Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

 

Liegt ein berechtigtes Interesse für eine Untervermietung vor, wenn der Mieter eine Einladung als Gastdozent über zwei Semester im Ausland erhalten hat?

Die Antwort des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg (AG Tempelhof-Kreuzberg – 3 C 234/19, Urteil vom 22.01.2020) lautet: Ja!

Zur Begründung führt das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg in seiner vorgenannten Entscheidung unter II. wie folgt aus: „Die Klägerin steht gegen die Beklagten ei Anspruch auf Gestattung der Untervermietung eines Teils der von ihr bewohnten Wohnung an Herrn ### in der Zeit vom 01. August 2019 bi 31. August 2020 gemäß § 553 Abs. 1 BGB zu.

Eine solche Erlaubnis ist vom Vermieter zu erteilen, wenn für den Mieter ein berechtigtes Interesse an der Gebrauchsüberlassung eines Teils der Wohnung an einen Dritten nach Abschluss des Mietvertrages entsteht. Die Klägerin hat gemäß § 553 Abs. 1 S. 1 BGB ein solches berechtigtes Interesse an der Gebrauchsüberlassung eines Teils der Wohnung.

Die Voraussetzungen des § 553 Abs. 1 BGB sind unter Berücksichtigung des mieterschützenden Zwecks dieser Regelung auszulegen (BGH, Urteil vom 23. November 2005 – VIII ZR 4/05, NJW 2006, 1200 Rn. 11). Dabei ist als berechtigt jedes Interesse des Mieters von nicht ganz unerheblichem Gewicht anzuerkennen, das mit der geltenden Rechts- und Sozialordnung in Einklang steht (vgl. u.a. BGH, Urteil vom 11. Juli 2014 – VIII ZR 349/13, NJW 2014 Rn. 14, 2717 Rn. 14; Urteil vom 31. Januar 2018 – VIII ZR 105/17 – BGHZ 217, 263-287, Rn. 53).

Im vorliegenden Fall hat die Klägerin nach Auffassung des Gerichts ausreichend dargelegt und nachgewiesen, dass sie einen beruflichen bedingten Auslandsaufenthalt beabsichtigt bzw. derzeit absolviert. Sie hat hierzu eine Bestätigung der mongolischen Hochschule für bildende Künste und Design in Ulan Bator vorgelegt als auch vorgetragen, dass sei aus wirtschaftlichen Gründen wegen der erforderlichen doppelten Haushaltsführung auf eine Untervermietung angewiesen ist. Im Verlauf des Rechtsstreits hat sie eine weitere Bescheinigung der Leiterin des Fachbereichs Kunst und Design an der Nationalen Mongolischen Hochschule für Kunst und Literatur vom 3. Dezember 2019 eingereicht, aus welchem sich u.a. das Unterrichtsgebiet der Klägerin und die Anzahl der wöchentlichen Unterrichtsstunden ergibt (Anlage K10); des Weiteren hat sie den befristeten Arbeitsvertrag mit Übersetzung, das Visum und eine Aufenthaltsbescheinigung zu den Akten gereicht. Die Beklagten sind dem weder substantiiert entgegengetreten noch haben sie auf Vorlage dieser von ihnen verlangten Dokumente die geschuldete Genehmigung erteilt.

Hat der Mieter – wie hier die Klägerin – ein berechtigtes Interesse dargelegt, so liegt es nunmehr am Vermieter, unter Mitteilung der tatsächlichen Umstände Gründe geltend zu machen, die zur Versagung der Erlaubnis unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit führen können. Dabei kann es sich nach den gesetzlichen Regelbeispielen in § 553 Abs. 1 Satz 2 BGB um Gründe in der Person des aufzunehmenden Dritten, um die Überbelegung der Wohnung oder um andere Gründe handeln, die ein Gewicht haben müssen, welches dem der Regelbeispiele entspricht. Solche gewichtigten Gründe haben die Beklagten nicht vorgetragen. Die Beklagten berufen sich zunächst selbst nicht darauf, dass ihr die Person des Untermieters nicht zumutbar sei. Weitere Unterlagen bzw. eine Erklärung des Untermieters über seinen definitiven Auszug zum Ende des Untermietverhältnisses können die Beklagten nicht beanspruchen. Zunächst ist die Dauer des Untermietverhältnisses und die nach Beendigung derselben geschuldete Rückgabe der Mietsache an die Klägerin dem den Beklagten schon vorprozessual zur Verfügung gestellten Untermietvetrag vom 11. Juni 2019 zu entnehmen. Im Übrigen sind die Beklagten erneut darauf zu verweisen, dass das Untermietverhältnis ausschließlich zwischen der Klägerin und dem Untermieter, Herrn ###, besteht und die Beklagten an diesem Vertragsverhältnis nicht beteiligt sind. Die Klägerin haftet insofern auch weiterhin für Schäden in der Wohnung; ob der Untermieter eine private Haftpflichtversicherung unterhält oder nicht spielt daher ebenfalls keine Rolle.

Allein der Umstand, dass die Klägerin bereits zuvor für ein Jahr eine Untervermietungsgenehmigung begehrt und schließlich vor dem Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg erstritten hat, führt entgegen der Auffassung der Beklagten nicht zur Unzumutbarkeit der erneuten Untervermietung. Auch ein mehrjähriger (berufsbedingter) Auslandsaufenthalt des Mieters kann ein berechtigtes Interesse an der Überlassung ein es Teils des Wohnraums an einen Dritten begründen (BGH, Urteil vom 11. Juni 2014 a.a.O.). Erst Recht muss dies gelten, wenn wie hier vor dem Hintergrund einer zweimaligen, jeweils einjährigen Dozent Tätigkeit die Erlaubnis der zeitlich befristeten Untervermietung begehrt wird. Soweit die Beklagten die Auffassung vertreten, es handle sich bei dem Vorhaben der Klägerin um ein privates Hobby, entbehrt dies jeglicher Grundlage und wird zudem von den klägerseits eingereichten Unterlagen widerlegt.

Der Umstand, dass die Klägerin aufgrund ihres Auslandsaufenthaltes für die Beklagten unter Umständen schwerer zu erreichen ist, steht einer Untervermietung ebenfalls nicht im Wege. Die Klägerin hat bereits vorprozessual erklärt, weiterhin postalisch über die Berliner Adresse als auch per Mail erreichbar zu sein. Insofern ist es nicht nachvollziehbar, wenn die Beklagten eine erschwerte Kommunikation “ohne zustellbare Adresse” beklagen.”