Aus der Rubrik “Gerichtsentscheidungen”:

 

Verwaltungsgericht Berlin – VG 19 L 523.19 und VG 19 L 546.19

Berliner Zeitung am 26.02.2020 – Bauprojekt In Spandau entsteht das größte Hostel Berlins

Im Gewerbegebiet an der Freiheit soll eine Herberge mit mehr als 1300 Betten gebaut werden. Mehrere Betriebe aus der Nachbarschaft reagieren alarmiert.

In Berlin entstehen immer mehr Hostels, die preiswerte Übernachtungen möglich machen. Meist finden sie sich im Stadtzentrum, doch jetzt soll ein Riesen-Hostel mit mehr als 1300 Betten in Spandau entstehen, im gewerblich geprägten Gebiet an der Freiheit – nicht weit von einer Biogasanlage der Berliner Stadtreinigung (BSR), dem Klärwerk und der Müllverbrennungsanlage Ruhleben.

Bislang ist von den Plänen für die Riesen-Herberge wenig bekannt. Dass es das Projekt gibt, wurde jetzt durch eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts einer großen Öffentlichkeit bekannt. „Spandau: Groß-Hostel im reinen Arbeitsgebiet zulässig“, ist die Pressemitteilung des Gerichts vom Montagnachmittag überschrieben. Darin heißt es, dass das Hostel, das auf dem Areal einer ehemaligen Textilfabrik an der Freiheit 11 entstehen soll, „in der geplanten Form errichtet und betrieben werden“ könne. Das habe das Verwaltungsgericht in zwei Eilverfahren entschieden.

BSR klagt gegen Hostel-Bau in Spandau

Dagegen kann jedoch noch Beschwerde vor dem Oberverwaltungsgericht eingelegt werden. Grund für den Rechtsstreit: Mehrere Betriebe aus der Nachbarschaft halten die Baugenehmigung für das Hostel für rechtswidrig und wollten diese mit den Eilanträgen außer Kraft setzen.

Zu den Klägern gegen die Baugenehmigung gehört die Berliner Stadtreinigung. „Die BSR hält den geplanten Bau des Hostels für planungsrechtlich unzulässig und sieht ihre Nachbarrechte, insbesondere das Rücksichtnahmegebot verletzt“, sagt BSR-Sprecherin Sabine Thümler. Die BSR befürchte, dass mit der Realisierung des Vorhabens der Betrieb der Biogasanlage eingeschränkt werde, „um Lärm- und Geruchsbeeinträchtigungen für das Hostel zu begrenzen“.

Verwaltungsgericht weist Anträge zurück

Einem weiteren Unternehmen, das sich gegen die Baugenehmigung wehrt, gehört ein Grundstück, auf dem eine Asphaltmischanlage betrieben wird. Den Betriebsstandort gibt es bereits seit 40 Jahren. Betrieben wird die Anlage von der Deutag Ost, die hier Asphalt in verschiedenen Sorten für den Straßenbau produziert.

Die Deutag, die an dem Standort in Spandau 77 Mitarbeiter beschäftige, habe ein großes und berechtigtes Interesse daran, dass die jetzige zulässige Nutzung nicht eingeschränkt werde, sagt Niederlassungsleiter René Meinert. Das Verwaltungsgericht ist den Einwänden der Betriebe bisher nicht gefolgt – und wies die eingereichten Eilanträge gegen die Baugenehmigung für das Hostel zurück. Begründung: Die Baugenehmigung verstoße nicht gegen Nachbarrechte.

Hostel-Projekt nicht rücksichtslos

So könne die BSR als Betreiberin der Biogasanlage eine Verletzung ihrer Rechte nicht geltend machen, weil ihr Grundstück in einem anderen Baugebiet liege, also zu weit entfernt sei. Die Ansprüche der anderen Kläger würden nicht verletzt, weil ihre Betriebe in einem Areal lägen, in dem „ausdrücklich Gewerbebetriebe aller Art zulässig“ seien.

Die Gefahr, dass das Gebiet durch das Hostel seine Prägung verliere, bestehe angesichts der „Überzahl großflächiger, stark emittierender Betriebe nicht“, erklärte das Gericht. Das Hostel-Projekt erweise sich auch nicht als rücksichtslos. Davon sei zwar dann auszugehen, wenn sich ein Vorhaben Störungen aussetze, die dazu führen könnten, dass störträchtige Unternehmen ihren Betrieb einschränken müssten.

Damit sei hier allerdings nicht zu rechnen. Denn das Hostel „schirme sich durch nicht zu öffnende Fenster gegenüber Lärm hinreichend ab“. Und: „Relevante Geruchsbelästigungen“ seien laut einem Gutachten nicht zu erwarten.

https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/in-spandau-entsteht-das-groesste-hostel-berlins-li.76835