Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Kann ein Mieter im einstweiligen Verfügungsverfahren Unterlassung verlangen, wenn nach Beendigung des Mietverhältnisses die Inanspruchnahme der Kaution durch den Vermieter wegen streitiger Ansprüche droht?

Die Antwort des Landgerichts Berlin (LG Berlin – 67 S 111/17, Urteil vom 20.07.2017) lautet: Ja!

Zur Begründung führt das Landgericht Berlin in seiner vorgenannten Entscheidung unter II. wie folgt aus: “Den Verfügungsklägern stand gemäß §§ 935940 ZPO auch ein Verfügungsgrund zur Geltendmachnung ihres auf Abwehr der Inanspruchnahme der Kaution gerichteten Unterlassungsanspruchs zur Seite, da andernfalls die Vereitelung eines Rechts (§ 935 ZPO) oder der Eintritt wesentlicher Nachteile (§ 940 ZPO) zu besorgen gewesen wäre. Zwar wird ein Verfügungsgrund im streitgegenständlichen Zusammenhang zum Teil nur dann dann bejaht, wenn im Falle der Kautionsverwertung entweder das Risiko der Insolvenz des Vermieters konkret zu besorgen ist oder dem Mieter sonstige gleichgewichtige Nachteile drohen (vgl. KG, Beschluss vom 8. Mai 2008 – 8 W 33/08GE 2008, 869 (Gewerberaum); OLG Karlsruhe, Beschluss vom 18. August 2008 – 8 W 34/08NJW-RR 2009, 514 (Wohnraum); LG Berlin, Beschluss vom 21. März 2013 – 18 T 45/13, GE 2013, 878 (Wohnraum)). Das indes greift bei einer gesetzlich angeordneten oder vertraglich vereinbarten Pflicht zur insolvenzfesten Anlage der Sicherheit und damit in jedem Fall bei einem – hier gegebenen – Wohnraummietverhältnis zu kurz (vgl. LG Berlin, Beschluss vom 5. September 2002 – 65 T 64/02, GE 2003, 742; LG Darmstadt; a.a.O. Tz. 3; Emmerich, a.a.O. Rz. 26). Denn die – beständige – insolvenzfeste Anlage der vom Wohnraummieter geleisteten Sicherheit ist nach dem Willen des Gesetzgebers gemäß § 551 Abs. 3 Satz 3 BGB in sämtlichen Wohnraummietverhältnissen unabhängig von den konkreten Vermögensverhältnissen des jeweiligen Vermieters und damit auch bei einem lediglich abstrakten Insolvenzrisiko zu gewährleisten. Die drohende Vereitelung dieses Schutzzwecks begründet einen wesentlichen Nachteil des Mieters und damit einen Verfügungsgrund auf Erlass einer einstweiligen Unterlassungsverfügung gegenüber dem Vermieter auch bei einem lediglich abstrakten Insolvenzrisiko, unabhängig davon, auf welche Höhe sich die vom Wohnraummieter geleistete Sicherheit tatsächlich beläuft.

Das entspricht im Ergebnis der Rechtslage während des bestehenden Mietverhältnisses, bei dem der Wohnraummieter unabhängig von den konkreten Vermögensverhältnissen des Vermieters nicht nur die Zahlung der Kaution von der Benennung eines insolvenzfesten Kontos abhängig machen (vgl. BGH, Urt. v. 13. Oktober 2010 – VIII ZR 98/10NJW 2011, 59), sondern ihm sogar hinsichtlich der laufenden Miete ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 BGB bis zur insolvenzfesten Anlage der Kaution entgegen halten kann (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urt. v. 13. Dezember 2012 – IX ZR 9/12NJW 2013, 1243). Mit Beendigung des Mietverhältnisses allerdings entfallen die Möglichkeiten des Mieters, durch Ausübung seines Zurückbehaltungsrechts die dauerhafte insolvenzfeste Anlage seiner Kaution zu sichern. Die dadurch entstehende Schutzlücke ist zu seinen Gunsten – im Wege ergänzender Vertragauslegung – durch eine umfassende Bejahung des Verfügungsgrundes gemäß §§ 935940 ZPO zur Geltmachung eines Unterlassungsanspruchs gegenüber dem Vermieter im einstweiligen Verfügungsverfahren zu schließen. Diese Wertung steht im Einklang mit derjenigen für den interessengleichen Fall der vom Vermieter nach Beendigung des Mietverhältnisses und Eintritt der Abrechnungsreife unterlassenen Nebenkostenabrechnung, der wegen beendigungsbedingten Wegfalls des mieterseitigen Zurückbehaltungsrechts nicht nur einen Anspruch auf vorläufige Sicherung im einstweiligen Verfügungsverfahren, sondern sogar einen klagbaren Hauptsachenanspruch zu Gunsten des Wohnraummieters begründet (vgl. BGH, Urt. v. 9. März 2005 – VIII ZR 57/04NJW 2005, 1499; Schmid/Zehelein, in: Münchener Kommentar, BGB, 7. Aufl. 2016, § 556 Rz. 61 m.w.N.).”