Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

 

Begründen Vermieter und Mieter ein vom Bestand des Wohnraummietvertrages unabhängiges und isoliert kündbares Mietverhältnis über einen Kfz-Stellplatz, wenn sie die Vermietung des Kfz-Stellplatzes in einer gesonderten Mietvertragsurkunde regeln?

Die Antwort des Landgerichts Berlin (LG Berlin – 67 S 192/19, Urteil vom 27.02.2020) lautet: Ja!
 

Zur Begründung führt das Landgericht Berrlin in seiner vorgenannten Entscheidung wie folgt aus: „Jedoch ist der Klageantrag nicht begründet. Dabei kann dahinstehen, welche Auswirkungen es hat, dass nur der Kläger zu 2) den Mietvertrag über den Kfz-Stellplatz unterzeichnet hat. Denn zumindest hat die Kündigung der Beklagten vom 22. Februar 2019 das Mietverhältnis der Regelung im Stellplatzmietvertrag unter § 2 Nr. 2 entsprechend mit Wirkung zum 31. Mai 2019 beendet. Entgegen der Auffassung der Kläger handelt es sich bei dem Stellplatzmietvertrag und dem Wohnungsmietvertrag nämlich um zwei selbständige, separat kündbare Verträge.

Nach der von der Kammer insoweit geteilten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs spricht bei einem schriftlichen Wohnungsmietvertrag und einem separat abgeschlossenen Mietvertrag über eine Garage eine tatsächliche Vermutung für die rechtliche Selbständigkeit der beiden Vereinbarungen. Es bedarf dann der Widerlegung der Vermutung durch besondere Umstände, welche die Annahme rechtfertigen, dass die Mietverhältnisse über die Wohnung und die Garage nach dem Willen der Beteiligten eine rechtliche Einheit bilden sollen (vgl. BGH, Urteil vom 12. Oktober 2011 – VIII ZR 251/10, Beschluss vom 09. April 2013 – VIII ZR 245/12).

Solche Umstände liegen hier nicht vor. Allein die Tatsache, dass sich der Stellplatz auf dem Parkplatz vor dem Wohngrundstück Y-Straße befindet, reicht hierfür nicht aus, weil sich aus anderen Umständen ergibt, dass ein separater Vertrag geschlossen werden sollte (vgl. BGH, Beschluss vom 09. April 2013 – VIII ZR 245/12; BGH, Beschluss vom 04. Juni 2013 – VIII ZR 422/12; BGH, Beschluss vom 03. September 2013 – VIII ZR 165/13).

Zwar hat der Bundesgerichtshof im genannten Urteil vom 12. Oktober 2011 die im Rechtsentscheid des OLG Karlsruhe vom 30. März 1983 – 3 REMiet 1/83 vertretene Auffassung für zutreffend erachtet, dass ein enger rechtlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Wohnung und Garage, der es auch bei einer nachträglich angemieteten Garage im Regelfall rechtfertigt, eine Einbeziehung der Garage in den Wohnraummietvertrag anzunehmen, nur für den Fall bejaht werden kann, dass die Garage zu demselben Anwesen gehört, auf dem sich auch die Wohnung befindet. Jedoch hat der Bundesgerichtshof damit nicht entschieden, dass in jedem Fall, in dem nachträglich eine Garage auf demselben Grundstück angemietet wird, ein einheitlicher Vertrag vorliegt. Denn schon aus dem in dem Urteil zitierten Rechtsentscheid des OLG Karlsruhe ergibt sich ferner, dass es der Grundsatz der Vertragsfreiheit Mieter und Vermieter ermögliche, in eindeutiger Weise einen selbständigen Vertrag über die Garage zu schließen, wenn sie deren Einbeziehung in den Wohnungsmietvertrag nicht wollten. Fehle es an solchen zweifelsfreien Erklärungen, sei es gleichwohl gerechtfertigt, einen eigenständigen Vertrag anzunehmen, sofern besondere Umstände auf einen entsprechenden, erkennbar gewordenen Willen schließen ließen. Diese könnten beispielsweise darin liegen, dass die Parteien eine besondere Kündigungsvereinbarung über die Garage getroffen hätten (OLG Karlsruhe, Rechtsentscheid in Mietsachen vom 30. März 1983 – 3 REMiet 1/83 -, Rn. 10).

Hier haben die Kläger mit dem Eigentümer des Grundstücks im Jahr 2005 einen separaten “Mietvertrag über Kfz-Stellplatz” geschlossen, in dem an keiner Stelle auf den Wohnungsmietvertrag Bezug genommen wird. In diesem Vertrag findet sich unter § 2 Nr. 2 eine Kündigungsregelung, die vom Wohnungsmietvertrag abweicht. Zwar sind die Kündigungsfristen für den Mieter die gleichen wie bei der Wohnung (vgl. § 5 MV i.V.m. Nr. 9 der Allg. Vertragsbedingungen). Für den Vermieter unterscheiden sie sich demgegenüber erheblich. Denn in Nr. 10 der AVB ist für den Wohnungsmietvertrag eine ordentliche Kündigung ohne wichtigen Grund für den Vermieter ausgeschlossen, während der Stellplatzmietvertrag eine ordentliche Kündigung erlaubt. Dies lässt auf den Willen der Parteien schließen, dass es sich bei dem Mietvertrag über den Stellplatz um ein separates Mietverhältnis handeln sollte, das für beide Parteien unabhängig vom Vorliegen eines berechtigten Interesses an der Beendigung des Mietverhältnisses (vgl. § 573 BGB) kündbar sein sollte (BGH, Beschluss vom 09. April 2013 – VIII ZR 245/12).

Auch der Umstand, dass die Kläger nach Nr. 26 der AVB des Wohnungsmietvertrags bereits vor Abschluss des Stellplatzmietvertrags ihr Fahrzeug auf dem Parkplatz abstellen durften, führt zu keiner anderen Wertung. Denn aus dieser Klausel ergab sich – wie vom Amtsgericht zutreffend festgestellt – kein vertraglicher Anspruch auf Überlassung eines Stellplatzes. Vielmehr handelte es sich um eine unverbindliche Erlaubnis zum Abstellen des Fahrzeugs auf irgendeinem freien Parkplatz auf dem Grundstück. Spätestens im Jahr 2005 wurde diese Erlaubnis widerrufen und eine Schranke angebracht. Damit hatten die Kläger – ohne Abschluss eines gesonderten Vertrags – kein Recht und keine Möglichkeit mehr, ihr Fahrzeug auf dem Parkplatz abzustellen. Denn in der Folge konnten – unabhängig davon, ob sie Mieter im Haus waren oder nicht – nur noch Personen, die einen Kfz-Stellplatz gemietet haben, auf den Parkplatz fahren, weil nur sie einen Schlüssel für die Schranke erhalten haben. Auch daraus ist zu ersehen, dass es sich bei dem Stellplatz-Mietvertrag um einen gesonderten Vertrag handelt. Denn nicht jeder Mieter einer Wohnung war verpflichtet, einen solchen Vertrag abzuschließen. Außerdem konnten auch Personen einen Stellplatz anmieten, die nicht in der Wohnanlage leben.

Ein anderes Ergebnis ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung des § 305c Abs. 2 BGB, wonach Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen zulasten des Verwenders gehen. Bei sämtlichen in Frage stehenden vertraglichen Vereinbarungen handelt es sich zwar bereits prima facie um vermieterseits gestellte Allgemeine Geschäftsbedingungen. Voraussetzung für ein den Klägern gemäß § 305c Abs. 2 BGB günstigeres Auslegungsergebnis wäre jedoch, dass nach Ausschöpfung der in Betracht kommenden Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel bliebe und mindestens zwei Auslegungen rechtlich vertretbar wären (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juni 2017 – IV ZR 161/16). Daran fehlt es. Denn vorliegend ist die Auslegung des “Mietvertrags über Kfz-Abstellplatz” dahin, dass er keinen eigenständigen Vertrag darstellt, sondern als Ergänzung zum Wohnungsmietvertrag anzusehen ist, aus obigen Erwägungen unter Zugrundelegung der Auslegungsparameter der §§ 133, 157 BGB nicht vertretbar. Vielmehr ergibt sich eindeutig der Abschluss einer gesonderten – und unabhängig vom Bestand des zwischen den Parteien bestehenden Wohnraumietvertrages kündbaren – Vereinbarung.”