Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

 

Führt die Eichfälligkeit von Messgeräten zu einem Verwendungsverbot der Messergebnisse?

Die Antwort des Landgerichts Limburg (LG Limburg – 3 S 39/18, Urteil vom 31.08.2018) lautet: Nein!

Zur Begründung führt das Landgericht Limburg in seiner vorgenannten Entscheidung unter II. 2. bis 3. wie folgt aus: “2. Die bislang nicht berücksichtigten, auch in der Berufungsinstanz aufrechterhaltenen Einwände des Beklagten gegen die Nachforderung, namentlich der Einwand, die inkorrekte Abrechnung beruhe auf der Eichfälligkeit von Messgeräten, stehen einem Nachzahlungsanspruch der Klägerin in ausgeurteilter Höhe jedoch im Ergebnis nicht entgegen.

Zum einen hat die Klägerin mit dem Hinweis, der Beklagte habe im Vorjahr unter Umständen mehr mit dem Ofen geheizt, eine durchaus plausible Erklärung für die erhöhten Vergleichswerte geliefert. Zwar formuliert die Klägerin dies grundsätzlich als Vermutung; der Beklagte ist dem allerdings nicht entgegen getreten. Zu berücksichtigen ist ferner, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Zeitraum Januar bis März gerade um heizintensive Monate handelt, die daher nicht rein proportional dem Gesamtverbrauch von zwölf Monaten des Vorjahres entgegen gehalten werden können.

Der ###-Abrechnung für 2015 ist zu entnehmen, dass fünf Warm- bzw. Kaltwasserzähler mit dem Index der abgelaufenen Eichfrist gekennzeichnet sind, wobei drei dieser Zähler (Nr. 161, Nr. 0820420, Nr. 79679915) den Verbrauch der anderen Mieteinheiten betreffen; bei den Zählern Nr. 4402 und Nr. 431498 handelt es sich um die Hauptzähler der Warm- und Kaltwasserverteilung des Mietobjekts. Auf der Grundlage eines von EON mitgeteilten Brennstoffverbrauchs in Höhe von 1.019,78 E zuzüglich weiterer Heizungsbetriebskosten, Zusatzkosten Heizung und Zusatzkosten Warmwasser hat die Firma ### Gesamtkosten der Heizungsanlage in Höhe von 1.816,92 Euro für den Abrechnungszeitraum 01.01.2015 bis 31.12.2015 errechnet. In der von der Klägerin vorgenommenen rein verbrauchsabhängigen Umverteilung sollen hiervon auf den Beklagten Heiz- und Warmwasserkosten von insgesamt 945,68 Euro entfallen (Bl. 24 d. A.); soweit die Umverteilung zunächst von Gesamtjahreswerten ausging, hat die Klägerin bei ihrer Nachforderung korrekterweise nur die, ebenfalls von ### ermittelten, Werte für den Nutzungszeitraum bis zum 31.03.2015 verwendet.

Sollte der Klägerin infolge der teilweise nicht geeichten Messgeräte eine verbrauchsabhängige Abrechnung verwehrt sein, würde prinzipiell der gesetzliche Umlagemaßstab gemäß § 556a Abs. 1 BGB, das heißt eine Abrechnung nach Quadratmetern, gelten. Nach der Rechtsprechung ist in diesem Fall die flächenmäßige Umlage zudem schadensersatzbedingt zu kürzen (vgl. BGH, Beschluss v. 13.03.2012 – VIII ZR 218/11 = ZMR 2012, 615 unter dem Gesichtspunkt einer Vertragsverletzung infolge unterbliebener Verbrauchserfassung), regelmäßig um 15 % als Erfahrungswert der Kostendifferenz zwischen verbrauchsabhängiger und verbrauchsunabhängiger Erfassung (§ 12 HeizkostenVO analog; vgl. LG Berlin, Urteil v. 11.11.2011 – 63 S 149/11; LG Kleve, Urteil v. 19.042007 – 6 S 205/06 = ZMR 2007, 620; Schmidt-Futterer/Langenberg, a.a.O., § 556 Rn. 351). Hierzu hat die Klägerin bereits erstinstanzlich vorgerechnet, dass auf der Grundlage der “Gesamtkosten Heizungsanlage” in Höhe von 1.816,92 Euro im Verhältnis zu der Wohnfläche des Beklagten von 120 m² abzüglich 15 % eine Nachforderung in Höhe von 955,28 Euro auf den Beklagten entfallen und ihn damit sogar schlechter stellen würde als die verbrauchsabhängige Umlage in Höhe von 945,68 E.

Unter Berücksichtigung der erstinstanzlichen Kürzungen der Klageforderung und nach Verrechnung der Mietrückstände und der Kaution ist damit jedenfalls im Ergebnis ein Nachzahlungsanspruch der Klägerin in der ausgeurteilten Höhe von 835,71 Euro begründet.

3. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn, wie von dem Beklagten vertreten, die Neuregelung des MessEG zum 01.01.2015 ein grundsätzliches Verwendungsverbot von Daten nicht geeichter Erfassungsgeräte in der Betriebskostenabrechnung bewirken würde und der Ablauf der Eichfrist einzelner Messgeräte die Unverwertbarkeit sämtlicher Messergebnisse und der gesamten Abrechnung zur Folge hätte. In dieser Hinsicht wird teilweise vertreten, dass die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach Verbrauchswerte eines nicht geeichten Zählers im Rahmen der Betriebskostenabrechnung verwendet werden dürfen und lediglich deren Richtigkeitsvermutung entfallen soll (BGH, Urteil vom 17.11.2010 – VII ZR 112/10 = WW 2011, 598; MDR 2011, 92), angesichts § 33 Abs. 1 MessEG n.F. und der maßgeblichen Ziele des Eichrechts überholt sei (so Lammel, WuM 2015, 531). Im hier zu entscheidenden Fall wäre dies insoweit relevant, als die o.g. quadratmeterbezogene Umlage mit den “Gesamtkosten Heizungsanlage” in Höhe von 1.816,92 Euro einen Wert zugrunde legt, der jedenfalls zum Teil (“Zusatzkosten Warmwasser”) von eichüberfälligen Messgeräten stammt.

Die Kammer folgt der Ansicht, dass § 33 Abs. 1 MessEG n.F. ein grundsätzliches, auch zivilprozessual wirkendes Verwendungsverbot statuiere, nicht; ebenso erscheint eine Abkehr von der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung nach BGH, Urteil vom 17.11.2010 VII ZR 112/10 nicht geboten. Vielmehr ist zwischen der in § 33 Abs. 1, 2 MessEG n.F. statuierten Pflicht, nur geeichte Messgeräte zu verwenden, einerseits und den Folgen eines Verstoßes hiergegen andererseits zu unterscheiden, wobei wiederum allein die zivilrechtlichen – und nicht verwaltungsrechtlichen, bußgeldbezogenen (§ 60 MessEG) – Konsequenzen in den Blick zu nehmen sind. Konkrete oder gar zwingende Vorgaben hierfür enthält § 33 Abs. 1 MessEG als Norm des öffentlichen Rechts nicht, jedenfalls nicht unmittelbar. Ein Verstoß gegen § 33 Abs. 1 MessEG könnte nur über dessen Auslegung als ein Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB zivilrechtliche Folge haben. Jedoch handelt es sich bei der Betriebskostenabrechnung nach herrschender Ansicht um kein Rechtsgeschäft, sondern um eine geschäftsähnliche Handlung, eine Wissenserklärung bzw. ein Rechenwerk (Zehelein, NZM 2017, 794 m.w.N.); das Ziel des MessEG, die Richtigkeit des Eichvorgangs zu gewährleisten, rechtfertigt auch keine analoge Anwendung des § 134BGB. Geht es im Eichrecht primär um den Schutz des Verbrauchers auf der Basis richtiger Messergebnisse, ohne dass die Verwendung geeichter Geräte zum Selbstzweck wird, Ist ein zivilprozessuales absolutes Verwendungs- und Verwertungsverbot nicht zwingend (Zehelein, NZM 2017, 794). Eine Beweislastumkehr durch den Wegfall der Vermutungswirkung für die Richtigkeit der Messergebnisse sowie die Möglichkeit der Schätzung unter Berücksichtigung eines schadensersatzbedingten Abzugs, wie bislang höchstrichterlich vertreten, erscheinen vor diesem Hintergrund noch immer angebracht wie ausreichend.”