Aus der Rubrik “Wohnungspolitik”:

 

Berliner Zeitung am 02.07.2020: „Deutsche Wohnen und Co enteignen“ – Einigung im Streit um Volksbegehren wohl möglich 

Die Initiative will zwar erst noch über Änderungsvorschläge der Innenverwaltung beraten. Doch Unterstützer halten eine Verständigung für denkbar.

Im Streit um dasVolksbegehren “Deutsche Wohnen und Co enteignen” scheint eine Einigung zwischen der Senatsverwaltung für Inneres und der Enteignungsinitiative offenbar doch möglich. Das jedenfalls legen Äußerungen aus dem Unterstützerkreis der Initiative „Deutsche Wohnen und Co enteignen“ gegenüber der Berliner Zeitung nahe. Danach wird zwar die Einschätzung der Innenverwaltung, dass der Senat nicht per Volksbegehren zur Erarbeitung eines Gesetzes aufgefordert werden kann, weiterhin als „nicht plausibel“ bezeichnet – die von der Innenverwaltung vorgelegten Änderungsvorschläge für den Beschlusstext des Volksbegehrens stoßen dagegen auf Wohlwollen.

Ziel der Enteignungsinitiative ist es, die Bestände von Immobilienunternehmen mit mehr als 3000 Wohnungen in Berlin gegen eine Entschädigung zu vergesellschaften. Die Initiative beruft sich dabei auf Artikel 15 des Grundgesetzes. Darin ist formuliert, dass „Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel“ zum Zwecke der Vergesellschaftung durch ein Gesetz in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft überführt werden können.

Drei Alternativ-Formulierungen

Im ursprünglichen Beschlusstext für das Volksbegehren wollte die Enteignungsinitiative den Senat auffordern, ein Gesetz „zur Überführung von Immobilien sowie Grund und Boden in Gemeineigentum zum Zwecke der Vergesellschaftung nach Artikel 15 Grundgesetz“ zu erarbeiten. Weil der Senat nach Ansicht der Innenverwaltung aber nicht per Volksbegehren dazu aufgefordert werden kann, ein Gesetz zu erarbeiten, hat die Behörde drei Alternativ-Formulierungen vorgeschlagen, in denen eine solche Aufforderung nicht mehr enthalten ist. Offiziell will sich bisher zwar weder die Innenbehörde noch die Initiative zum Inhalt der Vorschläge äußern, doch hat die Berliner Zeitung diese aus zuverlässiger Quelle erhalten.

In der ersten Variante wird der Senat zur Prüfung und Erarbeitung eines Gesetzentwurfs zur Überführung von Immobilien sowie Grund und Boden in Gemeineigentum nach Artikel 15 des Grundgesetzes aufgefordert. Dieser Vorschlag gilt bei Unterstützern der Initiative als nicht akzeptabel, sofern er lediglich eine Aufforderung zur Prüfung eines Gesetzentwurfs vorsieht.

Weiterer Spielraum denkbar

Anders sieht es mit dem zweiten und dritten Vorschlag aus. In der zweiten Variante wird der Senat aufgefordert, „geeignete Maßnahmen“ zur Vergesellschaftung nach Artikel 15 des Grundgesetzes einzuleiten. In der dritten Variante wird der Senat sogar aufgefordert, „alle Maßnahmen einzuleiten“, die zur Vergesellschaftung nach Artikel 15 Grundgesetz erforderlich sind. Zwar ist in beiden Formulierungen nicht mehr von einem Gesetzentwurf die Rede. Das ist nach Ansicht aus den Unterstützerkreisen aber auch nicht nötig. Der Bezug auf Artikel 15 des Grundgesetzes ist danach ausreichend, weil darin ein Gesetz als Grundlage für die Vergesellschaftung genannt werde. Die Formulierung, dass „alle Maßnahmen“ einzuleiten seien, die zur Vergesellschaftung notwendig sind, lasse neben einem Gesetzentwurf theoretisch sogar noch weiteren Spielraum offen.

Die Initiative „Deutsche Wohnen und Co enteignen“ will zunächst intern über die Vorschläge beraten. In Unterstützerkreisen wird eine Zustimmung, zumindest für Variante zwei oder drei, aber für möglich gehalten.

https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/deutsche-wohnen-und-co-enteignen-einigung-im-streit-um-volksbegehren-wohl-moeglich-li.90787