Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Ist ein Mieter zur Leistung von Betriebskostennachzahlungen solange nicht verpflichtet, soweit der Vermieter seinem berechtigten Verlangen nach Belegvorlage nicht nachgekommen ist?

Die Antwort des Bundesgerichtshofs (BGH – VIII ZR 189/17, Urteil vom 07.02.2018) lautet: Ja!

Zur Begründung führt der Bundesgerichtshof in seiner vorgenannten Entscheidung unter II. 3. d) unter den Randnummern 24 bis 28 wie folgt aus: “d) Soweit die Revisionserwiderung darüber hinaus in Zweifel zieht, ob das von den Beklagten geltend gemachte Zurückbehaltungsrecht, das gemäß § 274Abs. 1 BGB nur die Wirkung einer Zug-um-Zug-Verurteilung zur Folge habe, überhaupt die begehrte Abweisung der Klage rechtfertigen könne, dringt sie damit ebenfalls nicht durch.

aa) Nach der Rechtsprechung des Senats führt allein schon die Übermittlung einer – wie im Streitfall – (formell) ordnungsgemäßen Abrechnung an den Mieter die Fälligkeit des sich hieraus ergebenden Nachforderungs- oder Guthabensaldos gemäß § 271 Abs. 1 BGB herbei, ohne dass es für den Fälligkeitszeitpunkt noch zusätzlich darauf ankommt, ob nach Erteilung der Abrechnung zunächst eine angemessene Frist zu ihrer Überprüfung durch den Mieter verstrichen ist (Senatsurteile vom 8. März 2006 – VIII ZR 78/05NJW 2006, 1419 Rn. 20; vom 28. April 2010 – VIII ZR 263/09NJW 2010, 1965 Rn. 8; jeweils mwN). Ebenso ist geklärt, dass der Mieter gegenüber einer Nachforderung des Vermieters ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 Abs. 1 BGB geltend machen kann, solange der Vermieter ihm keine Überprüfung der Abrechnung ermöglicht (Senatsurteil vom 8. März 2006 – VIII ZR 78/05, aaO Rn. 21; Senatsbeschluss vom 22. November 2011 – VIII ZR 38/11, aaO; jeweils mwN). Noch nicht näher befasst hat sich der Senat allerdings mit der Frage, ob sich in diesem Fall die Rechtsfolge einer verweigerten Belegeinsicht stets auf die in § 274 Abs. 1 BGB bei Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts vorgesehene Verurteilung des Mieters zur Leistung gegen Empfang der ihm gebührenden Leistung (Erfüllung Zug um Zug) beschränkt oder ob eine Verweigerung der Belegeinsicht auch zur Klageabweisung führen kann.

bb) Soweit diese Frage im mietrechtlichen Schrifttum und in der Instanzrechtsprechung erörtert wird, wird einhellig eine Leistungspflicht des Mieters verneint, solange der Vermieter unberechtigt eine begehrte Belegeinsicht verweigert. Dies wird teilweise mit einem abweichend von der Rechtsfolge des § 274 Abs. 1 BGB erforderlichen Hinausschieben der Fälligkeit (z.B. LG Bremen, WuM 2013, 488, 489; LG Kempten, ZMR 2017, 248 f.; Blank in Blank/ Börstinghaus, Miete, 5. Aufl., § 556 Rn. 184a) sowie teilweise damit begründet, dass der Vermieter durch Verweigerung der Belegeinsicht dem Mieter in vertragsverletzender Weise dessen Recht auf eine vorgreifliche Überprüfung der Abrechnung verhindere, so dass sich sein gleichwohl erhobenes Zahlungsverlangen als eine gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoßende unzulässige Rechtsausübung darstelle (OLG Düsseldorf, NJW-RR 2001, 299; NJOZ 2015, 1556, 1557 f.; KG, Urteil vom 12. März 2012 – 12 U 72/11; Staudinger/Artz, aaO Rn. 123 mwN zum Meinungsstand).

cc) Der Senat hält letztgenannte Sichtweise für zutreffend. Er hat bereits in anderem Zusammenhang entschieden, dass einer (gerichtlichen) Anspruchserhebung der Einwand einer unzulässigen Rechtsausübung entgegenstehen kann, wenn der erhobene Anspruch mit einer Rechnungslegung zusammenhängt, die der Gläubiger dem Schuldner aber verweigert und dadurch den erhobenen Anspruch der dem Schuldner zustehenden Nachprüfung treuwidrig zu entziehen versucht (vgl. Senatsurteil vom 24. November 1971 – VIII ZR 81/70BGHZ 57, 292, 300 f.).

So verhält es sich auch im Streitfall. Die Unzulässigkeit der von der Klägerin gewählten Vorgehensweise ergibt sich insbesondere daraus, dass es sinnwidrig wäre, einen Schuldner, der eine Abrechnung erst noch nachprüfen will, sogleich zur Zahlung des ungeprüften Betrages zu verurteilen, der nach Erhalt der Zug um Zug zu erteilenden Belegeinsicht dann auch so im titulierten Umfang zu erbringen wäre. Der Sinn einer Überprüfung der Betriebskostenabrechnung liegt vielmehr gerade darin, den Mieter bereits vorab in die Lage zu versetzen, etwaige Abrechnungsfehler aufzudecken, und ihm über die unmittelbare Belegkontrolle und das dadurch vermittelte eigene Bild die Möglichkeit zur wirkungsvollen Abwehr der ungerechtfertigten Inanspruchnahme aus einem wegen eines vertragsverletzenden Verhaltens des Vermieters ansonsten ganz oder teilweise ungeprüft bleibenden Abrechnungssaldos einzuräumen (so zutreffend auch LG Bremen, aaO).”