Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Fallen Mieterhöhungsverlangen, die dem Mieter vor dem 23.02.2020 zugegangen sind, in den Anwendungsbereich des MietenWoG Bln?
Die Antwort des Amtsgerichts Neukölln (AG Neukölln – 13 C 487/19, Urteil vom 06.05.2020) lautet: Nein!
Zur Begründung führt das Amtsfericht Neukölln in seiner vorgenannten Entscheidung unter I. wie folgt aus: „Soweit in § 3 Absatz 1 MietenWoG Bln bestimmt ist, dass “eine Miete verboten (ist), die die am 18. Juni 2019 (Stichtag) wirksam vereinbarte Miete überschreitet”, erscheinen die damit bezweckten bzw. in Betracht kommenden rechtlichen Auswirkungen auf ein vom Vermieter gegenüber dem Mieter geltend gemachtes und auf die §§ 558 ff BGB gestütztes Verlangen auf Zustimmung zur Mieterhöhung zumindest nicht eindeutig.

So kann eine so bezeichnete “Miete” ohne den klarstellenden Zustand “vereinbart” wie etwa in den Text des § 535 Abs.2 BGB aufgenommen als bloßer Marktwert für eine Gegenleistung, nicht “verboten” sein bzw. werden, weil mit einem Verbot als Handlungsanweisung allenfalls eine bestimmte Tätigkeit oder Verhaltensweise nicht erlaubt sein soll (vgl. “Duden, das Bedeutungswörterbuch,3. neu bearbeitete und erweiterte Auflage, Bd. 10 zur Abgrenzung “verbieten/verbitten”) und sich die den Markgesetzen unterworfene Preisbildung als solche nicht schlicht verbieten lässt.

Dass dies auch für die zivilrechtlichen Voraussetzungen eines sogenannten Verbots gilt, ergibt sich im Übrigen aus dem Wortlaut von § 134 BGB, wonach ein – durch hierauf bezogene Willenserklärungen zustande gekommenes – Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, nichtig ist, also nicht etwa ein bloßer Preis, der als solcher kein “Rechtsgeschäft” ist. Folglich ergibt sich aufgrund der Auslegung dieser Bestimmung nicht, dass danach ein außergerichtliches und insbesondere formell ordnungsgemäß auf § 558a Abs. 1 BGB gestütztes Zustimmungsverlangen “verboten” und infolgedessen etwa unzulässig sein soll. Eine entsprechende und auch ohne weiteres mögliche Klarstellung enthält der Gesetzestext nicht.

Zwar ist hierzu ferner in § 11 Abs. 1 Nr. 4 MietenWoG Bln bestimmt, dass ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig ohne erforderliche Genehmigung nach § 8 eine höhere als die nach den §§ 3 bis 7 zulässige Miete fordert oder entgegennimmt und damit eine Handlung vornimmt, die grundsätzlich einem Verbot unterliegen kann. Es kann aber dahinstehen, welches konkrete Verhalten des Vermieters oder etwa anderer Personen, die vom Anwendungsbereich dieser Verbotsnorm jedenfalls nach ihrer Formulierung nicht ausdrücklich ausgenommen sind, damit gemeint sein soll. Auch diese Bestimmung lässt sich mangels entsprechender Klarstellung jedenfalls nicht dahin auslegen, dass bereits der Zugang eines – zumal im Sinne von § 558a Abs. 1 BGB formell ordnungsgemäß begründeten – Zustimmungsverlangens an den Mieter und damit konsequenterweise auch die hierauf – nach Ablauf der Zustimmungsfrist gemäß § 558 Abs. 2 Satz 1 BGB entsprechend zulässig – erhobene und auf Zustimmung zu Mieterhöhung gerichtete Klage eine Ordnungswidrigkeit darstellen und infolgedessen jeweils mit der Verhängung eines Bußgeldes gegenüber dem Vermieter oder etwa gegenüber der Hausverwaltung, welche das außergerichtliche Zustimmungsverlangen an den Mieter gerichtet hat oder gar gegenüber den Prozessbevollmächtigten des Vermieters, welche die auf Zustimmung zur Mieterhöhung gerichtete Klage bei Gericht eingereicht oder auch nur im Verhandlungstermin einen hierauf bezogenen Klageantrag gestellt haben, geahndet werden können soll. Folglich kann es dem Vermieter nach dem auslegbaren Sinn und Zweck auch dieser Bestimmung nicht verwehrt sein, an den Mieter ein gemäß § 558 a Abs. 1 BGB begründetes Zustimmungsverlangen zu richten. Auch dem übrigen Gesetzestext ist nicht zu entnehmen, dass ein solches Zustimmungsverlangen “verboten” sein soll.

Es kann folglich für die rechtliche Beurteilung der Zulässigkeit eines solchen Zustimmungsverlangens dahinstehen, ob das MietenWoG Bln insoweit mit höherrangigem Recht vereinbar ist.

Selbst wenn schließlich danach ein solches außergerichtliches auf § 558 aAbs. 1 BGB gestützte Zustimmungsverlangen “verboten” sein sollte, wären davon nur solche Mieterhöhungsverlangen umfasst, die dem Mieter nach Inkrafttreten des Mieten WoG Bln, und infolgedessen ab dem 23.02.2020 zugingen. Dem Wortlaut des MietenWoG Bln ist jedenfalls außerdem nicht zu entnehmen, dass den Mietern bereits vor dem 23.02.2020 zugegangene Mieterhöhungsverlangen – mithin rückwirkend – “verboten” sein sollen. Im vorliegenden Rechtsstreit ist das Mieterhöhungsverlangen der Beklagten bereits mit Schreiben vom 13.06.2019 (Blatt 4,5) zugegangen.”