Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Kommen einem Mieter in Berlin für die Gewährung oder Verlängerung einer Räumungsfrist nach § 721 Abs. 1, Abs. 3 ZPO Beweiserleichterungen zu Gute, weil die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen ausweislich der Mietenbegrenzungsverordnung des Senats vom 28. April 2015 (GVBl. 2015, S. 101) besonders gefährdet ist?

Die Antwort des Landgerichts Berlin (LG Berlin – 67 T 40/18, Beschluss vom 05.04.2018) lautet: Ja!

Zur Begründung führt das Landgericht Berlin in seiner vorgenannten Entscheidung wie folgt aus: “Ein Anspruch auf Verlängerung einer gerichtlich gewährten Räumungsfrist kann gemäß § 721 Abs. 3 ZPO insbesondere dann bestehen, wenn die Suche nach Ersatzwohnraum während der gewährten Räumungsfrist – trotz hinreichender Bemühungen des Mieters – erfolgslos war (vgl. Lehmann-Richter, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 13. Aufl. 2017, § 721ZPO Rz. 64 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind nach dem bisherigen Vortrag der – zum Teil unter Betreuung stehenden – Beklagten erfüllt:

Die Beklagten haben behauptet, die von ihnen entfalteten Bemühungen zur Anmietung von Ersatzwohnraum seien bislang erfolglos geblieben, da sie als Bezieher staatlicher Transferleistungen auf dem stark angespannten Berliner Wohnungsmarkt keine realistische Chance auf Anmietung von Ersatzwohnraum mehr hätten. Es käme erschwerend hinzu, dass sie beide bei der Schufa eingetragen seien und sie die von der Klägerin erbetene Mietschuldensfreiheitsbescheinigung erst am 19. Dezember 2017 erhalten hätten. Die bereits demnach aussichtslose Suche nach Ersatzwohnraum hätte zusätzlich darunter gelitten, dass sie am 16. Dezember 2017 Eltern eines zweiten Kindes geworden seien.

Das Amtsgericht hat eine Verlängerung der Räumungsfrist verneint, da sich die Beklagten nicht rechtzeitig und hinreichend intensiv um Ersatzwohnraum gekümmert hätten. Damit allerdings hat es den Vortrag der Beklagten nicht hinreichend zur Kenntnis genommen, ihrer Suche nach Ersatzwohnraum wäre bis zum Ablauf der gewährten Räumungsfrist selbst bei gesteigerten Anmietbemühungen auf jeden Fall nicht nur wegen des angespannten Wohnungsmarktes, sondern auch wegen ihrer prekären Einkommensverhältnisse, der über geraume Zeit von der Klägerin verweigerten Mietschuldensfreiheitsbescheinigung und der Geburt ihres zweiten Kindes im Dezember 2017 der Erfolg versagt geblieben.

Bei der neuerlich im Rahmen des § 721 Abs. 3 ZPO vorzunehmenden Interessenabwägung wird das Amtsgericht den gesamten Vortrag der Beklagten zu berücksichtigen und zu befinden haben, ob den Beklagten auch bei hinreichender Suche tatsächlich die Anmietung von Ersatzwohnraum bis zum Ablauf der ursprünglichen Räumungsfrist möglich gewesen wäre. Dabei werden nicht nur die besonderen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Beklagten zu berücksichtigen sein. Es wird auch zu erwägen sein, ob den Beklagten mit Blick auf die zwischen den Parteien streitige Möglichkeit zur rechtzeitigen Beschaffung von Ersatzwohnraum nicht allein deshalb Beweiserleichterungen zu Gute kommen, weil die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen in Berlin ausweislich der Mietenbegrenzungsverordnung des Senats vom 28. April 2015 (GVBl. 2015, S. 101) besonders gefährdet ist (vgl. Kammer, Urt. v. 25. Januar 2018 – 67 S 272/17, WuM 2018, 166).”