Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Führt eine in die Lunge eingedrungene Asbestfaser automatisch zu einem Gesundheitsschaden und hat einen Krankheitswert, nämlich eine medizinisch erhebliche Störung der Lebensvorgänge?

Die Antwort des Landgerichts Berlin (LG Berlin – 18 S 140/16, Urteil vom 17.01.2018) lautet: Nein!

Zur Begründung führt das Landgericht Berlin in seiner vorgenannten Entscheidung unter II. 2. (1) wie folgt aus: “Die Feststellungsklage ist aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils mangels Rechtsschutzbedürfnisses der Klägerin unzulässig, soweit sie sich auf bereits entstandene Schäden bezieht; die Kammer nimmt nach nochmaliger Überprüfung insoweit Abstand von dem mit der Ladungsverfügung vom 19. Oktober 2017 erteilten Hinweis zu a). Gegenstand des Feststellungsbegehrens sind materielle und immaterielle Schäden, die aus einer – bereits eingetretenen oder erst zukünftigen – Verletzung der Gesundheit der Klägerin erwachsen. Das Amtsgericht steht zu Recht auf dem Standpunkt, dass die Klägerin etwaige ihr bereits entstandene, also als Ausgleich für eine bereits eingetretenen Gesundheitsverletzung einforderbare Schadenersatzforderungen beziffern und im Wege der Leistungsklage geltend machen müsste.

Die Ansicht der Klägerin, ihr sei bereits ein allerdings noch nicht bezifferbarer Gesundheitsschaden entstanden, da bereits Asbestfasern in ihre Lunge eingedrungen seien, trifft nicht zu. Eine Verletzung der Gesundheit ist eine medizinisch erhebliche Störung der körperlichen, geistigen oder seelischen Lebensvorgänge. Eine in die Lunge eingedrungene Asbestfaser erhöht zwar das Risiko, asbestbedingt zu erkranken, führt jedoch für sich genommen nicht zu einer medizinisch erheblichen Störung der Lebensvorgänge und hat noch keinen Krankheitswert; ob eine in die Lunge eingedrungene Asbestfaser zu einem Schaden führt, bleibt bis zum Ausbruch einer durch sie verursachten Erkrankung offen (vgl. LG Dresden – 4 S 73/10 -, Urt. v. 25.02.2011, ZMR 2011, 465 ff., Rn. 54 f.). Die Befürchtung der Klägerin, die Beklagten könnten ihr bei zukünftigen Ausbruch einer asbestbedingten Erkrankung die Verjährung eines darauf fußenden Schadenersatzanspruchs entgegen halten, geht fehl; denn ein Gesundheitsschaden entstünde erst mit dem Ausbruch der Krankheit. Nichts anderes gilt für den Fall, dass eine aktuelle Befürchtung der Klägerin, an aufgenommenen Asbestfasern tödlich zu erkranken, sich zukünftig zu einer psychischen Belastung mit Krankheitswert entwickeln sollte; auch hier entstünde ein Gesundheitsschaden erst mit dem Eintritt einer medizinisch erheblichen Störung der Lebensvorgänge, nicht aber schon durch das bloße Nachdenken über mögliche Folgen der Asbestfaserexposition.”