Aus der Rubrik “Mietenpolitik”:

 

rbb24.de am 24.09.2019: Wie aus dem Mietendeckel ein Risiko für Mieter werden kann

Mietendeckel statt Mietspiegel – die rot-rot-grüne Koalition will den Systemwechsel auf dem Berliner Wohnungsmarkt, zumindest für fünf Jahre. Doch genau dieser Wechsel auf Zeit birgt für Mieterinnen und Mieter auch deutliche Risiken.

Wie geht es nach dem Mietendeckel weiter?

Statt der ortsüblichen Vergleichsmiete als Orientierungspunkt, soll der Wohnungsmarkt einfach für fünf Jahre eingefroren werden. Von einer “Atempause” für Mieterinnen und Mietern sprechen die Mietenfachleute der rot-rot-grünen Koalition. Eine verlockende Aussicht für viele gebeutelte Wohnungsmieter, die sich mit der Sorge herumtragen, ob sie auch morgen noch ihre Miete werden zahlen können.

Doch es ist eine Entscheidung, die auch ein bislang schwer kalkulierbares Risiko birgt. Dieses Risiko müssten am Ende vor allem die tragen, die mit dem Deckel eigentlich geschützt werden sollen: die Mieter. Um eine Antwort auf die Frage, wie es eigentlich nach der Zeit des Mietendeckels weitergeht, macht die Politik bislang einen großen Bogen, denn ganz gleich, ob die Mieten nun fünf Jahre oder möglicherweise sogar zehn Jahre gedeckelt werden oder ob Gerichte das Gesetz schon nach zwei oder drei Jahren kippen: Ein einfacher Wechsel zurück ins Mietspiegel-System ist rechtlich nicht möglich.

Neuer Mietspiegel kaum vor 2030

“Es wäre zwar sehr wünschenswert, wenn man unmittelbar danach einen neuen Mietspiegel hätte und damit zur Transparenz zurückkäme”, sagt die Geschäftsführerin des Verbands Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW), Susanne Klabe. “Aber ein Mietspiegel soll den unbeeinflussten Markt abbilden, und wenn wir hier fünf Jahre Mietendeckel hatten, dann heißt das: Fünf Jahre hat kein unbeeinflusster Markt stattgefunden.”

Und das heißt auch, dass es einen neuen, rechtssicheren Mietspiegel kaum vor 2030 geben dürfte. Auch der Senat bestätigt diesen Befund auf Anfrage: “In einem Mietspiegel darf Wohnraum nicht berücksichtigt werden, bei dem die Miethöhe unter anderem durch Gesetz (wie beim Mietendeckel) festgelegt worden ist (§ 558, Abs. 2 BGB)”, teilt die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen rbb|24 auf Anfrage mit. “Daher dürfen Mieten nur dann in einen neuen Mietspiegel einbezogen werden, wenn nach Wegfall der Preisbindung durch den Mietendeckel ein neuer Mietvertag geschlossen wurde oder eine Mietänderung stattgefunden hat.“

In fünf Jahren dann: Vergleichsmieten statt Mietspiegel

Mit anderen Worten: Mit der Arbeit an einem neuen Mietspiegel könnte erst begonnen werden, wenn der Mietendeckel aufgehoben wurde. Von den fünf Jahre lang per Gesetz niedrig gehaltenen Mieten dürfte keine einzige dämpfend in den Mietspiegel einfließen, oder erst nachdem sie das erste Mal wieder erhöht wurde.

Gleichzeitig werden Vermieter in dieser Zeit bei Mieterhöhungen freiere Hand haben als dies derzeit mit geltendem Mietspiegel der Fall ist. Zwar müsste weiterhin die Kappungsgrenze von maximal 15 Prozent Mieterhöhung in drei Jahren eingehalten werden und auch die Mietpreisbremse wäre zu beachten. Um aber eine Mieterhöhung gegenüber Mieterinnen und Mietern zu begründen, wären sie nicht durch einen relativ detailliert gefassten Rahmen wie beim Mietspiegel beschränkt. “Falls kein gültiger Mietspiegel existiert, kommen unter anderem Vergleichswohnungen oder Gutachten in Betracht”, bestätigt die Senatsverwaltung. Konkret sieht das Mietrecht hier – neben den möglichen Sachverständigengutachten – vor, dass es genügt, die Mieten von drei vergleichbaren Wohnungen als Begründung heranzuziehen.

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