Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

 

Hindern die Bestimmungen des Gesetzes zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen in Berlin (MietenWoG Bln) eine Verurteilung zur Zustimmung zu einer begehrten Mieterhöhung nach den §§ 558 ff. BGB?

Die Antwort des Amtsgerichts Pankow/Weißensee (AG Pankow/Weißensee – 2 C 377/19, Urteil vom 26.02.2020) lautet: Nein!
 
Zur Begründung führt das Amtsgericht Pankow/Weißensee in seiner vorgenannten Entscheidung wie folgt aus: „Im vielstimmigen – teils bereits jetzt kakophonisch anmutenden – Chor der Kommentatoren und Meinungsäußerer schließt sich das Gericht der unter anderem auch vertretenen Auffassung an, die Bestimmungen des zwischenzeitlich in Kraft getretenen Gesetzes zur Mietensbegrenzung im Wohnungswesen in Berlin ( MietenWoG Bln oder volkstümlich: Mietendeckelgesetz) hindere eine Verurteilung zur Zustimmung zu einer begehrten Mieterhöhung nach § 558 ff BGB nicht (vergleiche etwa Schulz in GE 2020 Seite 168 ff). Zu berücksichtigen ist, dass es sich hierbei um eine vertragliche Änderung der Mietzinshöhe handelt, bei welcher die Zustimmung eines Vertragspartners – im Streitfalle – durch Urteil ersetzt wird. Davon, dass das Mietendeckelgesetz derartige Vereinbarungen verbietet, ist das Gericht nicht überzeugt. Ausweislich der auch von Schulz zitierten Begründung zum Änderungsantrag betreffend den damaligen Gesetzesentwurf will der Gesetzgeber gar nicht ausgestaltend in bestehende oder nach Inkrafttreten des Gesetzes abzuschließende Vertragsverhältnisse eingreifen, deren Zustandekommen und Inhalt sich vielmehr allein nach den Bestimmungen des BGB richten sollen. Soweit so gut. Dem Gericht ist jedenfalls keine BGB Regelung bekannt, die einem nach § 558 ff BGB geltend gemachten Anspruch von vornherein entgegensteht. Unter dieser Prämisse ergäben sich – hätte es hiermit sein Bewenden – möglicherweise auch keine im Hinblick auf die Gesetzgebungskompetenz des Landesgesetzgebers vielfach erörterten verfassungsrechtlichen Bedenken, die der Landesgesetzgeber ja gerade unter Hinweis auf diesen geäußerten gesetzgeberischen Willen auszuräumen versucht.

Nachdenklich stimmt dann indessen der 2. Teil der Begründung des Änderungsantrages, wo es ausdrücklich heißt, dass die im Gesetz festgelegten Verbote (§§ 3-5) gesetzliche Verbote im Sinne von § 134 BGB darstellen, die bei Nichtbeachtung die teilweise Nichtigkeit einer Vereinbarung zur Folge hat, soweit sie die durch die §§ 3-5 des Mietendeckelgesetzes gezogenen Grenzen überschreitet. Wenn dies nach einer naheliegenden (wörtlichen) Auslegung der Begründung heißen soll, dass der Landesgesetzgeber im 2. Schritt die Argumentation des 1. Schrittes für obsolet erklärt, weil er meint über die Hintertür einer BGB Regelung nunmehr doch zur Unwirksamkeit der Vereinbarung kommen zu können, dann bringt er nichts weniger als die Quadratur des Kreises zuwege. Die gesetzgebende Katze bisse sich in ihren eigenen legislativen Schwanz.

Das Gericht meint, dass dies aus einer Vielzahl von Gründen wohl nicht der Fall ist.

1. Was zunächst die auch in der Begründung zum Änderungsantrag genannte zivilrechtliche Rechtsprechung und Kommentarliteratur angeht, so vermag das Gericht überhaupt keinen hier vergleichbaren Fall zu erkennen. Sofern dort darauf abgestellt wird, dass nach allgemeiner Auffassung auch Landesrecht ein Verbotsgesetz im Sinne von § 134 BGB statuieren kann, ist dies unstreitig. In keinem der dort genannten Fälle stand aber die gesetzgeberische Kompetenz des Landesgesetzgebers überhaupt nur ansatzweise zur Debatte. In keinem einzigen Fall der in der Begründung zitierten Judikatur ging es darüber hinaus um eine landesrechtlich erlassene Preisrechtsvorschrift. Zum Teil haben die zitierten Quellen auch mit der hier ausschlaggebenden Problematik gar nichts zu tun (vergleiche etwa BGHZ 89, 137,139) bzw. können gerade nicht zum Beleg der in den Raum gestellten Behauptung herangezogen werden (vergleiche etwa die zitierte Fundstelle BGHZ 75, 366, 368 wonach sich ein Verstoß gegen eine Vorschrift der bayerischen Bauordnung nicht als Verbotsgesetz im Sinne von § 134 BGB erweist). Soweit darüber hinaus unter Bezugnahme auf das Mietpreisrecht auf eine einzige Fundstelle zurückgegriffen wird (vergleiche Landgericht Köln NJW 1965, 157,159) behandelt diese Entscheidung ein bundesrechtliches Verbotsgesetz. Wenn der Landesgesetzgeber also mit der Bezugnahme auf diverse Judikatur überhaupt etwas zum Ausdruck bringen wollte, dann kann sich das schon nach dem Inhalt der zitierten Entscheidungen jedenfalls nicht darauf beziehen, dass er 1. mietrechtliche Preisvorschriften erlassen kann, deren Außerachtlassung im Hinblick auf eine Vereinbarung nach den Regelungen des BGB 2. die (teilweise) Nichtigkeit derselben nach § 134 dieses schönen Gesetzes zur Folge hat.

2. Das Mietendeckelgesetz ist erkennbar befristet angelegt. Es rührt Bestandsvereinbarungen auch nach dem verzögerten Inkrafttreten von § 5 nicht unmittelbar an, in dem es etwa erklärt, alle vorher geschlossenen Mietvereinbarungen seien rückwirkend unwirksam, soweit sie die festgelegten Mietobergrenzen überschreiten. Warum dies bei Vereinbarungen der Fall sein soll, die während der Dauer des Gesetzes geschlossen werden, erschließt sich nicht. Dies würde bedeuten, dass auch eine Mietpreisabrede unwirksam ist die – und das könnten die Parteien im Zuge der Vertragsfreiheit wohl vereinbaren – sich gar nicht auf den zeitlichen Geltungsbereich des Gesetzes erstreckt (sondern etwa auf den Zeitpunkt danach) nur weil sie zum Zeitpunkt der Geltung abgeschlossen wurde. Eine einigermaßen absurde Vorstellung, die sich wohl auch nicht mit den Regelungen des Art. 4 des Gesetzes in Einklang bringen lässt.

3. Betrachtet man die Problematik aus dem Blickwinkel der in § 11 des Gesetzes vorgesehenen Sanktionsmöglichkeiten ergibt sich ebenfalls ein anderes Bild. Nach Ziffer 4 der genannten Vorschrift soll es lediglich verboten sein, ohne eine erforderliche Genehmigung eine höhere als die nach den §§ 3-7 zulässige Miete zu fordern oder entgegenzunehmen. Allein durch eine Vereinbarung fordert man noch nichts und nimmt schon gar nichts entgegen. Da eine Vereinbarung (auch nach dem unbestimmten Wortlaut der §§ 3 und 5, wo lediglich von “Mieten” die Rede ist) selbst nicht unmittelbar sanktioniert wird, kann daraus nur geschlossen werden, dass die Vereinbarung an sich möglich, jedoch während der Geltungsdauer des Gesetzes nicht durchsetzbar ist. Mit der Frage, ob die tenorierte Miete der Höhe nach auch durchsetzbar ist, befasst sich das Gericht an dieser Stelle nicht.”