AMV im Lichte der Presse:

 

Berliner Kurier am 02.06.2020: Mietrecht – Laute Heizung raubt Rentnerin den Schlaf

„Für mich ist es nicht mehr auszuhalten“, sagt Renate Ladewig aus der Pionierstraße in Spandau. Immer wieder kommen die Klopfgeräusche in der Heizung. Nachts sei es am schlimmsten. „Ich habe letzte Nacht um 3 Uhr noch nicht geschlafen“, sagt die 80-Jährige.  In den vergangenen Jahren habe sie zahlreiche Schadensmeldungen geschrieben, doch geändert habe sich nichts. Ihr Vermieter, eine Tochter der Deutsche Wohnen, gewährt zwar eine Mietminderung, hat den Mangel aber bisher nicht beseitigt.

Die erste Schadensmeldungen schreibt Ladewig schon im Februar 2017. Da teilt ihr die Deutsche Wohnen Kundenservice GmbH mit, dass sich der vom Servicepartner beauftragte Handwerker “schnellstmöglich” melden werde. Doch alle Bemühungen bleiben erfolglos. Nachdem der Schaden im Februar 2019 noch immer besteht, reicht der Alternative Mieter- und Verbraucherschutzbund (AMV), der Renate Ladewig vertritt, schließlich Klage beim Amtsgericht Spandau ein. Die Rechtsanwältin des AMV weist darauf hin, dass das Heizungsrohr offen und senkrecht durch das Schlafzimmer von Renate Ladewig verlaufe. Die Rentnerin könne „allenfalls für die Dauer von 3 Stunden ohne Unterbrechung schlafen“. Die fehlende Nachtruhe habe zu einer „dauerhaft depressiven Gemütsstimmung“ geführt, von der sich Renate Ladewig „in den geräuschfreien Zeiten nachhaltig nicht erholen“ könne. Sie müsse in der Erwartung leben, dass die Geräuschbelastungen immer wieder auftreten werden.

Belästigende Geräusche erst bestritten

Die Rechtsanwältin der Deutsche-Wohnen-Tochter spricht in ihrer Klageerwiderung nur von „vermeintlichen Heizungsgeräuschen“ und bestreitet, „dass in der Wohnung“ von Renate Ladewig „bei Inbetriebnahme der Heizung laut hörbare sowie belästigende, störende Klickgeräusche“ wahrnehmbar sein sollen – und dass die Geräusche von dem Heizungsrohr, das durch das Schlafzimmer von Renate Ladewigs Wohnung führt, „verursacht werden“. Bei Ortsterminen in der Wohnung seien die Geräusche nicht feststellbar gewesen. Auch bei umfangreichen Überprüfungsmaßnahmen an Heizkörpern, Heizungsrohren und übriger Technik habe kein Mangel festgestellt werden können.

Immerhin: „Aus Kulanz und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht“ gewährt die Deutsche Wohnen der Rentnerin seit Februar 2017 eine Mietminderung von 7,5 Prozent der Warmmiete.

Das Amtsgericht Spandau entscheidet im August 2019, dass ein Gutachter die Vorwürfe der Mieterin überprüfen soll. Das Gutachten liegt seit April 2020 vor. Ergebnis des Sachverständigen: Bei seinen Untersuchungen habe er „wiederkehrende regelmäßig auftretende laute Klopf- und Schlaggeräusche festgestellt“. Die Geräusche überstiegen dabei mit einem maximalen Schalldruckpegel von 39 Dezibel „deutlich“ die zulässige Lautstärke von 30 Dezibel.

Der Alternative Mieter- und Verbraucherschutzbund fordert, dass die Deutsche Wohnen den Mangel umgehend beseitigt. „Anstatt ihrer gesetzlichen Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht nachzukommen und die Heizungsanlage so instand zu setzen, dass bei ihrem Betrieb keine Klopf- und Schlaggeräusche mehr auftreten, zahlt die Deutsche Wohnen lieber seit Februar 2017 eine monatliche Mietminderung“, kritisiert AMV-Chef Marcel Eupen. Die Deutsche Wohnen nehme damit in Kauf, „dass bei Frau Ladewig ernsthafte und dauerhafte Schäden an deren Gesundheit eintreten“. Es sei in der Medizin allgemein anerkannt, dass Lärm auf Dauer krank mache. „Bereits geringere Schallpegel haben vegetative und psychische Wirkungen“, so Eupen.

Übernachtung bei der Schwester

„Ich habe immer schon Angst, wenn die Heizperiode anfängt“, sagt Renate Ladewig. Sie könne gar nicht mehr abschalten. „Man wartet immer auf den nächsten Schlag.“ Selbst wenn es ruhig ist. Sie habe versucht mit Ohrstöpseln zu schlafen, doch dann höre sie ihren Herzschlag. Das gehe für sie nicht. Sie sei schon in die Wohnung ihrer Tochter und ihrer Schwester gefahren, um dort einfach mal in Ruhe zu schlafen. Jetzt, mit dem Gutachten, müsse die Deutsche Wohnen aber endlich was machen, hofft die Rentnerin.

Die Deutsche Wohnen zeigt sich auf Anfrage des KURIER entgegenkommend. An der Heizungsanlage  hätten in den vergangenen Jahren mehrfach, zum Teil sehr aufwändige Reparaturarbeiten stattgefunden, teilt eine Sprecherin des Unternehmens mit. Dazu habe unter anderem der Austausch der Heizungspumpe des Gebäudes gehört. „Die Arbeiten führten leider nicht zu einer Beseitigung der Heizungsgeräusche in der Wohnung von Frau Ladewig, was das erstellte Sachgutachten bestätigt“,  räumt die Sprecherin ein. „Die Deutsche Wohnen wird nun eine erneute Ursachenprüfung vornehmen, um anschließend die entsprechenden Reparaturmaßnahmen durchzuführen und die Heizungsgeräusche dauerhaft abzustellen.“ Die Deutsche Wohnen bedauere „sehr, dass Frau Ladewig bereits so lange durch diese Heizungsgeräusche beeinträchtigt“ werde. „Selbstverständlich erhält Frau Ladewig, äquivalent zu den letzten Jahren, eine entsprechende Mietminderung für die Heizperiode 2019/2020.“

Der AMV reagiert auf die Äußerungen zurückhaltend. „Wir haben zur Kenntnis genommen, dass die Deutsche Wohnen eine erneute Überprüfung der Heizung zur nachhaltigen Mangelbeseitigung zugesagt hat“, sagt AMV-Chef Eupen. „In Anbetracht der Tatsache, dass es ihr jedoch seit der Heizperiode 2016/2017 nicht gelungen ist, die Heizungsgeräusche abzustellen, sind wir mehr als skeptisch. Oder um mit Johann Wolfgang von Goethe zu antworten: Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.”

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