Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Sind Darlegungen eines Vermieters zur Verrechnungsreihenfolge – sofern nicht eine Aufrechnungserklärung nach § 396 Abs. 1 Satz 1 BGB vorliegt – im Rahmen einer Schlüssigkeitsprüfung ohne Bedeutung?

Die Antwort des Amtsgerichts Dresden (AG Dresden – 145 C 6419/17, Urteil vom 22.08.2018) lautet: Ja!

Zur Begründung führt das Amtsgericht Dresden in seiner vorgenannten Entscheidung unter I. 2. a) wie folgt aus: “Dass klägerischer Vortrag bei gebotener Auslegung als hinreichend bestimmt iSd § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO anzusehen ist, bedeutet noch nicht, dass die geltend gemachten Forderungen auch schlüssig sind. Im Rahmen der Schlüssigkeitsprüfung kommt es vielmehr darauf an, ob die Forderungen, auf die Verrechnungen vorzunehmen oder vorgenommen worden sind, tatsächlich auch bestehen bzw. bestanden haben. Insoweit wird durch die vorgenommene Zuordnung der geleisteten Zahlungen oder erteilten Gutschriften dem Kläger nicht die Gefahr abgenommen, dass seine Forderungen als unbegründet abgewiesen werden und damit – anders als bei einer Klageabweisung als unzulässig – wegen entgegenstehender Rechtskraft grundsätzlich nicht mehr eingeklagt werden können. (BGH a.a.O. Rn. 34). Da dem Vermieter – abgesehen vom Fall einer Aufrechnung (§ 396 Abs. 1 Satz 1 BGB) – materiell kein Bestimmungsrecht bezüglich einer Anrechnung unzureichender Zahlungen des Mieters auf die geltend gemachten Außenstände zusteht, sondern sich die Verrechnung bei einer fehlenden Tilgungsbestimmung des Mieters direkt aus dem Gesetz (§ 366Abs. 2 BGB) ergibt, dessen Anwendung dem Gericht von Amts wegen obliegt (vgl. auch OLG Brandenburg, NJW-RR Jahr 2007 Seite 1310), kann von ihm auch hinsichtlich der Bestimmtheit des Klagebegehrens nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht verlangt werden, dass er die aus seiner Sicht nach § 366 Abs. 2 BGB maßgebliche Verrechnungsreihenfolge im Einzelnen darlegt. Andererseits ist er aber nicht gehindert, zur Festlegung seines Klagebegehrens entsprechenden Vortrag zu halten. Erfolgen solche Darlegungen, sind diese aber – sofern nicht eine Aufrechnungserklärung nach § 396 Abs. 1 Satz 1 BGB vorliegt – im Rahmen der Schlüssigkeitsprüfung ohne Bedeutung, wenn sie in Widerspruch zu § 366Abs. 2 BGB stehen, da allein das vom Gericht auszulegende Gesetz (§ 366Abs. 2 BGB) die Rangfolge der Verrechnung vorgibt. Solcher in Widerspruch zu § 366 Abs. 2 BGB erfolgender Vortrag ist also nur für die Bestimmtheit des Klagebegehrens maßgebend (BGH a.a.O. Rn. 44, 45). Zur Erfüllung der gesetzlichen Vorgaben in § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO kommt es nicht darauf an, ob der maßgebliche Sachverhalt bereits vollständig beschrieben oder ob der Klageanspruch schlüssig und substantiiert dargelegt worden ist. Vielmehr ist es im Allgemeinen ausreichend, wenn der Anspruch als solcher identifizierbar ist (BGH a.a.O. Rn. 21). Im Rahmen der Schlüssigkeitsprüfung hingegen sind Forderungen, die in Widerspruch zu § 366 Abs. 2 BGB dargelegt wurden, als unbegründet abzuweisen. Sie können damit – anders als bei einer Klageabweisung als unzulässig – wegen entgegenstehender Rechtskraft grundsätzlich nicht mehr eingeklagt werden (BGH a.a.O. Rn. 34).”