Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Ist der Vermieter preisgebundenen Wohnraums grundsätzlich berechtigt, gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 WoBindG die Kostenmiete einseitig um den Zuschlag nach § 28 Abs. 4 Satz 2 II. BV zu erhöhen, wenn sich die im Mietvertrag enthaltene Formularklausel über die Abwälzung der Pflicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen auf den Mieter gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters als unwirksam erweist?

Die Antwort des Bundesgerichtshofs (BGH – VIII ZR 250/16, Urteil vom 20.09.2017) lautet: Ja!

Zur Begründung führt der Bundesgerichtshof in seiner vorgenannten Entscheidung unter II. 1. – 3. a) – d) unter den Randnummern 10 – 20 wie folgt aus: “Dem Kläger steht ein Rückforderungsanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB im Hinblick auf die monatlich gezahlten Pauschalen für Schönheitsreparaturkosten nicht zu. Diese Zahlungen sind, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, mit Rechtsgrund geleistet worden, da die Beklagten berechtigt waren, die Kostenmiete nach § 10 Abs. 1 Satz 1 WoBindG, wie geschehen, zu erhöhen. Insbesondere ist das Erhöhungsverlangen nicht treuwidrig. Die Beklagten waren weder gehalten, dem Kläger vor der Erhöhung der Kostenmiete eine Vertragsgestaltung anzubieten, die es ihm ermöglicht hätte, Schönheitsreparaturen selbst vorzunehmen oder durch von ihm beauftragte Dritte vornehmen zu lassen, noch waren sie verpflichtet, das hierauf im Verlauf des Rechtsstreits gerichtete Angebot des Klägers vom 11. März 2016 zur Vertragsänderung anzunehmen.

1. Da die von dem Kläger angemietete Wohnung öffentlich gefördert wurde und als preisgebundene Wohnung den Bestimmungen des Wohnungsbindungsgesetzes (WoBindG) unterliegt, ergibt sich die grundsätzliche Befugnis der Beklagten zur Mietererhöhung aus § 10 WoBindG. Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 WoBindG kann der Vermieter dem Mieter gegenüber schriftlich erklären, dass das vom Mieter gezahlte Entgelt um einen bestimmten Betrag bis zur Höhe des zulässigen Entgelts erhöht werden soll, wenn der Mieter (bisher) nur zur Entrichtung eines niedrigeren als des nach diesem Gesetz zulässigen Entgelts verpflichtet ist. Das zulässige Entgelt besteht bei öffentlich gefördertem Wohnraum in der Kostenmiete, die § 8 Abs. 1 Satz 1 WoBindG dahin bestimmt, dass der Verfügungsberechtigte die Wohnung nicht gegen ein höheres Entgelt zum Gebrauch überlassen darf, als zur Deckung der laufenden Aufwendungen erforderlich ist. Zu den laufenden Aufwendungen gehören unter anderem die in § 28 II. BV näher beschriebenen Instandhaltungskosten, wozu nach § 28 Abs. 4 Satz 2 II. BV auch ein Zuschlag für die Kosten der vom Vermieter zu tragenden Schönheitsreparaturen zählt.

2. Wie der Senat bereits entschieden hat (Senatsurteil vom 24. März 2010 – VIII ZR 177/09BGHZ 185, 114 Rn. 11 ff.; Senatsbeschlüsse vom 13. Juli 2010 – VIII ZR 281/09WuM 2010, 635 Rn. 1; vom 31. August 2010 – VIII ZR 28/10WuM 2010, 750 Rn. 1; vom 12. Januar 2011 – VIII ZR 6/10NZM 2011, 478 Rn. 1), ist der Vermieter preisgebundenen Wohnraums grundsätzlich nicht gehindert, einseitig die Kostenmiete um den Zuschlag nach § 28 Abs. 4 Satz 2 II. BV zu erhöhen, wenn – wie auch im Streitfall – die im Mietvertrag enthaltene Klausel über die Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter unwirksam ist. Denn die Unwirksamkeit der Klausel führt gemäß § 306 Abs. 2 BGB zur Anwendung des dispositiven Gesetzesrechts und damit zur Anwendung von § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB. Nach dieser Vorschrift trifft den Vermieter während der Mietzeit die Pflicht zur Instandhaltung der Mietsache und damit auch die Pflicht zur Vornahme der Schönheitsreparaturen einer vermieteten Wohnung. Dies wiederum berechtigt den Vermieter einer dem Wohnungsbindungsgesetz unterliegenden Wohnung, den sich aus § 28 Abs. 4 II. BV ergebenden Zuschlag zu verlangen (Senatsurteil vom 24. März 2010 – VIII ZR 177/09, aaO Rn. 22). Von dieser Rechtsprechung geht das Berufungsgericht zutreffend aus.

3. Auch die Revision nimmt diesen rechtlichen Ausgangspunkt hin. Sie meint jedoch, der Vermieter habe, bevor er die Kostenmiete einseitig anheben dürfe, dem Mieter die Vereinbarung einer wirksamen Schönheitsreparaturklausel anzubieten. Dies folge aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB), denn es habe dem ursprünglichen Regelungswillen der Parteien entsprochen, dass den Mieter die Pflicht zur Vornahme der Schönheitsreparaturen treffen sollte, was das Recht beinhalte, die erforderliche Renovierung selbst durchzuführen oder in Eigenregie durchführen zu lassen. Jedenfalls aber ergebe sich die Pflicht, dem Mieter eine wirksame Klausel diesen Inhalts anzubieten, als Rechtsfolge der Verletzung der Nebenpflicht (§ 241 Abs. 2 BGB) des Verwenders, die Verwendung von Klauseln zu unterlassen, die den Mieter unangemessen benachteiligen. Im Übrigen werde über den nach § 306 Abs. 2 BGB möglichen Rückgriff auf § 28 Abs. 4 II. BV nicht nur der gemeinsame Regelungswille der Parteien missachtet, sondern auch der AGB-rechtliche Schutzmechanismus in sein Gegenteil verkehrt, da die Unwirksamkeit der mietvertraglichen Regelung für den Vermieter folgenlos bleibe, für den Mieter jedoch eine höhere als die ursprünglich vorgesehene finanzielle Belastung bedeute.

a) Mit dieser Argumentation (ähnlich Flatow, WuM 2009, 208, 216) dringt die Revision nicht durch. Ihr kann bereits in dem Ausgangspunkt nicht gefolgt werden, der “ursprüngliche Regelungsplan” der Parteien habe das Recht des Mieters umfasst, die Schönheitsreparaturen selbst (kostengünstig) vorzunehmen. Denn die Formularklausel beschäftigt sich nur mit der Abwälzung der Pflicht zur Ausführung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter und enthält keinen Hinweis auf einen anderenfalls möglichen Zuschlag zur Miete für die Kosten der Schönheitsreparaturen. Auch sonst ist nichts dafür vorgetragen oder ersichtlich, dass die Parteien mit der formularmäßigen Abwälzungsklausel den Zweck verfolgten, dem Kläger eine kostengünstige Renovierung in Eigenleistung zu ermöglichen und auf diese Weise die gegebenenfalls höhere finanzielle Belastung durch den bei preisgebundenem Wohnraum zulässigen Mietzuschlag für die Schönheitsreparaturen zu vermeiden.

b) Eine Verpflichtung des Vermieters, dem Mieter anstelle der unwirksamen Formularklausel im Wege der Individualvereinbarung eine wirksame Abwälzungsklausel anzubieten, lässt sich entgegen der Auffassung der Revision weder aus Treu und Glauben (§ 242 BGB) noch aus dem allgemeinen Rücksichtnahmegebot (§ 241 Satz 2 BGB) herleiten.

Hiergegen spricht schon der Umstand, dass für den mit einer solchen Forderung konfrontierten Vermieter unklar bliebe, welchen Inhalt seine Verpflichtung, eine “wirksame Klausel” anzubieten, konkret haben sollte, insbesondere ob sie nach Maßgabe einer an sich verbotenen geltungserhaltenden Reduktion auf das gerade noch zulässige Maß hinausliefe oder ob weitergehende Rücksichten zu nehmen wären. Gleiches hätte für die Frage zu gelten, ob solche Änderungen abweichend von § 306 Abs. 1, 2 BGB nur für die Zukunft oder aber rückwirkend ab Vertragsschluss zu gelten hätten.

Ohnehin sind die in § 241 Abs. 2 BGB genannten Pflichten – von außergewöhnlich gelagerten und an sich schon im Anwendungsbereich des § 313 Abs. 1 BGB liegenden Störungen des vertraglichen Gleichgewichts einmal abgesehen (vgl. zu einem solchen Sonderfall Senatsurteil vom 10. Dezember 2014 – VIII ZR 9/14, WuM 2015, 94 Rn. 24 ff.) – auch grundsätzlich nicht auf eine Vertragsänderung gerichtet. Vielmehr handelt es sich um Nebenpflichten, die – auf eine Bewahrung der zwischen den Vertragspartnern bestehenden Rechte und Pflichten gerichtet – die das Schuldverhältnis prägenden Hauptleistungspflichten lediglich zur Ermöglichung eines ungestörten Leistungsvollzugs begleiten (vgl. Staudinger/Olzen, BGB, Neubearb. 2015, § 241 Rn. 156, 161). Dementsprechend kann die in einem Schuldverhältnis bestehende (Neben-) Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils (§ 241Abs. 2 BGB) eine Pflicht, die Interessen der anderen Partei gegenüber Dritten aktiv wahrzunehmen, allenfalls in einem besonders gelagerten Ausnahmefall umfassen, wie er hier ersichtlich nicht vorliegt.

c) Soweit die Revision meint, der über § 306 Abs. 2 BGB erfolgende Rückgriff auf § 28Abs. 4 II. BV verkehre den AGB-rechtlichen Schutzmechanismus in sein Gegenteil, da die Unwirksamkeit der mietvertraglichen Regelung für den die Klausel verwendenden Vermieter “folgenlos” bleibe, während sie den Mieter “stärker belastet”, verkennt sie, dass die Regelungen über die Inhaltskontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen (§§ 307 ff. BGB) gegenüber dem Verwender keinen über die Bestimmung des § 306 BGB hinausreichenden Sanktionscharakter haben und die eventuell über § 306 Abs. 2 BGB zu verzeichnende Folge einer im Vergleich zu der Klausel im wirtschaftlichen Ergebnis stärkeren Belastung des Vertragspartners des Verwenders die grundsätzlich hinzunehmende Folge der die gegenseitigen Interessen berücksichtigenden gesetzlichen Regelung ist. Soweit die Revision auf die Pflicht des Verwenders abhebt, die Verwendung unwirksamer Klauseln zu unterlassen, beinhaltet diese Pflicht nicht auch das Gebot, wirksame Klauseln zu verwenden oder anzubieten (vgl. Senatsbeschluss vom 12. Januar 2011 – VIII ZR 6/10, aaO Rn. 2).

Allerdings soll die Inhaltskontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen (nur) den Vertragspartner des Verwenders vor einer unangemessenen Benachteiligung durch missbräuchliche Inanspruchnahme einseitiger Gestaltungsmacht schützen, nicht aber den Verwender vor für ihn nachteiligen Rechtsfolgen einer von ihm gestellten Regelung (vgl. BGH, Urteile vom 30. Oktober 1990 – IX ZR 9/90NJW 1991, 353, 354, unter II 2; vom 4. Dezember 1986 – VII ZR 354/85NJW 1987, 837, 838 unter 3 b; Fuchs in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 12. Aufl., § 307 Rn. 108 mwN). Daraus folgt aber nur, dass es dem Verwender im Einzelfall verwehrt sein kann, sich auf eine an sich gegebene Unwirksamkeit einer Klausel zu berufen, wenn sein Vertragspartner sie gegen sich gelten lassen will. Ein solcher Fall liegt hier aber von vornherein nicht vor. Denn der Kläger hat sich gegenüber dem Mieterhöhungsbegehren der Beklagten gerade nicht und zudem auch nicht zeitnah darauf berufen, dass er die unwirksame Abwälzungsklausel gegen sich gelten lassen und die Schönheitsreparaturen nach den darin getroffenen Regelungen durchführen wollte. Vielmehr hat er von den Beklagten – mit Schreiben vom 11. März 2016 und mithin zwei Jahre nach der Mieterhöhung bezüglich des Zuschlags für die Schönheitsreparaturen – die Zustimmung zu einer von der unwirksamen Formularklausel abweichenden Regelung über die Abwälzung der Schönheitsreparaturen begehrt; hierauf hat er indes – wie ausgeführt – keinen Anspruch.

d) Darüber hinaus verkennt die Revision, dass der Gesetzgeber mit dem Verweis in § 306Abs. 2 BGB auf das dispositive Recht bereits in sehr grundsätzlicher Weise einen angemessenen Interessenausgleich vorgenommen hat, denn die anstelle der unwirksamen vertraglichen Regelung zur Anwendung kommenden Normen berücksichtigen in der Regel die Interessen der von der jeweiligen Bestimmung betroffenen Parteien gleichermaßen. So verhält es sich entgegen der Auffassung der Revision auch im Streitfall. Die Kostenmiete bei preisgebundenem Wohnraum wird nahezu ausschließlich nach Kostenelementen ermittelt und richtet sich – anders als die (Vergleichs-)Miete im preisfreien Wohnraum – nicht nach der marktüblichen Miete. Während diese eine je nach den Verhältnissen des örtlichen Marktes mehr oder weniger große Rendite für die von dem Mieter getätigten Investitionskosten beinhaltet, wird jene während der Mietpreisbindung allein aufgrund einer vom Vermieter aufzustellenden Wirtschaftlichkeitsberechnung gebildet, die sich an den dem Vermieter tatsächlich entstehenden Aufwendungen orientiert und eine Verzinsung von Eigenleistungen nur in dem gesetzlich festgesetzten Umfang erlaubt (§§ 8 ff. WoBindG; vgl. auch Senatsurteil vom 24. März 2010 – VIII ZR 177/09, aaO Rn. 21). Das ist auch der Grund, warum es das Gesetz dem Vermieter bei der Ermittlung der Kostenmiete in § 28 Abs. 4 Satz 2 II. BV gestattet, im festgelegten gesetzlichen Rahmen einen Zuschlag zu verlangen, wenn er die Kosten der Schönheitsreparaturen zu tragen hat. Diese Kosten trägt der Vermieter aber nach § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB sowohl in dem Fall, in dem eine Abwälzung der Schönheitsreparaturkosten erst gar nicht vereinbart wurde als auch – über § 306 Abs. 2 BGB – in dem Fall, in dem sich – wie hier – eine solche Regelung als unwirksam erweist. Soweit die Revision auf die Pflicht des Verwenders abhebt, die Verwendung unwirksamer Klauseln zu unterlassen, beinhaltet diese Pflicht – wie bereits ausgeführt – nicht auch das Gebot, wirksame Klauseln zu verwenden oder anzubieten (vgl. Senatsbeschluss vom 12. Januar 2011 – VIII ZR 6/10, aaO Rn. 2).”