Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Ist eine entgeltliche Vereinbarung zwischen den Mietparteien bei preisgebundenem Wohnraum, wonach der Mieter die anfänglichen Dekorationsarbeiten übernimmt, ohne eine gleichzeitige klauselmäßige Überbürdung der für die Dauer des Mietverhältnisses fällig werdenden Schönheitsreparaturen auf den Mieter – also bei fortwirkender gesetzlicher Verpflichtung des Vermieters zur Instandhaltung einschließlich der Dekorationsarbeiten -, wirksam?

Die Antwort des Landgerichts Berlin (LG Berlin – 63 S 69/17, Urteil vom 17.11.2017) lautet: Ja!

Zur Begründung führt das Landgericht Berlin in seiner vorgenannten Entscheidung unter II. wie folgt aus: “Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rückzahlung der aufgewandten Renovierungskosten.

Zwar greift die Einrede der Verjährung gem. §§ 222548 Abs. 2 BGB nicht durch, weil die am 17.05.2016 anhängige und am 16.06.2016 auch i.S.v. § 167 ZPO “demnächst” zugestellte Klage vor dem Ende der Verjährungsfrist – nämlich 6 Monate nach dem Ende des Mietverhältnisses – erhoben worden ist.

Jedoch ergibt sich ein Rückforderungsanspruch dem Grunde nach weder aus § 9 Abs. 1, 7 WoBindG noch aus § 812 Abs. 1 BGB.

Eine Vereinbarung gem. § 9 Abs. 1 WoBindG, nach der der Mieter oder für ihn ein Dritter mit Rücksicht auf die Überlassung der Wohnung eine einmalige Leistung zu erbringen hat, ist hier nicht getroffen worden.

Eine einmalige Leistung im Sinne des § 9 Abs. 1 WobindG lag angesichts der Vereinbarung im Mietvertrag in Verbindung mit dem Übergabeprotokoll vom 05.10.2010 über den Ausgangszustand der Wohnung und der Zusatzabrede vom 13.09./04.10.2010 nicht vor. Es kommt entgegen der Auffassungen der Parteien nicht darauf an, wer sich an wen mit dem Vorschlag zu dieser Vereinbarung gewandt hat.

Die Vereinbarung vom 13.9./4.10.2010 selbst stellt keine verpflichtende Abwälzung der Anfangsrenovierung auf den Mieter dar. Es handelt sich vielmehr nach dem Wortlaut um eine Individualvereinbarung (Mieter “… erklärt sich bereit …”), während mit dem Mietvertrag vom 05.10.2010 die Parteien die Beschaffenheit der Mietsache und den geschuldeten mietvertraglichen Zustand näher bestimmt haben. In der Sache akzeptiert der Mieter danach die Wohnung in einem gespachtelten Zustand ohne Tapete und ohne Anstrich als vertragsgemäß.

Mit dem vom Mieter unterzeichneten Zusatz “Vom Inhalt des obigen Schreibens haben wir Kenntnis genommen und verpflichten uns hiermit, die Schönheitsreparaturen bis zum regulären Mietzahlungsbeginn durchzuführen.” ist keine Überwälzung von laufenden Schönheitsreparaturen verbunden. Er bestätigt lediglich die getroffene Individualvereinbarung über eine einmalige Durchführung von Dekorationsarbeiten.

Die im Mietvertrag getroffene Abrede zum Ausgangszustand der Wohnung verstößt auch nicht gegen § 536 Abs. 4 BGB, da lediglich der anfängliche Zustand als vertragsgemäß vereinbart wurde und die Beklagte hier gem. § 535 Abs. 1 BGB im Rahmen ihrer Erhaltungspflicht die im laufenden Mietverhältnis erforderlichen Dekorationsarbeiten schuldete.

Eine andere Beurteilung würde sich u.U. in einem anderen – hier nicht gegebenen – Sachverhalt ergeben. Sofern nämlich eine Überbürdung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter vereinbart worden wäre, käme eine Unwirksamkeit der Einmalleistung in Betracht, weil der Vermieter dann mehr erhalten würde, als das, worauf er nach der Kostenmiete Anspruch hat (vgl. für den Fall des Zuschlags nach § 28 Abs. 4 der II. BerechnungsVO bei unwirksamer Schönheitsreparaturklausel: BGH, Urteil vom 12.12.2012 – VIII ZR 181/12 -, NJW-RR 2013, 585). Im vorliegenden Fall ist aber zu Lasten des Vaters der Klägerin weder eine laufende Pflicht zur Durchführung von Schönheitsreparaturen noch eine Endrenovierung vereinbart worden.

Die von der Klägerin zitierte Rechtsprechung betrifft daher abweichende Sachverhalte. Nach der Entscheidung des Amtsgerichts Rheine (Urteil vom 25. August 1981 – 4 C 101/81 E -, WuM 1981, 278) ist die Kostenübernahmeerklärung des Mieters für den Erstanstrich gemäß § 9 Abs. 7 WobindG unwirksam, weil der Vermieter eine zum Wohnen geeignete Wohnung schulde, um die Kostenmiete verlangen zu können und dies einen Innenanstrich voraussetze. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dieser Entscheidung kann offenbleiben, da vorliegend keine Anhaltspunkte dafür erkennbar sind, dass es sich bei den von Mieter übernommenen Arbeiten um eine Erstausstattung nach erstmaliger Bezugsfertigkeit gehandelt hat. Vielmehr ergibt sich aus der Mängelbeschreibung des Übergabeprotokolls, dass es sich nicht um einen Erstbezug gehandelt hat. Der Entscheidung des Amtsgerichts Velbert (Urteil vom 15.9.1975 – 2 C 84/75) lag nicht nur die Vereinbarung einer Anfangsrenovierung neben der Überbürdung laufender Schönheitsreparaturen zugrunde, was nach damaliger – inzwischen überholter – Rechtsprechung wirksam gewesen sei, jedoch nicht im preisgebundenen Wohnraum. Der vorliegende Sachverhalt ist nicht vergleichbar, weil eine Kumulationswirkung fehlt, wenn zu Lasten des Mieters keine laufenden Schönheitsreparaturen vereinbart waren.

Soweit sich die Klägerin zutreffend darauf beruft, dass nach der Rechtsprechung des BGH (BGH v. 18.03.2015 – VIII ZR 185/14, NJW 2915, 1594; BGH v. 18.03.2015 – VIII ZR 242/13NJW 2015, 1871) der Vermieter selbst im preisfreien Wohnraum keinen Anspruch auf Überwälzung der Anfangsrenovierung auf den Mieter habe, geht es vorliegend gerade nicht um die in Form von Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbarte Überbürdung der Verpflichtung des Mieters zur Durchführung von Schönheitsreparaturen im laufenden Mietverhältnis , weil eine derartige Pflicht zu Lasten des Mieters nicht vereinbart ist und die mit einer Ausgleichszahlung verbundene einmalige Übernahme bestimmter Renovierungsarbeiten vom 13.09./04.10.2010 als Individualvereinbarung nicht dem Maßstab der §§ 307309 BGB unterfällt.

Auch aus § 812 BGB ergibt sich hier ein solcher Anspruch nicht, der zwar dann bestehen kann, wenn ein Mieter, der auf Grund einer unerkannt unwirksamen Endrenovierungsklausel Schönheitsreparaturen in der Mietwohnung vornimmt; denn er führt damit zwar kein Geschäft des Vermieters, sondern wird nur im eigenen Rechts- und Interessenkreis tätig, weil er eine Leistung erbringen will, die rechtlich und wirtschaftlich Teil des von ihm für die Gebrauchsüberlassung an der Wohnung geschuldeten Entgelts ist . Die Leistung ist in diesem Fall jedoch deshalb rechtsgrundlos erbracht, weil der vom Mieter herbeigeführte Dekorationserfolg dem entspricht, was der Vermieter in der von ihm gestellten Endrenovierungsklausel verlangt hatte und was er im Zuge der Weitervermietung nutzen konnte, ohne dass es dafür entscheidend darauf ankommt, ob und in welcher Höhe dies zu einer Wertsteigerung der Mietwohnung geführt hat (BGH v. 27.05.2009 – VIII ZR 302/07,GE 2009, 901).

An diesen Voraussetzungen fehlt es hier, weil sich der Vater der Klägerin lediglich einmalig zur Übernahme von Arbeiten bei Beginn des Mietverhältnisses verpflichtet hat und wegen des Fehlens irgendeiner hierzu getroffenen Vereinbarung – wie bereits ausgeführt – im laufenden Mietverhältnis ohnehin keine Schönheitsreparaturen schuldete.

Eine Frist zur Stellungnahme gem. §§ 139282 ZPO auf die Erörterungen im Termin am 20.10.2017 war nicht zu bewilligen, da bei der Erörterung der Sach- und Rechtslage keine neuen Gesichtspunkte angesprochen worden sind, die nicht bereits Gegenstand der schriftsätzlichen Auseinandersetzung waren, weil die angefochtene Entscheidung bereits auf das Fehlen einer mietvertraglichen Verpflichtung des Mieters zur Durchführung der Schönheitsreparaturen Bezug nimmt.”