Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Gibt ein Mieter bereits dann Veranlassung zur Erhebung einer auf Duldung von Modernisierungsmaßnahmen gerichteten Klage, wenn er der fristgebundenen Aufforderung des Vermieters, schriftlich die Bereitschaft zur Duldung der Maßnahmen zu erklären, nicht nachkommt?

Die Antwort des Landgerichts Berlin (LG Berlin – 67 T 9/18, Beschluss vom 25.01.2018) lautet: Nein!

Zur Begründung führt das Landgericht Berlin in seiner vorgenannten Entscheidung unter II. wie folgt aus: “Das Amtsgericht hat dem Kläger zutreffend gemäß § 93 ZPO die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Danach fallen dem Kläger die Prozesskosten zu Last, wenn der Beklagte den Anspruch sofort anerkennt und nicht durch sein Verhalten Anlass zur Klageerhebung gegeben hat.

Die Beklagten haben den klageweise geltend gemachten Anspruch auf Duldung von Modernisierungsmaßnahmen sofort i.S.v. § 93 ZPO anerkannt, indem sie ihr Anerkenntnis im schriftlichen Vorverfahren noch vor Ablauf der Klageerwiderungsfrist erklärt haben (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Mai 2006 – VI ZB 64/05BGHZ 168, 57).

Sie haben durch ihr vorgerichtliches Verhalten auch keine Veranlassung zur Klageerhebung gegeben. Veranlassung zur Klageerhebung gibt eine Partei nur dann, wenn ihr Verhalten vor dem Prozess aus der Sicht des Klägers bei vernünftiger Betrachtung hinreichenden Anlass für die Annahme bietet, er werde ohne Inanspruchnahme der Gerichte nicht zu seinem Recht kommen (vgl. BGH, a.a.O., Tz. 10). An diesen Voraussetzungen fehlte es, auch wenn die Beklagten der schriftlichen Aufforderung des Klägers vom 19. Juli 2017, ihm innerhalb von zwei Tagen die Duldung der bereits mehr als ein Jahr zuvor mit Schreiben vom 30. Mai 2016 angekündigten Modernisierungsmaßnahmen erneut zu bestätigen, nicht nachgekommen sind.

Zwar wird vereinzelt vertreten, ein Mieter gebe bereits dann Veranlassung zur Erhebung einer auf Duldung von Modernisierungsmaßnahmen gerichteten Klage, wenn er der fristgebundenen Aufforderung des Vermieters, schriftlich die Bereitschaft zur Duldung der Maßnahmen zu erklären, nicht nachkommt (vgl. KG, Beschl. v. 16. Juli 2009 – 8 U 77/09NJW-RR 2010, 442; LG Berlin, Beschluss vom 11. März 1997 – 64 T 120/96, GE 1997, 621; Heilmann, in: Herberger/Martinek/Rüßmann, jurisPK-BGB, 8. Aufl. 2017, § 555c BGB Rz. 13; Schlosser, in: Bamberger/Roth/Hau/Poseck, BeckOK BGB, 43. Edition Stand: 1. Februar 2017, § 555c Rz. 7). Dem ist jedoch nicht zu folgen, wobei dahinstehen kann, ob der Mieter materiell-rechtlich zur Abgabe einer solchen – im Regelungsgefüge der §§ 555b ff. BGB nicht vorgesehenen – Erklärung über seine Erfüllungsbereitschaft überhaupt verpflichtet ist (vgl. verneinend OLG Hamm, Beschluss vom 17. Mai 1996 – 33 W 13/96, ZMR 1996, 499, LG Berlin, Urt. v. 1. Februar 2010 – 12 O 509/09GuT 2010, 247; a.A. OLG Stuttgart, Beschluss vom 7. Mai 1999 – 5 W 16/99NZM 2000, 95 (jeweils zur unterlassenen Erklärung über die künftige Räumungsbereitschaft)).

Es entspricht dem allgemein anerkannten – und von der Kammer geteilten – kostenrechtlichen Grundsatz, dass der Beklagte gemäß § 93 ZPO mit Ausnahme hier nicht einschlägiger deliktischer Sonderszenarien frühestens dann Veranlassung zur Klageerhebung gibt, wenn er sich bereits vorgerichtlich in Verzug befunden hat (vgl. BGH, Beschluss vom 3. März 2004 – IV ZB 21/03NJW-RR 2004, 999; KG, Beschluss vom 12. Dezember 2007 – 12 W 87/07ZMR 2008, 447; Flockenhaus, in: Musielak/Voit, ZPO, 14. Aufl. 2017, § 93 Rz. 17; Herget, in: Zöller, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 93 Rz. 6). Daran indes fehlt es bei vom Vermieter vorgerichtlich angekündigten und später im Wege der Duldungsklage geltend gemachten Modernisierungsmaßnahmen in der Regel und auch hier, unabhängig davon, ob für die vorgerichtliche Verzugslage nur auf den später klageweise geltend gemachten Duldungsanspruch abzustellen ist oder auch ein Verzug des Mieters mit der vom Vermieter verlangten Erklärung über seine zukünftige Duldungsbereitschaft ausreicht, um hinreichende Veranlassung zur Klage zu geben. Denn die Beklagten befanden sich bei Klageerhebung weder mit der Erfüllung des Duldungsanspruchs noch mit der eines etwaigen Anspruchs auf Erklärung über ihre künftige Leistungsbereitschaft in Verzug.

Mit der Erfüllung des Duldungsanspruchs befanden sich die Beklagten vorgerichtlich nicht in Verzug, da der Kläger sie insoweit nicht gemahnt hat (§ 286 Abs. 1 BGB) und die Mahnung auch nicht ausnahmeweise – wie etwa bei einer ernsthaften und endgültigen Erfüllungsverweigerung des Mieters nach Zugang der Modernisierungsankündigung (§ 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB) – gemäß § 286 Abs. 2 BGB entbehrlich war.

Dasselbe gilt für die von den beklagten Mietern verlangte Erklärung über ihre Leistungsbereitschaft, die frühestens mit Zugang der vermieterseitigen Aufforderung zu ihrer Abgabe fällig wurde. Da insoweit ebenfalls keiner der Ausnahmetatbestände des § 286 Abs. 2 BGB erfüllt war, hätte es auch hier zur Inverzugsetzung der Beklagten einer weiteren Mahnung nach fruchtlosem Ablauf der im Aufforderungsschreiben gesetzten Frist bedurft. Daran fehlte es. Das Aufforderungsschreiben des Klägers vom 19. Juli 2017 selbst stellte trotz darin enthaltener Fristsetzung keine Mahnung dar, auch wenn eine solche nach nicht unumstrittener – und im Einzelnen uneinheitlicher – Rechtsprechung des BGH mit der die Fälligkeit begründenden Handlung des Gläubigers verbunden werden und demnach auch in einem Schreiben enthalten sein darf, mit dessen Zugang nach den vertraglichen oder gesetzlichen Bestimmungen der Anspruch erstmals fällig wird (vgl. BGH, Urt. v. 12. Juli 2006 – X ZR 157/05NJW 2006, 3271; Urt. v. 25. Oktober 2007 – III ZR 91/07BGHZ 174, 77; Urt. v. 13. Juli 2010 – XI ZR 27/10, NJW 2010, 2040). Ob eine solche sog. befristete Mahnung überhaupt geeignet ist, Verzugsfolgen auszulösen oder ob dem nicht bereits der Wortlaut des § 286 Abs. 1 Satz 1 BGB entgegen steht (” … auf eine Mahnung …, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, …”), bedarf keiner Entscheidung. Hier konnten und mussten die Beklagten das Schreiben unter Zugrundelegung der Auslegungsparameter der §§ 133157 BGB nicht als Mahnung verstehen. Denn ein die Fälligkeit erstmals begründendes Schreiben gilt auch bei gleichzeitiger Bestimmung einer konkrete Leistungsfrist im Verkehr üblicherweise nicht als Mahnung, wenn es keinen Hinweis auf den Verzugseintritt oder ähnliche Zusätze enthält (vgl. BGH, Urteil vom 25. Oktober 2007 – III ZR 91/07BGHZ 174, 77). Genau so lag der Fall hier.”