufer befreit. So lief es beim Eurotower in Frankfurt, beim Kudamm-Karree in Berlin oder beim dortigen Verkauf von 10.600 einst öffentlichen Wohnungen durch die AvalonBay Communities an die Deutsche Annington, die inzwischen Vonovia gehört: Ganze 38 Millionen Euro an Steuern sind dem Land Berlin bei diesem Deal entgangen. Das sind 15 Prozent der Summe, die das Land 2017 für die Wohnungsbauförderung ausgibt.

https://www.freitag.de/autoren/sebastianpuschner/die-konzentration-nimmt-zu

Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Muss der Einbau einer zentral geregelten Wohnraumlüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung geduldet werden, wenn mit diesem eine wesentliche Beeinträchtigung des Wohngebrauchs einherginge, die die möglichen Vorteile der Modernisierung überwiegen?

Die Antwort des Landgerichts Berlin (LG Berlin – 67 S 193/15, Urteil vom 15.02.2016) lautet: Nein!

Zur Begründung führt das Landgericht Berlin in seiner vorgenannten Entscheidung unter II. 1. c) wie folgt aus: “c) Bei der von der Klägerin angekündigte Modernisierungsmaßnahme des Einbaus einer zentral geregelten Wohnraumlüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung mag es sich ebenfalls um eine grundsätzlich zu duldende energetische Modernisierung im Sinne des § 555b Abs. 1 Ziffer 1 oder Abs. 2 BGB handeln, da durch die zentral geregelte Lüftung und die Wärmerückgewinnung Endenergie und Primärenergie eingespart werden könnten, da das energetisch ungünstige Öffnen der Fenster entfiele.

Der Beklagte hat diese Modernisierungsmaßnahme aber nicht zu dulden, weil mit ihr eine wesentliche Beeinträchtigung seines Wohngebrauchs einherginge, die die möglichen Vorteile der Modernisierung überwiegen. Die Parteien haben einen Vertrag über Wohnraum geschlossen, der ein bestimmtes Gepräge aufweist. Im gegenständlichen Verfahren handelt es sich um eine Altbauwohnung mit hohen Decken, wobei der hintere Wohnraum eine oberhalb der Fenster verlaufende Stuckbordüre und der vordere Wohnraum eine Stuck -Deckenrosette aufweisen. Das Gepräge der Wohnung als Altbauwohnung ist ebenfalls wesentlich bestimmt durch die Proportionen, die sich aufgrund der Fenstergröße und ihrer Gestaltung und die Entfernung der Fensteroberkante zur Zimmerdecke ergeben. Dieses Gepräge der Altbauwohnung mit hohen Decken und großzügigem Abstand von der Oberkante der Fenster zur Stuckverzierung und zur Decke ginge durch die Abhängung der Decken verloren. Denn zum einen würde die Decke in beiden Zimmern und im Flur um etwa 20 cm abgehängt und damit die Proportion der Fenster zur Raumhöhe negativ verändert, was für sich schon eine Beeinträchtigung darstellt. Zum anderen befindet sich die Stuckrosette im hinteren Zimmer lediglich 7 cm oberhalb der Fensteroberkante, so dass die Stuckrosette bei Abhängung der Decke um 20 cm entweder gänzlich entfernt oder so weit nach unten verschoben werden müsste, dass sie nicht mehr oberhalb, sondern auf Höhe der Fenster verläuft und von diesen unterbrochen wird. Dies stellt keine übliche Anbringung einer Stuckbordüre in einem Altbau dar, so dass der Altbaucharakter der Wohnung insgesamt – auch unter Berücksichtigung der dargestellten Veränderung der Proportionen – verloren ginge. Das Gericht schließt sich auch der Einschätzung der Klägerin, eine höhere Raumhöhe sei für den Beklagten gar nicht erforderlich, ausdrücklich nicht an, da Gepräge und Nutzbarkeit einer Wohnung unter anderem auch von ästhetischen Parametern bestimmt werden.”

Pressemitteilung 55/2017

Deutsche Wohnen – Mietminderung statt dauerhafter störungsfreier und effektiver Heizungsinstandsetzung

Der Deutsche Wohnen AG, die in Berlin ca. 110.000 Wohnungen bewirtschaftet und damit Berlins größter Vermieter ist, ist es in der gesamten Heizperiode 2016/2017 in einzelnen Wohnungen der Deutsche Wohnen/GSW-Großsiedlung im Falkenhagener Feld nicht gelungen, die Heizungsprobleme in den Griff zu bekommen. Statt einer dauerhaften störungsfreien und effektiven Heizungsinstandsetzung gewährte sie stattdessen diverse Mietminderungen.

Keine kurzfristige Beseitigung von Störungen der Heizungsanlage … weiterlesen

Aus der Rubrik “Wohnungspolitik”:


inforadio.de am 06.06.2017 – Gegen Spekulantentum: Ich kauf’ mein Haus!

Um zu verhindern, dass es von einem Spekulanten gekauft wird, haben die Mieter eines Hauses in der Zossener Straße kurzerhand einen Verein gegründet und das Objekt mit Hilfe des Senats selbst gekauft. Kann das Schule machen in Berlin? Ist das vielleicht die Möglichkeit, das wilde Spekulantentum an so vielen Ecken in Berlin zu unterbinden. Das fragen wir Katrin Schmidberger von den Berliner Grünen.

https://www.inforadio.de/programm/schema/sendungen/int/201706/06/133951.html

Aus der Rubrik “Wohnungspolitik”:

rbb-online.de am 06.06.2017: Steigende Mieten in Berlin Senat will Wohnraum der Spekulation entziehen

Der Berliner Senat will im Kampf gegen steigende Mieten künftig stärker von seinem Vorkaufsrecht Gebrauch machen. Ziel sei es, Häuser der Spekulation zu entziehen, sagte die wohnungspolitische Sprecherin der Berliner Grünen, Katrin Schmidberger, am Dienstag im rbb.

https://www.rbb-online.de/politik/beitrag/2017/06/senat-steigende-mieten-berlin-vorkaufsrecht-.html

Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Handelt es sich bei dem Einbau von zwei Holzfenstern mit 3-facher Wärmeschutzverglasung und dem Einbau einer Balkontür entsprechender Ausstattung, die in Größe, Teilung und Flügelanzahl am Bestand orientiert sind, um eine energetische Modernisierung?

Die Antwort des Landgerichts Berlin (LG Berlin – 67 S 193/15, Urteil vom 15.02.2016) lautet: Ja!

Zur Begründung führt das Landgericht Berlin in seiner vorgenannten Entscheidung unter II. 1. b) wie folgt aus: “b) Bei dem geplanten Einbau von zwei Holzfenstern mit 3-facher Wärmeschutzverglasung und dem Einbau einer Balkontür entsprechender Ausstattung, die in Größe, Teilung und Flügelanzahl am Bestand orientiert sind, handelt es sich um eine energetische Modernisierung im Sinne des § 555b Abs. 1 Ziffer 1 BGB, da die einzubauenden Fenster gegenüber den Bestandsfenstern einen erheblich geringen Wärmedurchlass erlauben und damit Primär- und Endenergie nachhaltig eingespart wird. Sofern der Beklagte die von der Klägerin dargestellte Energieeinsparung mit Nichtwissen bestreitet, ist dieses nicht ausreichend. Denn die Klägerin ist zum einen gemäß § 555c Abs. 3 BGB berechtigt, hinsichtlich der energetischen Qualität von Bauteilen auf allgemein anerkannte Pauschalwerte Bezug zu nehmen. Im Übrigen hat die Klägerin schon in der Modernisierungsankündigung, jedenfalls aber im Verlauf des Rechtsstreits im Einzelnen den Wärmedurchgangskoeffizienten der Bestandsfenster dargestellt und diesen in Bezug gesetzt zu dem aufgrund der Modernisierungsmaßnahmen zu erwartenden Wert. Die Klägerin hat nämlich das vom Beklagten so genannte Thermofenster mit Isolierglasscheibe zutreffend als Einfachfenster bezeichnet und dargelegt, dass insoweit aufgrund der Thermoverglasung von einem Wert von U = 2,6 W/(m²K) auszugehen ist, wogegen die neuen Fenster einen maximalen Wert von U = 0,93 W/(m²/W) aufweisen.

Die sich daraus ergebende Energieeinsparung schätzt das Gericht im Übrigen gemäß § 287 Abs. 2 ZPO aufgrund des Energieberichtes des Herrn Dipl.-Ing. ……… und der in Parallelverfahren bezüglich anderer Wohnungen desselben Hauses eingeholten Gutachten der Sachverständigen Dipl.-Ing. Architektin …….. .

Die Ausführungen des Amtsgerichts, dass der Einbau der Balkontür auch im Hinblick auf die Erschließung des (anzubauenden) wohnwerterhöhenden Balkons zu dulden ist, wird in der Berufung nicht angegriffen.”

Pressemitteilung 54/2017

AMV unterstützt Online-Petition „Soziale Gerechtigkeit: Weg mit BGB-Vorschriften über Mieterhöhungen nach Modernisierungen”

Die BOSS&U Mieterinitiative der Otto-Suhr-Siedlung und Umgebung fordert die Abschaffung der BGB-Vorschriften über Mieterhöhungen nach Modernisierungen und hat hierzu ihre Online-Petition „Soziale Gerechtigkeit: Weg mit BGB-Vorschriften über Mieterhöhungen nach Modernisierungen” (https://www.change.org/p/bundestag-abschaffung-der-bgb-vorschriften-%C3%BCber-mieterh%C3%B6hungen-nach-modernisierungen-9df3918e-d1d1-4655-aab5-534030ad90c2?recruiter=654718331&utm_source=share_petition&utm_medium=twitter&utm_campaign=share_petition) ins Leben gerufen.

Zur Zeit kann ein Vermieter nach § 559 BGB, wenn er Modernisierungsmaßnahmen im Sinne des § 555b Nummer 1, 3, 4, 5 oder 6 BGB durchführt, die jährliche Miete um 11 Prozent der für die Wohnung aufgewendeten Kosten erhöhen. Die BOSS&U Mieterinitiative der Otto-Suhr-Siedlung und Umgebung setzt sich für eine ersatzlose Streichung dieser Mieterhöhungsmöglichkeit ein. … weiterlesen