Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Kann ein Vermieter seinem Mieter fristlos kündigen, wenn dieser rechtskräftig verurteilt ist, einen vertragswidrigen Baum zu entfernen und er dieser Verpflichtung auch in Anbetracht des Urteils nach nochmaliger fruchtloser Aufforderung zur Entfernung unter Fristsetzung und Kündigungsandrohung nicht nachkommt?

Die Antwort des Amtsgerichts München (AG München – 422 C 6905/17, Urteil vom 11.07.2017) lautet: Ja!

Zur Begründung führt das Amtsgericht München in seiner vorgenannten Entscheidung unter I. 1. – 4. wie folgt aus: “Die Klage ist begründet.

Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung gern. §§ 546 Abs. 1, 542 Abs. 1 BGB zu, da das Mietverhältnis durch die außerordentliche und fristlose Kündigung vom 16.03.2017 beendet wurde.

1. Es liegt ein die außerordentliche Kündigung rechtfertigender wichtiger Grund nach § 543 Abs. 1 BGB vor.

Ein wichtiger Grund liegt dann vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

Aus § 543 Abs. 3 S. 1 BGB wird deutlich, dass der wichtige Grund in jedweder Pflichtverletzung aus dem Mietvertrag liegen kann, mithin auch in einem Anspruch der Vermieterin auf Beseitigung eines vom Mieters geschaffenen vertragswidrigen Zustands, welchem der Mieter nicht nachkommt.

a) Der Beklagte wurde rechtskräftig verurteilt den Ahornbaum zu entfernen. Der Umstand allein, dass die eine oder andere Partei gerichtliche Hilfe in Anspruch nimmt, um zu überprüfen, ob das Verlangen der Vermieterin rechtmäßig ist, rechtfertigt für sich allein keine Kündigung, vgl. Schmidt/ Futterer, Kommentar zum Mietrecht, § 543 Rdn. 197.

Trotz der dann vorliegenden gerichtlichen Entscheidung sah sich der Beklagte jedoch weiterhin nicht dazu veranlasst, den Ahornbaum zu entfernen bzw. diesen entfernen zu lassen.

Auch die Abmahnung vom 22.11.2016 zeigte keinerlei Wirkung, da der Beklagte mit e- mail vom 17.01.2017 noch ankündigte, den Mieterverein und das Bayrische Roten Kreuz zu gegebener Zeit einschalten zu wollen. Derzeit bestand offensichtlich aus Sicht des Beklagten kein Handlungsbedarf, sich um die vollständige Baumbeseitigung zu kümmern, obwohl nunmehr auch die seitens der Vermieterin gesetzte Frist abgelaufen war.

Auch die nächste Frist ließ der Beklagte verstreichen, ohne sich um die Problematik zu kümmern.

Dieses Verhalten ist nach Überzeugung des Gerichts mehr als ausreichend für eine Pflichtverletzung des Beklagten im Sinne des § 543 Abs. 1 BGB.

b) Vorliegend ist auch nicht entscheidend, dass er, was zudem von der Klägerin bestritten wurde, selbst gesundheitlich nicht in der Lage war, den betreffenden Ahornbaum zu entfernen, denn die Beseitigung des Baums kann jederzeit durch Dritte vorgenommen werden.

Auch der Vortrag, dass ihm die Organisation der Beseitigung des Baumes nicht möglich gewesen sei, überzeugt das Gericht nicht.
Die Organisation einer solchen Beseitigungsmaßnahme kann nach Ansicht des Gerichts sowohl telefonisch als auch per e- mail fremdvergeben werden.

Der Beklagte bringt zwar vor, dass er bereits seit Jahren unter gesundheitlichen Problemen leide, was er auch durch Atteste belegt. Dass er jedoch zu den typischen Angelegenheiten des täglichen Lebens wie Telefonieren, e-mails schreiben oder Einkaufen nicht mehr in der Lage gewesen sei, trägt er gerade nicht vor und geht auch nicht aus den vorgelegten Attesten hervor.

Darüber hinaus stammen zwei der vorgelegten Atteste aus den Jahren 2007 und 2015. Allein die Anlage B2 vom 04.04.2017 stellt ein aktuelles Attest dar. Das betreffende Attest sieht jedoch lediglich vor, dass der Beklagte in den nächsten Wochen nicht belastbar sei. Unabhängig davon, dass auch aus diesem Attest nicht hervorgeht, dass er zu den Angelegenheiten des täglichen Lebens nicht mehr in der Lage sei, bezeugt das Attest auch einen Zeitraum nach der Kündigung.

2. Unter Berücksichtigung dessen, dass der Beklagte hier trotz des Vorliegens einer gerichtlichen Entscheidung sowie einer Abmahnung sein Verhalten nicht änderte, ist das Gericht der Ansicht dass dieses beharrliche und missachtende Verhalten bereits für sich genommen schon ein solches Gewicht hat, dass die Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung auf der Hand liegt.

Auch der Umstand, dass der vertragswidrige Zustand bis nach Schluss der mdl. Verhandlung nur teilweise behoben wurde, wiegt bei der anzustellenden Abwägung zu seinen Lasten.

3. Der Beklagte wurde auch mehrmals und unter ausdrücklicher Androhung einer fristlosen und ordentlichen Kündigung zur Beseitigung aufgefordert, § 543 Abs. 3 BGB.

4. Hieran ändert auch die Tatsache nichts, dass der Ahornbaum weitestgehend nach Ausspruch der Kündigung entfernt wurde. § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB ist allein auf eine außerordentliche und fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzug anwendbar. Darüber hinaus gewährt selbst § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB nur dann die Heilung einer fristlosen Kündigung, wenn eine vollständige Befriedigung des Vermieters erreicht ist, vgl. Blank/Börstinghaus, Kommentar zum Mietrecht, Blank § 569 Rdn. 57 ff. Nach eigenem Vortrag des Beklagten war selbst nach Schluss der mündlichen Verhandlung der vertragswidrige Zustand nur teilweise entfernt.

5. Es bestand auch keine Obliegenheit der Vermieterin die Aufforderung zur Beseitigung an den Prozessbevollmächtigten des Beklagten zu übersenden. Der Beklagtenvertreter war im Verfahren 461 C 26728/ 15 als Prozessbevollmächtigter aufgetreten, das Verfahren wurde rechtskräftig beendet.”