Aus der Rubrik “Mieterinformationen”:

 

Handelsblatt am 20.02.2019: Wohnungsnot in Deutschland – Immobilienkonzerne müssen mehr Verantwortung übernehmen

Immobilienkonzerne schieben der Politik die Schuld für den Mangel an bezahlbarem Wohnraum zu. Es reicht aber nicht, nur auf die Versäumnisse anderer hinzuweisen.
Die nächste Eskalation ist schon programmiert. Das Frühjahrsgutachten der Immobilienwirtschaft bestätigt nicht nur den anhaltenden Preisaufwärtstrend in deutschen Großstädten. Die Experten rechnen auch in den Ballungsräumen mit „weiteren deutlichen Kaufpreissteigerungen“. Setzt sich der Trend wie von der Branche erwartet fort, wird das die Debatte um bezahlbaren Wohnraum nur weiter befeuern.

Die Politik wird sehr wahrscheinlich mit zusätzlichen Auflagen reagieren. Investoren und große Vermieter wie Vonovia oder Deutsche Wohnen sehen sich zunehmend gegängelt. Doch sie müssten selbst mehr tun, um schärferer Regulatorik zu entgehen und den Zorn der Bürger nicht unnötig auf sich zu ziehen.

Doch statt sich der Debatte zu stellen, schieben die Wohnkonzerne der Politik die Schuld für den Mangel an bezahlbarem Wohnraumzu. Sicher hat die Politik über Jahre vieles versäumt: Sie hat es verschlafen, für genügend Bauland zu sorgen, und sie erschwert auch heute noch mit lahmenden Genehmigungsprozessen den Neubau. Es reicht aber nicht, nur auf die Versäumnisse der anderen hinzuweisen.

Statt sich aus der Schussbahn zu bringen, macht sich mancher Akteur in der erhitzten Debatte noch selbst zur Zielscheibe. Wenn Deutsche Wohnen beispielsweise gegen die Erhebungsverfahren des Berliner Mietspiegels klagt, um letztlich höhere Mietsteigerungen durchzuboxen, bringt das nicht gerade Sympathiepunkte ein. Den Prozess hat das Unternehmen übrigens jüngst vor dem Berliner Verfassungsgerichtshof verloren.

Wenn die Konzerne nicht länger Sündenbock sein wollen, müssen sie aktiver werden, zum Beispiel beim Neubau. Große Aktionäre, die schlanke Geschäftsmodelle bevorzugen, dürften zwar nicht in Begeisterung verfallen. Solche Vorhaben würden jedoch zeigen: Hier sind Unternehmen, die selbst zur Lösung der Wohnungsnot beitragen.

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