Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Ist die Mietvertragsklausel “Für die Rechtzeitigkeit der Zahlung kommt es nicht auf die Absendung, sondern auf die Ankunft des Geldes an.” wirksam?

Die Antwort des Landgerichts Berlin (LG Berlin – 63 S 7/17, Urteil vom 25.07.2017) lautet: Nein!

Zur Begründung führt das Landgericht Berlin in seiner vorgenannten Entscheidung unter II. wie folgt aus: “Der Klägerin steht gegen die Beklagten der geltend gemachte Räumungsanspruch aus § 546 BGB zu.

Das Mietverhältnis ist durch die fristlose Kündigung vom 13.04.2016 beendet worden, § 543 Abs. 2 Nr. 3a BGB.

Die Beklagten haben sich zum Zeitpunkt der Kündigung mit zwei aufeinanderfolgenden Terminen mit der Entrichtung der Miete im Verzug befunden.

Nach § 4 Nr. 1 des Mietvertrags ist die Miete spätestens am dritten Werktag eines jeden Monat zu zahlen. Die Miete für die Monate März und April 2016 wurde unstreitig erst am 20.04.2016 gezahlt.

� Insbesondere ist die Fälligkeitsabrede des § 4 Nr. 1 des Mietvertrags nicht unwirksam, weil die “allgemeinen Vertragsbestimmungen” unwirksam seien und diesen in unwirksamer Weise konkretisierten.

Zwar ist es zutreffend, dass Ziff. 2.3 der allgemeinen Vertragsbestimmungen (AVB) unwirksam nach § 307 BGB ist, jedoch folgt aus deren Unwirksamkeit nicht die Gesamtunwirksamkeit der Fälligkeitsabrede in § 4 des Mietvertrages.

Bei Ziff. 2.3. der allgemeinen Vertragsbedingungen handelt es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen i.S.d. §§ 305 ff. BGB.

Diese benachteiligt den Mieter auch unangemessen i.S.d. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB.

Bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung verlagert Ziff. 2.3 der AVB das Risiko von Verzögerungen, die von Zahlungsdienstleistern zu verantworten sind, entgegen der gesetzlichen Regelung formularmäßig auf den Wohnraummieter (BGH, Urt. v. 05.10.2016, VIII ZR 222/15). Die Klausel enthält keine Einschränkung dahingehend, dass solche Zahlungsverzögerungen, die nicht in die Verantwortungssphäre des Mieters fallen, nicht als verspätet i.S.d. Mietvertrags gelten.

Die § 551 BGB a.F. abbedingende Klausel in § 4 Nr. 1 des Mietvertrags ist dagegen auch in vor 2001 geschlossenen Mietverträgen wirksam (BGH, Urt v. 04.05.2011, VIII ZR 191/10).

Zwar ist es zutreffend, wenn die Beklagten meinen, Ziff. 2.3 der allgemeinen Vertragsbedingungen konkretisiere § 4 Nr. 1 des Mietvertrags, weswegen diese Regelungen als eine einheitliche Klausel zu betrachten seien; jedoch folgt hieraus nicht unbedingt die Gesamtunwirksamkeit der Regelung.

Gemäß § 306 Abs. 1 BGB führt die Unwirksamkeit einer Klausel nicht zur Unwirksamkeit der anderen Vertragsbedingungen.

Dies gilt auch bei teilbaren Klauseln. Maßgeblich ist hier, ob die Klausel neben der unwirksamen auch unbedenkliche, sprachlich und inhaltlich abtrennbare Bestimmungen, enthält, welche auch dann wirksam, wenn sie den gleichen Sachkomplex betreffen (BGH, Urt. v. 25.01.2006, VIII ZR 3/05). Voraussetzung für die Teilaufrechterhaltung ist, dass nach Wegstreichen der unwirksamen Teilregelung ein aus sich heraus verständlicher Klauselrest verbleibt (sog. blue- pencil-Test; BGH, Urt. v. 10.10.2013, III ZR 325/12).

� Da die vorgenannten Grundsätze für den Fall, dass eine einzelne Klausel sowohl unwirksame als auch wirksame Bestandteile enthält, gelten, muss dies erst recht für den Fall gelten, in welchem sich zwei eigenständige Klauseln, wobei die eine die andere näher konkretisiert, gegeben sind. Andernfalls hinge die inhaltliche Wirksamkeit des sprachlich identischen Wortlautes lediglich von der gewählten Form der Vertragsparteien ab.

Insbesondere bei widerstreitenden Fristenregelungen, die in sich teilbar sind, nimmt die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung das Bestehenbleiben des wirksamen Teils an (z.B. BGH Urteil vom 24. März 1988 – III ZR 21/87; BGH, Urteil vom 18. Januar 2001 – VII ZR 238/00).

Ohne Ziff. 2.3 der allgemeinen Vertragsbedingungen ist § 4 Nr. 1 des Mietvertrags dahingehend zu verstehen, dass es für die Rechtzeitigkeit der Mietzahlung genügt, wenn der Mieter seinem Zahlungsdienstleister den Zahlungsauftrag für die Überweisung bis zum dritten Werktag des Monats erteilt und die Verzögerungen, die auf Seiten des Zahlungsdienstleisters entstehen, somit nicht zu vertreten hat.

Eine Unwirksamkeit von § 4 des Mietvertrages ergibt sich auch nicht aus Ziff. 3 der AVB.

Unabhängig davon, dass auch hier die Unwirksamkeit der einen Klausel nach § 306 BGB zunächst nicht die Unwirksamkeit der anderen zur Folge hat, ist die in Ziff. 3 der AVB enthaltene Klausel wirksam und verstößt nicht gegen die §§ 307 ff. BGB.

Eine Aufrechnungsverbotsklausel kombiniert mit einer Vorauszahlungsklausel kann dann unwirksam sein, wenn das Minderungsrecht des Mieters erheblich eingeschränkt wird und er diesbezüglich auf den Klageweg verwiesen wird. Hier wird durch Ziff. 3 der allgemeinen Vertragsbedingungen verlangt, dass der Mieter die Aufrechnung einen Monat vor der Fälligkeit der Miete anzeigt. Hieraus folgt, dass sich das Minderungsrecht um ein oder zwei Monate verschiebt, was jedoch nicht dazu führt, dass der Mieter auf den Klageweg verwiesen wird. (BGH, Urt. v. 04.05.2011, VIII ZR 191/10).

Die Beklagten haben sich auch im Verzug befunden. Sie haben die nach Maßgabe des Vorstehenden zum 03.04.2016 fällige Aprilmiete unstreitig erst am 20.04.2016 gezahlt.

Der Zahlungsverzug war auch schuldhaft.

Das Verschulden wird beim Zahlungsverzug grundsätzlich vermutet. Zwar ist eine verzögerte Zahlung des Job-Centers dem Mieter nicht ohne weiteres zurechenbar, da das Job-Center nicht Erfüllungsgehilfe des Mieters ist, sondern im Rahmen der öffentlichen Daseinsvorsorge tätig wird (st. Rspr., zuletzt: BGH, Urteil vom 29. Juni 2016 – VIII ZR 173/15), jedoch wird die

� Verschuldensvermutung allein aus dem Umstand, dass ein Mieter auf staatliche Transferleistungen angewiesen ist, nicht widerlegt. Vielmehr ist der Mieter gehalten, darzulegen und gegebenenfalls auch zu beweisen, dass er die Leistung rechtzeitig und unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen beantragt und bei etwaigen Zahlungssäumnissen der Behörde bei dieser auf eine pünktliche Zahlung gedrungen und insbesondere auf eine bereits erfolgte Abmahnung des Vermieters und die deshalb drohende Kündigung hingewiesen hat (BGH, Urteil vom 29. Juni 2016 – VIII ZR 173/15).

Dies haben die Beklagten nicht dargetan.

Die von den Beklagten im Hinblick auf die Krebserkrankung der Klägerin vorgebrachten Härtegründe, vermögen nicht, die Fortsetzung des Mietverhältnisses zu begründen.

Im Gegensatz zu § 543 Abs. 1 BGB sieht § 543 Abs. 2 BGB gerade keine Interessenabwägung, die eine Berücksichtigung von Härtegründen ermöglicht, vor (BGH, Urteil vom 4. Februar 2015 – VIII ZR 175/14 und BGH, Urteil vom 09. November 2016 – VIII ZR 73/16).

Aus vorstehenden Gründen und aufgrund der klaren getroffenen gesetzlichen Wertung des Gesetzgebers in § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB kommt auch eine Anwendung der sogenannten “milden- Licht-Rechtsprechung” im Rahmen der fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs nicht in Betracht.”