Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

 

Ist § 556d BGB verfassungskonform?

Die Antwort des Landgerichts Berlin (LG Berlin – 65 S 238/17, Urteil vom 25.04.2018) lautet: Ja! (Achtung: anderer Auffassung LG Berlin – 67 S 218/17, Beschluss vom 07.12.2017)

Zur Begründung führt das Landgericht Berlin in seiner vorgenannten Entscheidung unter II. 1. wie folgt aus: “Der Rechtsstreit ist nicht gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG auszusetzen, um eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsmäßigkeit der bundesgesetzlichen Regelung in § 556d BGB einzuholen.

Nach Art. 100 Abs. 1 GG hat ein Gericht das Verfahren auszusetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen, wenn es ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig hält und es sich um eine Verletzung des Grundgesetzes handelt.

Die Kammer hält – nach erneuter Prüfung – daran fest, dass die – für die Entscheidung des Rechtsstreits erhebliche – Regelung verfassungsgemäß ist [Kammer, Urt. v. 29.03.2017 – 65 S 424/16, NJW 2017, 197.; vorhergehend (ebenso): AG Neukölln, Urt. v. 08.09.2016 – 11 C 414/15NZM 2017, 31; ebenso: LG München I, Urt. v. 06.12.2017 –14 S 10058/17NJW 2018, 407; AG Frankfurt, Urt. v. 20.09.2017 – 33 C 3490/16WuM 2017, 593; AG Charlottenburg Urt. v. 31.08.2017 – 210 C 55/17; DWW 2017, 300; AG Hamburg-St. Georg, Urt. v. 22.06.2017 – 913 C 2/17, WuM 2017, 469; aA LG Berlin [ZK 67], Hinweis v. 14.09.2017 – 67 S 149/17, WuM 2017, 600; Beschluss vom 07.12.2017 – 67 S 218/17NJW 2018, 728)

a) Für die hier zu treffende Entscheidung kommt es auf die Gültigkeit des § 556d BGB an, denn die Kläger stützen ihren Anspruch auf Absatz 1 der Vorschrift in Verbindung mit der auf der Grundlage des § 556d Abs. 2 BGB vom Land Berlin erlassenen Mietenbegrenzungsverordnung vom 28. April 2015 (MietBegrV Berlin). Eine Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift wäre nur dann entbehrlich, wenn sie nicht anwendbar wäre, weil die Parteien – wie die Beklagte geltend macht – keinen neuen Mietvertrag abgeschlossen, sondern den Mietvertrag der Vormieter (nur) durch einen einfachen Parteiwechsel geändert hätten.

Auf den (formalen) Aspekt der Gestaltung des Mietvertragsschlusses als Vertragsänderung kann die Beklagte sich hier jedoch nicht mit Erfolg berufen mit der Folge, dass der Mietvertrag der Parteien den Regelungen der §§ 556d ff. BGB unterfällt. Die von der Beklagten (nachträglich) verlangte Gestaltung des Vertragsschlusses als Vertragsänderung unter Einbeziehung der Vormieter diente offenkundig dem Zweck, den Anwendungsbereich der §§ 556d ff. BGB zu umgehen.

Auch wenn das Verbot von Umgehungsgeschäften – wie hier – nicht ausdrücklich in einer Norm niedergelegt ist, gilt es als allgemeiner Rechtsgrundsatz insbesondere dann, wenn der Umgehungsschutz erforderlich ist, damit der Zweck eines gesetzlichen Verbotes bei einer eng am Gesetzeswortlaut haftenden Auslegung durch eine davon nicht erfasste rechtliche Gestaltung nicht vereitelt wird (vgl. BGH, Urt. v. 06.12.1990 – IX ZR 44/90, NJW 1991, 1090; Urt. v. 15.01.1990 – II ZR 164/88NJW 1990, 982; MüKoBGB/Armbrüster, 7. Aufl., 2015, BGB § 134Rn. 11, 17, mwN; Staudinger/Sack/Seibl, 2017, BGB § 134 Rn. 145; Palandt/Ellenberger, BGB, 77. Aufl. 2018, § 134 Rn. 28).

Daraus folgt, dass eine am Sinn und Zweck der umgangenen Verbotsnorm orientierte Auslegung ergeben kann, dass diese auch der scheinbar zulässigen bzw. scheinbar nicht erfassten konkreten rechtsgeschäftlichen Gestaltung entgegensteht (vgl. MüKoBGB/Armbrüster, 7. Aufl., 2015, BGB § 134 Rn. 12, Staudinger/Sack/Seibl, 2017, BGB § 134 Rn. 150).

So liegt es hier. Das Amtsgericht hat die vorgenannten Maßstäbe und die damit verbundenen Wertungen seiner Entscheidung zutreffend zugrunde gelegt. Die Auslegung des § 556d BGB unter Einbeziehung des sich aus den Gesetzesmaterialien ergebenden Zwecks der in §§ 556d ff BGB getroffenen weiteren Regelungen ergibt, dass diese die hier konkret gewählte Gestaltung des Vertragsschlusses erfassen; würde sie aus dem Anwendungsbereich der Vorschriften ausgenommen, würde eine Umgehung zugelassen, die der Verwirklichung des vom Gesetzgeber mit dem rechtlichen Instrument verfolgten Zwecks entgegensteht.

Die Kammer folgt den zutreffenden Feststellungen des Amtsgerichts.

Zwar findet § 556d Abs. 1 BGB dem Wortlaut nach nur Anwendung, wenn ein Mietvertrag (neu) abgeschlossen wird; Mietvertragsverlängerungen, -erneuerungen bzw. schlichte Parteiwechsel unterfallen nicht dem Anwendungsbereich der §§ 556d ff. BGB. Insbesondere bei einem Austausch des Mieters hängt es jedoch von der konkreten vertraglichen Gestaltung ab, ob der Vertrag als Eintritt des neuen Mieters in den alten Mietvertrag oder als Neuabschluss anzusehen ist (vgl. Schmidt-Futterer/Börstinghaus, Mietrecht, 13. Aufl., 2017, § 556d Rn. 19; MüKoBGB/Artz, 7. Aufl. 2016, BGB § 556d Rn. 5).

Das Mietrechtsnovellierungsgesetz (MietNovG) verfolgt bereits ausweislich seiner Bezeichnung den Zweck, den Anstieg der Mieten auf angespannten Wohnungsmärkten zu dämpfen, bis die – vom Gesetzgeber flankierend verlangten – wohnungsmarktfördernden Maßnahmen greifen und marktregulierend wirken (BT-Ds. 18/3121, S. 15 f.). Die Mangellage bei gleichzeitig steigender Nachfrage nach Wohnungen in bestimmten attraktiven Städten bzw. Ballungszentren, der durch Bautätigkeit nicht kurzfristig begegnet werden kann, erlaubt es dem Vermieter in diesen Gebieten, bei der Wiedervermietung von Bestandswohnungen überdurchschnittlich hohe Mietsteigerungen am Markt durchzusetzen, dies, ohne dass dem besondere eigene Leistungen oder Beiträge des Vermieters zugrunde lägen (vgl. Gsell, Die gerechte Miete, WuM 2017, 305, [306ff.]). Der Gesetzgeber hat sich deshalb – aufgrund der ihm verfassungsrechtlich zugewiesenen Kompetenz des politischen, zweckmäßigen Regelns (vgl. Maunz/Dürig/Dürig/Scholz, 58. EL Januar 2010, GG Art. 3 Abs. 1 Rn. 297) – entschieden, auf diesen Märkten (zeitlich befristet) in die gestörte Vertragsparität und Preisbildung regulierend einzugreifen, indem er die Miete nicht wie bisher nur im Rahmen bestehender Mietverhältnisse, sondern auch bei der Wiedervermietung von Bestandswohnungen der Höhe nach begrenzt (vgl. näher: Gsell, aaO, WuM 2017, 305, [311]. Eine entgegen den Regelungen des Gesetzes (in Verbindung mit einer auf seiner Grundlage erlassenen Landesverordnung) höhere Miete ist nicht zulässig und die Vereinbarung insoweit unwirksam, § 556d Abs. 1, 2, 556g Abs. 1 BGB. Den §§ 556e Abs. 1, 556fBGB sowie der Begründung der Vorschriften im Gesetzentwurf der Bundesregierung lässt sich zudem entnehmen, dass der Gesetzgeber ausschließlich aus Gründen des Bestandsschutzes und der Investitionssicherheit Ausnahmen zulassen wollte.

Die Voraussetzungen der §§ 556e Abs. 2, 556f BGB liegen unstreitig nicht vor. Eine Miete unterhalb der Vormiete machen die Kläger nicht geltend, §§ 556e Abs. 1, 308 Abs. 1 ZPO.

Auch wenn der Vertragsschluss der Beklagten mit den Klägern formal unter Einbeziehung der Vormieter als Vertragsänderung gestaltet wurde, stellt er sich rechtlich als Neuabschluss im Sinne des § 556d Abs. 1 BGB dar.

Die Vormieter hatten das Vormietverhältnis – auf Wunsch und in Absprache mit der Beklagten – unstreitig mit der gemeinsamen Intention des Neuabschlusses eines Mietvertrages mit der bisherigen Untermieterin, der Klägerin zu 1) und dem Kläger zu 2) gekündigt; die Kündigung ist der Beklagten – ebenfalls unstreitig – zugegangen. Erst danach verlangte die Beklagte von den Vormietern und den Klägern den Abschluss eines Änderungsvertrages, der allerdings die Erhöhung der Nettokaltmiete um 305,12 Euro (auf 813,12 Euro = 14 Euro/m2, neben einer einmaligen Aufwandsentschädigung in Höhe von 200,00 Euro) vorsah. Die Beklagte war nunmehr nur noch unter diesen Bedingungen zum Abschluss eines Mietvertrages mit den Klägern bereit. Die Anhebung der Nettokaltmiete um ca. 60% ging mit keinerlei Erweiterung der Gegenleistung der Beklagten einher.

Wie auch das Amtsgericht zutreffend feststellt, ist kein sachlicher Grund vorgetragen oder ersichtlich, der erklärt, weshalb – wenn nicht unter dem formalen Gesichtspunkt einer ins Auge gefassten Umgehung der §§ 556d ff BGB unter Ausnutzung der auf der Mangellage am Wohnungsmarkt und den besonderen Umständen beruhenden überlegenden Verhandlungsposition der Beklagten – nach Zugang der Kündigung des Mietverhältnisses durch die Vormieter der (Formular-)Mietvertrag nicht einfach mit den Klägern abgeschlossen wurde. Weshalb die – nachträglich verlangte – Vertragsänderung “naheliegender” bzw. “sachgerechter” gewesen sein soll, führt die Beklagte nicht aus. Sie erschließt sich erst recht nicht mit Blick auf in § 8 des Mietvertrages mit den Vormietern getroffene “Einzelregelungen”, die das Vor-Vor-Mietverhältnis betreffen und im Verhältnis zu den Klägern (längst) obsolet sind. Im Gegenteil: danach wäre der Neuabschluss des Mietvertrages gerade naheliegender und sachgerechter gewesen. Mit den Vormietern wurde im Übrigen – ungeachtet dessen, dass auch die Vormieterin die Wohnung bereits bewohnte, sie zahlreiche Einrichtungsgegenstände vom (Vor-)Vormieter übernahm – ein neuer Mietvertrag geschlossen.

Der Umstand, dass die Klägerin die Wohnung bereits als Untermieterin bewohnte, wirkt sich nicht aus. Mit dem “Nachtrag” werden erstmals vertragliche Beziehungen zwischen ihr und der Beklagten begründet, daneben auch zum Kläger. Zahlreiche Regelungen des Vertrages mit den Vormietern sind gegenstandslos. Vor allem aber wird – neben den Vertragsparteien – ein weiterer wesentlicher Vertragsbestandteil grundlegend geändert (vgl. Kriterien: BGH, Urt. v. 25.11.2015 – XII ZR 114/14): der Umfang der Hauptleistungspflicht der Kläger als Mieter nach § 535 Abs. 2 BGB.

b) Die weitere Voraussetzung für eine Aussetzung des Verfahrens und das Einholen einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG liegt nicht vor.

Zulässigkeitsvoraussetzung einer Vorlage ist die eigene Überzeugung des vorlegenden Gericht von der Verfassungswidrigkeit des Gesetzes; bloße Bedenken oder Zweifel genügen ebenso wenig wie der Hinweis auf die Überzeugung anderer (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18.12.1984 – 2 BvL 22/82; Beschluss vom 31.01.1989 – 1 BvL 17/87NJW 1989, 891; Maunz/Dürig/Dederer, 81. EL September 2017, GG Art. 100 Rn. 128ff, mwN; BeckOK Grundgesetz/Morgenthaler, 36. Ed. 1502.2018, GG Art. 100 Rn. 19, mwN).

Die Kammer hält mit nachfolgenden Ergänzungen an ihrer Auffassung fest, dass die vom Bundesgesetzgeber in § 556d Abs. 1, 2 BGB getroffene Reglung verfassungsgemäß ist (vgl. Urt. der Kammer v. 29. März 2017 – 65 S 424/16NJW 2017, 1971; ebenso: LG München I, Urt. v. 06.12.2017 –14 S 10058/17NJW 2018, 407; aA LG, Hinweis v. 14.09.2017 – 67 S 149/17, WuM 2017, 600; Beschluss vom 07.12.2017 – 67 S 218/17NJW 2018, 728).

Die Kammer hat im Rahmen ihrer Entscheidung vom 29. März 2017 (65 S 424/16, a.a.O.) in eigener Verantwortung und unter Heranziehung vom Bundesverfassungsgericht entwickelter und vom Bundesgerichtshof kurz zuvor zu § 558 Abs. 3 BGB fortentwickelter bzw. angewandter Maßstäbe (vgl. BGH, Urt. v. 04.11.2015 – VIII ZR 217/14NJW 2016, 476) die Verfassungsmäßigkeit des § 556d Abs. 2 BGB inzident geprüft und bejaht; auch unter Einbeziehung weiterer gegen die Verfassungsmäßigkeit der Regelung eingewandter Argumente vermag die Kammer keine andere Überzeugung zu gewinnen mit der Folge, dass sie ihrerseits gehalten wäre, eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen.

(1) § 556d Abs. 2 BGB verstößt nicht gegen das Bestimmtheitsgebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG.

Nach Art. 80 Abs. 1 Satz GG können (unter anderem) die Landesregierungen durch Gesetz ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen. Nach Satz 2 müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetz bestimmt werden.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts soll sich das Parlament nicht seiner Verantwortung als gesetzgebende Körperschaft dadurch entäußern können, dass es einen Teil der Gesetzgebungsmacht der Exekutive überträgt, ohne die Grenzen der übertragenen Kompetenzen bedacht und diese nach Tendenz und Programm so genau umrissen zu haben, dass der Bürger schon aus der gesetzlichen Ermächtigung erkennen und vorhersehen kann, was ihm gegenüber zulässig sein soll und welchen möglichen Inhalt die aufgrund der Ermächtigung erlassenen Verordnungen haben können. Die Ermächtigungsnorm muss in ihrem Wortlaut nicht so genau wie irgend möglich gefasst sein; sie hat von Verfassungs wegen nur hinreichend bestimmt zu sein. Dazu genügt es, dass sich die gesetzlichen Vorgaben mit Hilfe allgemeiner Auslegungsregeln erschließen lassen, insbesondere aus dem Zweck, dem Sinnzusammenhang und der Entstehungsgeschichte der Norm. Welche konkreten Anforderungen an das Maß der erforderlichen Bestimmtheit im Einzelnen zu stellen sind, lässt sich dabei nicht allgemein festlegen. Es kommt auf die Intensität der Auswirkungen der Regelung für die Betroffenen an; die Bestimmtheit der Ermächtigungsnorm muss der Grundrechtsrelevanz der Regelung entsprechen, zu der ermächtigt wird. Greift die Regelung erheblich in die Rechtsstellung des Betroffenen ein, sind höhere Anforderungen zu stellen, als wenn es sich um einen Regelungsbereich handelt, der die Grundrechtsausübung weniger tangiert (vgl. st Rspr, vgl. BVerfG, Beschluss vom 21.09.2016 – 2 BvL 1/15NJW 2016, 3648).

Diesen Anforderungen genügt § 556d Abs. 2 BGB. Zwar spricht die Regelung ihrem – nicht allein maßgeblichen – Wortlaut nach keine Verpflichtung aus, bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 556d Abs. 2 Satz 1 BGB eine Rechtsverordnung zu erlassen. Sie stellt sie damit aber nicht in das “freie politische Belieben” der Landesregierungen (ebenso ua: Fleindl, Mietpreisbremse aktuell, Vortrag, 37. Mietrechtstage Berchtesgaden, z Veröffentl vorgesehen in: PiG 2018 des EID; Lehmann-Richter, WuM 2015, 204, [205]; Schuldt, Mietpreisbremse, Diss., Nomos, 2017, S. 244ff; aA Blankennagel/Schröder/Spoerr, Gutachten im Auftrag von Haus & Grund Deutschland, NZM 2015, 1; LG Berlin, Beschluss vom 07.12.2017 – 67 S 218/17, aaO). Bei Bestehen einer wirksamen gesetzlichen Ermächtigung, liegt es regelmäßig in der Entscheidungskompetenz des (potenziellen) Verordnungsgebers, ob und wie er die ihm “zugewachsene” Entscheidungskompetenz nutzt (vgl. Maunz/Dürig/Remmert, 81. EL September 2017, GG Art. 80 Rn. 119). Das heißt aber nicht, dass er “nach Belieben” von ihr Gebrauch machen kann, denn jede staatliche Zuweisung ist gemessen an ihrem Zweck bestmöglich wahrzunehmen. Der Ermächtigungsadressat muss sich demnach bei der Entscheidung, ob und wie er eine ihm erteilte Verordnungsermächtigung nutzt, davon leiten lassen, wie der Zweck der Ermächtigung am besten erfüllt wird (vgl. Maunz/Dürig/Remmert, 81. EL September 2017, GG Art. 80 Rn. 119, mwN; vgl. zur Fehlbelegungsabgabe: BVerfG, Beschluss vom 08.06.1988 – 2 BvL 9/85NJW 1988, 2529, [2531 f.], beck-online).

Hier ergibt sich bereits aus der Ermächtigungsgrundlage selbst, woran die Landesregierungen ihre Entscheidung über den Erlass oder Nichterlass einer Rechtsverordnung zur Begrenzung der Wiedervermietungsmiete ausrichten sollen. Es wird das Kriterium des “angespannten Wohnungsmarktes” benannt und definiert, das im Übrigen bereits aus anderen Regelungszusammenhängen bekannt ist, nunmehr mit Blick auf die Erfahrungen mit den Ermächtigungsgrundlagen in §§ 577a Abs. 2, 558 Abs. 3 Satz 3 BGB präzisiert wurde (vgl. näher: Schmidt-Futterer/Börstinghaus, Mietrecht, 13. Aufl. 2017, § 556d Rn. 4). Der nunmehr eingeführte Kriterienkatalog gibt dem Verordnungsgeber unter Einbeziehung der Gesetzesbegründung (vgl. schon die Beschreibung von Problem und Ziel des Gesetzentwurfes der Bundesregierung, BT-Ds. 18/3121, S. 1, im Übrigen S. 11ff.) sowie in der Zusammenschau mit den Verordnungsermächtigungen in § 558 Abs. 3 Satz 3 BGB (Absenkung der Kappungsgrenze zur Dämpfung des Anstiegs von Bestandsmieten, vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zum MietRÄndG, BT-Ds. 17/1194, S. 2, 23) sowie in § 577a Abs. 2 BGB (Kündigungsbeschränkung bei der Umwandlung von vermieteten Wohnräumen in Wohnungseigentum, BT-Ds. 17/10485, S. 26) hinreichende normative Anhaltspunkte für seine Entscheidung, ob von der Verordnungsermächtigung nach § 556d Abs. 2 BGB Gebrauch zu machen ist oder nicht.

Der Umstand, dass der Gesetzgeber dem Verordnungsgeber (erneut) die Möglichkeit eingeräumt hat, regionalen Besonderheiten Rechnung zu tragen, führt angesichts der tatsächlichen, allgemein bekannten Heterogenität der Mietwohnungsmärkte in Deutschland (vgl. nur BT-Ds. 18/3121, S. 14) und der definierten normativen Vorgaben für den Verordnungsgeber nicht zu einer verfassungswidrigen Verlagerung der Regelungsentscheidung (“Ob”) vom Gesetzgeber auf den Verordnungsgeber, die einer Inkraftsetzungsermächtigung gleichkäme (vgl. dazu auch BVerfG, Beschluss vom 08.06.1988 – 2 BvL 9/85, aaO, NJW 1988, 1529, [2532]; BGH, Urt. 04.11.2015 – VIII ZR 217/14, aaO, Rz. 26ff.; ebenso: Lehmann-Richter, WuM 2015, 204, [205]; Schuldt, Mietpreisbremse, Diss., Nomos, 2017, S. 241ff.). Das Vorgehen des Bundesgesetzgebers im Wege der Ermächtigung der Landesregierungen ist mit Blick auf die allgemein bekannte, den Regelungen zugrunde liegende Tatsache, dass die Dämpfung der Wiedervermietungsmiete keinen zusätzlichen Wohnraum schafft, auch konsequent. § 556d Abs. 2 Satz 7 BGB schreibt vor, dass sich aus der Begründung der Verordnung ergeben muss, welche Maßnahmen die jeweilige Landesregierung ergreifen wird, um der angespannten Wohnungsmarktsituation abzuhelfen; für den Wohnungsbau sind jedoch die Länder zuständig, Art. 70 Abs. 1 GG (vgl. Schmidt-Futterer/Börstinghaus, Mietrecht, 13. Aufl. 2017, § 556d Rn. 4).

Ob daraus im Einzelfall aus Sicht des Bürgers ein Anspruch auf Erlass (oder Beibehaltung) einer Rechtsverordnung oder auf jedenfalls ermessensfehlerfreie Entscheidung über ihren Erlass hergeleitet werden kann, bedarf hier keiner Entscheidung (vgl. dazu: Maunz/Dürig/Remmert, 81. EL September 2017, GG Art. 80Rn. 120, mwN; für eine Verpflichtung: Fleindl, Mietpreisbremse aktuell, Vortrag, 37. Mietrechtstage Berchtesgaden, z Veröffentl vorgesehen in: PiG 2018 des EID; Lehmann-Richter, WuM 2015, 204, [205]; Schuldt, Mietpreisbremse, Diss., Nomos, 2017, S. 244ff.).

In jedem Fall kann das Fachgericht die Verfassungswidrigkeit der entscheidungserheblichen Regelung – hier § 556d Abs. 2 BGB – erst dann annehmen und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nach Art. 100 Abs. 1 GG einholen, wenn eine verfassungskonforme Auslegung ausgeschlossen ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 08.06.1988 – 2 BvL 9/85, aaO; Beschluss vom 18.12.1984 – 2 BvL 22/82, aaO; ebenso: Fleindl, aaO; Lehmann-Richter, WuM 2015, 204, [205]); ist eine solche Interpretation möglich, sind selbst Anhaltspunkte für einen etwaigen Willen des Gesetzgebers unbeachtlich, dem Verordnungsgeber die volle politische Entscheidungsfreiheit übertragen zu wollen (BVerfG, Beschluss vom 08.06.1988 – 2 BvL 9/85, aaO; Beschluss vom 18.12.1984 – 2 BvL 22/82, aaO).”