Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

 

Ist eine Forderungsabtretung eines Mieters an ein Inkassounternehmen (legal tech-Unternehmen) dergestalt, alle seine Forderungen im Zusammenhang mit der sog. Mietpreisbremse einzuziehen, wirksam?

Die Antwort des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg (AG Tempelhof-Kreuzberg – 19 C 277/17, Urteil vom 04.04.2018) lautet: Nein! (Achtung: anderer Auffassung LG Berlin – 65 S 70/18, Urteil vom 20.06.2018)

Zur Begründung führt das Amtsgericht Kreuzberg in seiner vorgenannten Entscheidung unter I. 2. wie folgt aus: “Die Klägerin ist nicht aktivlegitimiert. Die der Klägerin erteilte Vollmacht und Abtretung sind unwirksam, da sie gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen, § 134 BGB iVm §§ 2310 RDG. Denn der der Klägerin erteilte Auftrag geht über die zulässige Inkassotätigkeit hinaus.

Das Rechtsdienstleistungsgesetz stellt ein Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB dar. Gemäß § 3 RDG ist die selbständige Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen nur in dem Umfang zulässig, in dem sie durch dieses Gesetz oder durch oder aufgrund anderer Gesetze erlaubt wird. Nach § 2 Abs. 2 RDG sind Inkassodienstleistungen erlaubt und werden definiert als: “[…] die Einziehung fremder oder zum Zweck der Einziehung auf fremde Rechnung abgetretener Forderungen, wenn die Forderungseinziehung als eigenständiges Geschäft betrieben wird (Inkassodienstleistung).”

Die von der Klägerin erbrachten Leistungen gehen über eine reine Inkassotätigkeit hinaus. Wie aus Punkt 1.2 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin ersichtlich, übernimmt diese für die Mieter die Durchsetzung sämtlicher Forderungen im Zusammenhang mit der Geltendmachung der sog. Mietpreisbremse, insbesondere Auskunftsansprüche, Rückzahlungsansprüche zu viel gezahlter Miete, des Anspruchs auf Feststellung der Unwirksamkeit der Miete, des Anspruchs auf (Teil-)rückzahlung bzw. (Teil-)freigabe der Mietkaution sowie weiterer Ansprüche im Zusammenhang mit der künftigen Herabsetzung der Miete. Unter Punkt 1.4 verpflichtet sich die Klägerin erforderliche Informationen zur. Durchsetzung des Anspruchs auch beim Vermieter einzuholen.

Die Klägerin setzt damit nicht nur bestehende Ansprüche der Mieter durch, sondern lässt den Anspruch der Mieter auf Rückzahlung zu viel gezahlter Mieten durch ihre Tätigkeit erst entstehen. Entgegen der Ansicht der Klägerseite betrifft die qualifizierte Rüge nach § 556 g Abs. 2 BGB, die die Klägerin regelmäßig ausspricht, gerade nicht nur das Fälligstellen des Anspruchs, sondern ist eine anspruchsbegründende Tatbestandsvoraussetzung, BeckOK MietR/Theesfeld BGB § 556g Rn. 9. Ohne die Erhebung der qualifizierten Rüge entsteht ein Rückzahlungsanspruch nicht. Die Rüge führt auch zu einer Rechtsfolge, so dass – entgegen der Ansicht der Klägerin – von einem Rechtsgeschäft auszugehen ist, welches unter § 134 BGB fällt, vgl. zum Rechtsgeschäft Palandt/Ellenberger, BGB, 77. Auflage, vor § 104 Rn. 2.

Die Klägerin übernimmt darüber hinaus zur Prüfung eines möglichen Anspruchs weitere Tätigkeiten. Vor allem holt sie Auskünfte bei den Vermietern ein. Dazu formuliert sie diese Auskunftsansprüche und setzt sie durch. Letztlich erbringt die Klägerin alle Tätigkeiten, die für die rechtliche Würdigung dessen, ob ein Anspruch besteht, notwendig sind. Dies übersteigt die erlaubte Tätigkeit eines Inkassos. Es ist – entgegen der Darstellung der Klägerin – nicht so, dass der Mieter über das Vorgehen entscheidet. Der Mieter erteilt im Internet, nachdem er sich mit Hilfe des Mietpreisrechners ein erstes Bild zur Zulässigkeit der Miethöhe gemacht hat, den Auftrag an die Klägerin. Jedoch ist damit noch keine seriöse Einschätzung über etwaige Ansprüche möglich. Denn dazu bedarf es weiterer Ermittlungen und eben der Schaffung der Tatbestandsvoraussetzungen. Daher erbringt die Klägerin letztlich die Arbeit der Ermittlung, Schaffung und Durchsetzung des Anspruchs.

Die Rechtsdienstleistung in Form des Ausspruchs der Rüge bzw. der Einholung von Auskünften ist auch nicht gemäß § 5 Abs. 1 S. 1 RDG als Nebenleitung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild des Handelnden erlaubt. Denn hier liegt in Rüge und Auskunft ein solches. Gewicht, dass dies nicht als Nebenleistung gewertet werden kann. Vielmehr stellt diese Tätigkeit einen umfassenden Teil der klägerischen Tätigkeit dar.”