Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Hat ein Mieter bei einer Duldungspflicht von Instandsetzungs- und/oder Modernisierungsarbeiten ein Minderungsrecht?

Die Antwort des Landgerichts Berlin (LG Berlin – 65 S 194/17, Beschluss vom 29.01.2018) lautet: Ja!

Zur Begründung führt das Landgericht Berlin in seiner vorgenannten Entscheidung unter I. 1. wie folgt aus: “Die Kläger haben gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung überzahlter Miete in Höhe von 1.063,53 Euro aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB. Den Zahlungen der Kläger fehlte der Rechtsgrund, denn die (unter Vorbehalt gezahlte) Miete war im Zeitraum vom 1. Juni bis 16. Dezember 2013 nach § 536Abs. 1 BGB gemindert, wie das Amtsgericht zutreffend feststellt.

Schon im Ausgangspunkt unzutreffend geht die Beklagte davon aus, dass die Kläger zur Duldung der in dem Zeitraum vermieterseits durchgeführten Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen – durch Urteil vom 26. November 2013 rechtskräftig festgestellt – verpflichtet gewesen seien und die modernisierungsbedingte Einschränkungen keinen Mangel der Mietsache begründeten.

In tatsächlicher Hinsicht übersieht die Beklagte insoweit schon, dass ihre Duldungsklage in dem Verfahren 18 C 126/13 (AG Neukölln) schon nicht vollständig Erfolg hatte; sie ist bezogen auf eine beabsichtigte Grundrissänderung teilweise vielmehr (rechtskräftig) abgewiesen worden. Allerdings kommt es darauf rechtlich auch gar nicht an.

In rechtlicher Hinsicht muss die Beklagte sich den Wortlaut des § 536 BGB aF. entgegenhalten lassen, der nach Art. 229 § 29 Abs. 1 Ziff. 1 EGBGB anzuwenden ist (vgl. auch BT-Ds. 17/10485, S. 27), im Übrigen auch in der neuen Fassung die Argumentation der Beklagten nicht tragen würde.

Nach § 536 Abs. 1 Satz 2 BGB ist der Mieter von der Entrichtung der Miete befreit, soweit und solange die Mietsache einen Mangel aufweist, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt bzw. mindert.

Das Amtsgericht hat vollkommen zutreffend und in Übereinstimmung mit dem Gesetz darauf abgestellt, dass ab Juni 2013 umfangreiche Modernisierungsarbeiten – tatsächlich – stattfanden. Die davon – unstreitig – ausgehenden Störungen beeinträchtigten den Gebrauch der Mietsache und begründeten nach dem Wortlaut des Gesetzes damit einen Mangel, dies unabhängig davon, ob eine Duldungspflicht bestand. An eine etwaige Duldungspflicht von Instandsetzungs- und/oder Modernisierungsarbeiten knüpft das Gesetz den Eintritt der Mietminderung gerade nicht an. Vielmehr lässt auch der äußerst eingeschränkte Anwendungsbereich des § 536 Abs. 1a BGB nF. darauf schließen, dass der Gesetzgeber sich bewusst entschieden hat, vor Einführung der Regelung nicht bestehende Einschränkungen der Mieterrechte aus § 536 Abs. 1 BGB bei Instandsetzungen (weiterhin) gar nicht und bei Modernisierungen nur in einem äußerst engen (zeitlichen und sachlichen) Rahmen überhaupt zuzulassen. Bestätigt wird dies durch die Gesetzesmaterialien (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Ds. 17/10485, S. 18 f.), insbesondere die gewichtigen Bedenken des Bundesrates in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Bundesregierung (vgl. BT-Ds. 17/10485, Anlage 3, S. 38 f.).

Die (erneute) Bezugnahme auf des unter anderem für das Gewerbemietrecht zuständigen XII. Zivilsenates vom 13. Mai 2015 (XII ZR 65/14) hilft der Beklagten nicht weiter, wie das Amtsgericht ebenfalls zutreffend festgestellt hat. Sie übersieht ganz grundlegend, dass ein Sachverhalt, in dem der Mieter ohne sachlichen Grund die Ausführung von Instandsetzungsarbeiten verweigert, mit denen die Mängel beseitigt werden sollen, für die er eine Mietminderung geltend macht, ganz anders zu beurteilen ist, als die hier gegebene Situation, in der Beeinträchtigungen des Gebrauchs der Mietsache erst durch die Ausführung der Arbeiten – sei es zur Instandsetzung oder Modernisierung – entstehen und zur Herabsetzung der Miete führen.

Ebenfalls ohne Erfolg wendet die Beklagte sich gegen die Feststellung des Amtsgerichts, sie habe die Gasversorgung der von den Klägern inne gehaltenen Wohnung widerrechtlich abgestellt. Entscheidend ist, dass die Gasversorgung und damit die – vertraglich geschuldete – Beheizung der Mietsache mit Gas während der Heizperiode unterbrochen war. Ob dies widerrechtlich, pflichtwidrig und einfach nur geschah, ist rechtlich unerheblich; die Mietminderung tritt verschuldensunabhängig ein, wie sich dem Wortlaut des § 536 Abs. 1 BGB entnehmen lässt.”