Aus der Rubrik “Wohnungspolitik”:

 

nd am 21.02.2019: Ein Gespenst geht um in Berlin

Unter dem Motto »Welcome back Sozialismus?« diskutieren SPD und Grüne über Enteignung

Für den Verband Berliner Kaufleute und Industrieller (VBKI), ein weitläufiges Netzwerk der Berliner Wirtschaft, ist das eine Horrorvorstellung. Unter dem Motto »Welcome back Sozialismus?« lud der Verein am Mittwochabend zu einer Podiumsdiskussion mit Publikumsbeteiligung in das Ludwig-Erhard-Haus in Charlottenburg ein. Gemeinsam wolle man Wege ausloten, »wie sich zwischen staatlichem Interventionismus und dem freien Spiel der Kräfte« ein Weg aus der Krise auf dem Wohnungsmarkt finden lasse, so VBKI-Präsident Markus Voigt.

Eva Högl, Berliner Bundestagsabgeordnete und stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion, schloss die Enteignung von Wohnungsbeständen als Mittel gegen explodierende Mieten kategorisch aus. Das »schafft keine neue Wohnung und ist auch nicht bezahlbar«, so Högl. Auf Nachfrage wollte sie auch nicht ausschließen, dass der Bund im Falle eines erfolgreichen Volksbegehrens in Berlin interveniert und entsprechende Schritte unterbindet. Auf der anderen Seite müsse man aber zur Kenntnis nehmen, dass es nicht nur in Berlin dringenden Handlungsbedarf gebe, denn man merke, »dass es die Hauptsorge der meisten Menschen ist, ob sie ihre Wohnung behalten können«.

Oberste Priorität sei »bauen, bauen, bauen«. Das könne aber erst nach einiger Zeit Wirkung erzielen, daher müssten auch kurzfristig Lösungen gefunden werden. Högl warb für den von ihr mitinitiierten Vorstoß für zeitlich begrenzte Mietobergrenzen in Stadtteilen mit besonders angespannter Wohnungslage. Ob dies rechtlich umsetzbar wäre, wird derzeit vom Senat geprüft. Kritik äußerte Högl an der schleppenden Neubaupolitik des Berliner Senats und einiger Bezirke, die sie den Koalitionspartnern Grünen und LINKE anlastet.

Auch Daniel Wesener, parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, schloss eine Unterstützung des Volksbegehrens aus, was in seiner Partei durchaus umstritten ist. Zwar könnten Enteignungen und Vergesellschaftungen auf Grundlage der Artikel 14 und 15 des Grundgesetzes »kein Tabu sein«. Doch aufgrund der juristischen Unwägbarkeiten und der zweifelhaften Finanzierung sei die Initiative »nicht zielführend, obwohl wir deren Ziele teilen«.

Ohnehin habe das Volksbegehren nur einen rechtlich unverbindlichen Beschluss und kein Enteignungsgesetz zum Inhalt. Wenn es dazu komme, werde der Senat das prüfen, »und wenn es nicht realisierbar ist, dann gibt es auch kein Gesetz«. Seine Partei stehe »angesichts der dramatischen Entwicklung in Berlin für breite Schichten der Bevölkerung« sowohl für regulatorische Eingriffe in den Wohnungsbestand als auch für Neubau, vorzugsweise mit »Non-Profit-Akteuren«. Dazu brauche man alle Instrumente, also auch den Rückkauf von privatisierten Beständen. Sofern dieser »wirtschaftlich vertretbar ist, denn «wir finanzieren nicht die Profite der Spekulanten».

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