Pressemitteilung 09/2018

Rechtsanspruch auf Barrierefreiheit

Nachlese zum 28. Mieter- und Verbraucherstammtisch des AMV am 21.02.2018 – „Barrierefreies und altersgerechtes Wohnen”

Rüdiger Darmer, Sachverständiger für angewandte wohnumfeldverbessernde Maßnahmen, zu Gast beim AMV

Am 21.02.2018 fand im Restaurant 1860 TSV Spandau – Tanzsportzentrum – der 28. Mieter- und Verbraucherstammtisch des AMV statt. Thema des Abends war „Barrierefreies und altersgerechtes Wohnen”.

Nach der Begrüßung durch den 2. Vorsitzenden des AMV, Herrn Ass. Marcel Eupen, referierte Herr Rüdiger Darmer, Sachverständiger für angewandte wohnumfeldverbessernde Maßnahmen, zu dem Thema „Barrierefreies und altersgerechtes Wohnen” und beantwortete danach Fragen der anwesenden Bürgerinnen und Bürger.

Gesetzlicher Anspruch auf barrierefreie Wohnung

Nach § 554a Abs. 1 BGB kann ein Mieter von seinem Vermieter die Zustimmung zu baulichen Veränderungen oder sonstigen Einrichtungen verlangen, die für eine behindertengerechte Nutzung der Mietsache oder den Zugang zu ihr erforderlich sind, wenn er ein berechtigtes Interesse daran hat.

Der Vermieter kann seine Zustimmung verweigern, wenn sein Interesse an der unveränderten Erhaltung der Mietsache oder des Gebäudes das Interesse des Mieters an einer behindertengerechten Nutzung der Mietsache überwiegt. Dabei sind auch die berechtigten Interessen anderer Mieter in dem Gebäude zu berücksichtigen.

Berechtigtes Interesse des Mieters an der behindertengerechten Nutzung

Der Mieter muss also zunächst ein berechtigtes Interesse an der behindertengerechten Nutzung der Mietsache oder den Zugang zu ihr haben. Das Interesse des Mieters kann sich daraus ergeben, dass er selbst behindert ist. Der Mieter hat aber auch dann einen Anspruch auf Zustimmung zu der Einrichtung, wenn sein Lebenspartner, mit dem er einen auf Dauer angelegten Haushalt in der Wohnung führt oder seine mit ihm berechtigterweise in der Wohnung lebenden Angehörigen behindert sind. Die Art und der Grad der Behinderung sind nicht ausschlaggebend, ebenso wenig der Entstehungsgrund. Neben Einschränkungen der Bewegungsfähigkeit kommen auch Seh-, Hörbeeinträchtigungen und geistige Behinderungen in Betracht. Entscheidend ist allein, ob die Behinderung eine bauliche Veränderung oder sonstige Einrichtungen erfordert. Dabei sind Art, Dauer und Schwere der Behinderung zu berücksichtigen. Die Behinderung muss auf Dauer bestehen; vorübergehende Behinderungen mit Heilungschancen reichen nicht aus. Der Begriff Behinderung richtet sich nicht nur allein nach der Definition des Schwerbehindertengesetzes. Eingeschlossen ist auch die immer größer werdende Gruppe der älteren Menschen.

Die angestrebte bauliche Veränderung oder Einrichtung muss ferner objektiv geeignet sein, die Einschränkungen in der Wohnungsnutzung durch die Behinderung auszugleichen; unerheblich ist, dass die Maßnahme möglicherweise zugleich die Bequemlichkeit erhöht (z. B. Treppenlift in einem Haus, in dem sich kein Fahrstuhl befindet). Der Mieter kann Zustimmung zu baulichen Veränderungen sowohl in seiner Wohnung als auch an Gemeinschaftsflächen verlangen.

Mit den sonstigen Einrichtungen sind Maßnahmen gemeint, die nicht in die bauliche Substanz des Hauses eingreifen.

Verweigerung der Zustimmung

Der Vermieter kann seine Zustimmung verweigern, wenn sein Interesse an der unveränderten Erhaltung der Mietsache oder des Gebäudes das Interesse des Mieters an einer behindertengerechten Nutzung der Mietsache überwiegt. Vorrangig ist also das Interesse des Mieters. Liegt dieses vor, kann der Mieter grundsätzlich Zustimmung verlangen. Je schwerer die Behinderung ist, um so stärkere Eingriffe in die Bausubstanz sind vom Vermieter zu akzeptieren.

Der Vermieter kann seine Zustimmung nur dann verweigern, wenn seine Interessen wesentlich schwerwiegender sind. Insoweit sind der Umfang der Bauarbeiten und der Substanzeingriffe, deren Dauer und die Möglichkeit der Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes zu berücksichtigen.

Stellung einer Sicherheit

Nach § 554a Abs. 2 BGB kann der Vermieter seine Zustimmung von der Leistung einer angemessenen zusätzlichen Sicherheit für die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes abhängig machen. Die Höhe der Kaution richtet sich dabei nach den voraussichtlichen Rückbaukosten, es gibt keine Begrenzung analog zu § 551 Abs. 1 BGB (Mietsicherheit). Die Sicherheit ist ohne anderslautende Vereinbarung vor Beginn der Maßnahme fällig und vom Vermieter getrennt von seinem Vermögen anzulegen (§ 554a Abs. 2 Satz 2 BGB).

Finanzielle Zuschüsse durch Pflegekassen

Die Pflegekassen können nach § 40 Abs. 4 SGB XI subsidiär finanzielle Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes des Pflegebedürftigen gewähren, beispielsweise für technische Hilfen im Haushalt, wenn dadurch im Einzelfall die häusliche Pflege ermöglicht oder erheblich erleichtert oder eine möglichst selbständige Lebensführung des Pflegebedürftigen wiederhergestellt wird. Die Zuschüsse dürfen einen Betrag in Höhe von 4.000 € je Maßnahme nicht übersteigen. Leben mehrere Pflegebedürftige in einer gemeinsamen Wohnung, dürfen die Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des gemeinsamen Wohnumfeldes einen Betrag in Höhe von 4.000 € je Pflegebedürftigem nicht übersteigen. Der Gesamtbetrag je Maßnahme nach Satz 3 ist auf 16.000 € begrenzt und wird bei mehr als vier Anspruchsberechtigten anteilig auf die Versicherungsträger der Anspruchsberechtigten aufgeteilt.

Wohnungsanpassung infolge Krankheit, Unfalls oder Arbeitsunfalls

Ist die Wohnungsanpassung infolge einer Krankheit, eines Unfalls oder Arbeitsunfalls erforderlich, so werden die Betroffenen bei der Wohnraumanpassung und -ausstattung in der Regel vom zuständigen Rehabilitationsträger (§ 33 SGB IX) oder dem Integrationsamt (§ 102 SGB IX) unterstützt. Bei sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten sind vorrangig die Rehabilitationsträger – das sind je nach Aufgabenbereich die gesetzliche Krankenversicherung, die Bundesagentur für Arbeit, die gesetzliche Unfallversicherung, die gesetzliche Rentenversicherung, die Kriegsopferversorgung und -fürsorge, die öffentliche Jugendhilfe oder die Sozialhilfe – für die Finanzierungshilfen zuständig.

Kontakt bei Fragen

Rüdiger Darmer, Sachverständiger für angewandte wohnumfeldverbessernde Maßnahmen, Rigaer Straße 3, 10247 Berlin, Tel.: 030/51 64 13 30, Mobil: 0162/ 192 48 20, Telefax: 030/ 51 64 13 31, E-Mail: info@doc-darmer.de

Dank!

Der AMV dankt ausdrücklich Herrn Rüdiger Darmer für seinen äußerst informativen und kompetenten Vortrag.

Vorschau auf den 29. Mieter- und Verbraucherstammtisch des AMV am 16.05.2018

Der 29. Mieter- und Verbraucherstammtisch des AMV findet am 16.05.2018 statt und widmet sich dem Thema „Stadtumlandverkehr in der Hauptstadtregion am Beispiel des Südwestraumes und Erschließungsdefizite in sich wandelnden Räumen am Beispiel des Bezirkes Spandau“. Referieren wird Herr Bezirksstadtrat für Bauen, Planen und Gesundheit Frank Bewig (CDU).

Berlin, den 27.02.2018

Ass. Marcel Eupen, Pressesprecher des AMV

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