AMV im Lichte der Presse:

Berliner Zeitung am 20.02.2020 – Nach der Wohnungsübernahme Gewobag lässt in Spandau Mietnachlass auslaufen

Jahrelang gewährte der private Eigentümer Bewohnern in Spandau einen Abschlag auf die monatlichen Zahlungen. Mit der Rekommunalisierung ist das vorbei.

Die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften sollen den Mietanstieg dämpfen – und damit ein Gegengewicht zu renditeorientierten privaten Vermietern bilden. Doch ausgerechnet die städtische Gewobag hat jetzt in Spandau nach dem Erwerb von Wohnungen aus privater Hand einen Mietnachlass auslaufen lassen, den der alte Eigentümer über Jahre gewährt hatte.

„Jetzt zahle ich mehr als vorher“, sagt eine 85-jährige Mieterin zur Berliner Zeitung. „Ich finde das unerhört.“ Die private ADO Immobilien Management GmbH, die die Wohnungen zuvor vermietete, hatte der Mieterin bis zum 31. Dezember vergangenen Jahres einen Mietnachlass in Höhe von 122,88 Euro monatlich gewährt. Doch nach der Übernahme der Wohnung durch die Gewobag soll es mit dem Mietnachlass vorbei sein.

Gewobag hob höhere Miete einfach vom Konto ab

„Zum 31.12.2019 ist Ihr monatlicher Mietnachlass in Höhe von 122,88 EUR entfallen“, teilte das landeseigene Wohnungsunternehmen der 85-Jährigen in einem Brief mit. Vom ersten Januar 2020 an betrage die Miete für ihre rund 61 Quadratmeter große Wohnung aus den 70er-Jahren nun 715,60 Euro monatlich. Die Gewobag hat die höhere Miete Anfang Februar einfach vom Konto der Mieterin abgebucht – inklusive der aufgelaufenen Restforderung für den Januar.

Die Unterkünfte in Spandau befinden sich im Wohngebiet Heerstraße-Nord.

Marcel Eupen vom Alternativen Mieter- und Verbraucherschutzbund (AMV) berät viele Haushalte dort. Er kritisiert den Umgang mit den Mietern. „Zwar mag es zutreffend sein, dass die Gewobag nicht verpflichtet war, den befristeten Mietnachlass auch über den 31. Dezember 2019 hinaus zu verlängern“, sagt er. „Jedoch kann die Art und Weise, wie der Mietnachlass jetzt beendet wurde, auf keinen Fall akzeptiert werden“, so Eupen.

Gewobag hätte Sozialverträglichkeit prüfen müssen

So hätte die Gewobag nicht ohne vorherigen Kontakt mit den Mietern die volle Miete ohne Nachlass einziehen dürfen. Sie hätte zunächst die Miethöhe nach dem Mietspiegel zum Stichtag 1. Januar 2020 ermitteln und diese den betroffenen Mietern dann mitteilen müssen, sagt er. Die Gewobag hätte sich zudem erkundigen müssen, ob die Miete ohne Nachlass sozialverträglich nach der mit dem Senat abgeschlossenen Kooperationsvereinbarung ist. Danach dürfe die Miete nicht mehr als 30 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens verschlingen.

„Der von der Gewobag praktizierte Bankeinzug ohne vorherigen Kontakt mit den Mietern und ohne Kenntnis über deren finanzielle Möglichkeiten steht diametral im Widerspruch zu den politischen und sozialen Gründen und Zielen für den Millionendeal zwischen der ADO und der Gewobag“, sagt Eupen. Dass die landeseigenen Unternehmen die Miete in bestehenden Mietverträge um nicht mehr als zwei Prozent jährlich steigern sollen, erwähnt Eupen dabei nicht mal. Wie viele Mieter vom Wegfall des Nachlasses betroffen sind, ist unklar. Von der Gewobag waren dazu am Mittwoch keine Angaben zu erhalten.

https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/gewobag-laesst-mietnachlass-auslaufen-li.76389