Aus der Rubrik “Wissenswertes”:    

Ist ein Vermieter berechtigt, im Rahmen von Betriebskostenabrechnungen die Kosten für die Entsorgung des Restmülls anhand der Verursachung einer Mindestmüllmenge im jeweiligen Mieterhaushalt zu berechnen?

Die Antwort des Bundesgerichtshofs (BGH – VIII ZR 78/15, Urteil vom 06.04.2016) lautet: Ja!

Zur Begründung führt der BGH in seiner vorgenannten Entscheidung unter II. in den Randnummern 13 bis 23 wie folgt aus: “Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts gestattet es § 556a Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 BGB, bei der Abrechnung der Betriebskosten der Müllbeseitigung eine angemessene Mindestmenge bei der Verursachung von Restmüll zu berücksichtigen. Die vorgenannte Regelung ist, worüber unter den Parteien kein Streit besteht, gemäß Art. 229 § 3, Art. 231 § 2 EGBGB auch auf die vor dem Inkrafttreten des Mietrechtsreformgesetzes am 1. September 2001 bestehenden Mietverhältnisse uneingeschränkt anwendbar (vgl. Senatsurteil vom 21. September 2011 – VIII ZR 97/11, NJW 2012, 226 Rn. 17).

1. Nach § 556a Abs. 1 Satz 2 BGB sind Betriebskosten, die von einem erfassten Verbrauch oder einer erfassten Verursachung abhängen, nach einem Maßstab umzulegen, der dem unterschiedlichen Verbrauch oder der unterschiedlichen Verursachung Rechnung trägt. Mit dieser Formulierung steckt das Gesetz einen Rahmen ab, innerhalb dessen sich die Umlegung verbrauchs- oder verursachungsabhängiger Betriebskosten zu bewegen hat, wenn der Verbrauch oder die Verursachung erfasst werden. Der Abrechnung muss ein Maß- stab zugrunde liegen, der dem unterschiedlichen Verbrauch oder der Verursachung “Rechnung trägt”, das heißt sie angemessen berücksichtigt (Senatsurteil vom 6. Oktober 2010 – VIII ZR 183/09, NJW 2010, 3645 Rn. 15).

Wie das Berufungsgericht im Ansatz nicht verkannt hat, eröffnet § 556a Abs. 1 Satz 2 BGB damit bei erfasster Verursachung oder erfasstem Verbrauch einen gewissen Spielraum für die konkrete Ausgestaltung der Umlage verbrauchs- und verursachungsabhängiger Betriebskosten. Das Gesetz lässt es nicht nur zu, die Umlage solcher Betriebskosten nicht zu 100 % nach erfasstem Verbrauch beziehungsweise erfasster Verursachung vorzunehmen, sondern erlaubt es auch, bei solchen Betriebskosten in gewissem Umfang verbrauchs- oder verursachungsunabhängige Kostenbestandteile in die Umlage einzubeziehen (Senatsurteil vom 6. Oktober 2010 – VIII ZR 183/09, aaO Rn. 16 mwN).

2. Nach diesen Grundsätzen ist der Ansatz einer angemessenen Mindestmenge bei der Umlage der Kosten des verursachten Restmülls nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat den ihr eingeräumten Spielraum dabei nicht überschritten.

a) Die Beklagte hat die Kostenverteilung nicht lediglich nach Wohnfläche vorgenommen, sondern – wie von § 556a Abs. 1 Satz 2 BGB ausdrücklich vorgesehen – einen verursachungsabhängigen Verteilerschlüssel gewählt. § 556a Abs. 2 Satz 1 BGB gestattet es, eine verursachungsgerechte Abrechnung auch unter Berücksichtigung eines Festanteils vorzunehmen, denn diese Bestimmung berechtigt den Vermieter, die Betriebskosten “ganz oder teilweise” nach einem Maßstab umzulegen, der der erfassten unterschiedlichen Verursachung Rechnung trägt. Aus dem Gesetzeswortlaut (“teilweise”) folgt, dass der kombinierte Ansatz einer festen Mindestmüllmenge bei der Kostenumlage zulässig ist (Wall, Betriebs- und Heizkostenkommentar, 4. Aufl., Rn. 3868; siehe auch Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 14. Aufl., Rn. 4101; Palandt/ Weidenkaff, BGB, 75. Aufl., § 556a Rn. 8; Blank in Blank/Börstinghaus, Miete,4. Aufl., §556a BGB Rn. 44). Die Gegenauffassung, wonach auf diese Weise die Abrechnung nach Verbrauch beziehungsweise Verursachung verlassen werde (Staudinger/Weitemeyer, BGB, Neubearbeitung 2014, § 556a Rn. 21, unter Hinweis auf AG Schwedt, WuM 2013, 317; AG Remscheid, Urteil vom19. Oktober 2010 –27 C 171/09, juris Rn. 5), rechtfertigt keine andere Beurteilung, weil das Gesetz eine solche Umlage billigt.

aa) Zwar mag es sein, dass sich hierdurch in gewissem Umfang Mieter benachteiligt sehen, die tatsächlich weniger Abfall produzieren. Die Berücksichtigung einer Mindestmüllmenge ist gleichwohl sachlich gerechtfertigt, weil sie dem Anreiz entgegenwirkt, dass sich einzelne Mieter zur Minimierung ihrer Betriebskosten der Erfassung des Restmülls entziehen, indem sie diesen auf den Standplätzen der Hausmüllcontainer abstellen, die Wertstofftonnen fehlerhaft befüllen oder den Restmüll an anderer Stelle entsorgen, sei es in Nachbarobjekten, öffentlichen Abfallbehältern oder auf Wald- und Freiflächen. Ein solches Verhalten beeinträchtigte die Kostengerechtigkeit, denn es ginge zu Lasten vertragstreuer Mieter, die für die kommunalen Abfallgebühren in unverhältnismäßig größerem Umfang aufzukommen hätten, wenn der kommunale Entsorgungsträger seinerseits Festkosten zugrunde legt, im gegebenen Fall ein Mindestvorhaltevolumen für Restmüll aus privaten Haushalten von zehn Litern pro Person und Woche (vgl. Schmidt-Futterer/Langenberg, Mietrecht, 12. Aufl., § 556a BGB Rn. 134).

bb) Die von der Beklagten konkret angesetzte Mindestmenge einer Verursachung von zehn Litern Restmüll pro Woche bei einem Zweipersonenhaushalt ist aus Billigkeitsgründen (§ 315 BGB) schon deshalb nicht zu beanstanden, weil sie sich an dem vorgenannten, in der Abfallwirtschaftssatzung der Stadt E. bestimmten Mindestvorhaltevolumen orientiert. Diese Regelung verfolgt den berechtigten Zweck, eine illegale Abfallentsorgung als wirtschaftlich sinnlos erscheinen zu lassen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Dezember 2007 – 7 BN 6/07, juris Rn. 8; Thüringer OVG, Urteile vom 11. Juni 2001 – 4 N 47/96, juris Rn. 54; vom 16. Februar 2011 – 1 KO 1367/04, juris Rn. 104; Niedersächsisches OVG, Urteile vom 10. November 2014 – 9 KN 33/14, juris Rn. 32, und 9 KN 316/13, juris Rn. 42). Die Wahl eines solchen Maßstabes durch den Vermieter ist grundsätzlich nicht zu beanstanden. Dies gilt im gegebenen Fall umso mehr, weil die von der Beklagten vorgesehene Mindestmenge beträchtlich unter dem vom Entsorgungsträger festgelegten Mindestvorhaltevolumen von 10 Litern pro Woche und Person liegt. Es ist nicht ersichtlich und wird von der Revisionserwiderung auch nicht geltend gemacht, dass diese Menge einem durchschnittlichen Mieter keinen Anreiz mehr bietet, Restmüll zu vermeiden beziehungsweise diesen von den Wertstoffen zu trennen.

cc) Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung bedarf es keiner Feststellungen, ob es in dem Mehrfamilienhaus der Beklagten zu einer Restmüllbeseitigung unter Umgehung der Erfassung gekommen ist. Darauf könnte zwar möglicherweise hindeuten, dass im Haushalt des Klägers und seiner Ehefrau in den Jahren 2010 und 2011 nach eigenen Angaben weniger als ein Liter Restmüll pro Person und Woche verursacht worden sein soll. Dies kann jedoch dahinstehen. Dahingehender Feststellungen bedurfte es nicht, weil eine Abrechnung allein nach erfasster Müllmenge bereits die Gefahr anderweitiger Entsorgung birgt (vgl. Schmidt-Futterer/Langenberg, aaO, § 556 BGB Rn. 148; Wall, aaO Rn. 3866). Der Vermieter ist deshalb nicht gehalten, mit der Bestimmung einer Mindestmenge von Restmüll zunächst zuzuwarten, bis sich die Gefahr verwirklicht und den Ansatz einer Mindestmenge vom vorherigen konkreten Nachweis einer Zweckentfremdung der Restmüllbeseitigung abhängig zu machen.

c) Einer Umlage der Kosten der Müllbeseitigung unter Berücksichtigung einer Mindestmüllmenge gemäß dem Schreiben der Beklagten vom16. Dezember 2009 steht entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung schließlich nicht entgegen, dass die Beklagte mit Schreiben vom 12. November 2007 zunächst eine verursachungsabhängige Umlage ohne Ansatz einer Mindestmüllmenge bestimmt hat. Entgegen einer im Schrifttum vertretenen Auffassung (Schmid, aaO Rn. 4098c, 4104c) ist die Ausübung des Bestimmungsrechts nicht nur einmal möglich, sofern der Mieter sich nicht mit einer weiteren Änderung einverstanden erklärt. Diese Ansicht findet im Gesetzeswortlaut keinen Anhalt. Die Änderung des Abrechnungsmaßstabes wirkt zwar nur für die Zukunft (§ 556a Abs. 2 Satz 1 BGB) und ist nur vor Beginn des Abrechnungszeitraums zulässig (§ 556a Abs. 2 Satz 2 BGB). Dies schließt jedoch nicht aus, dass das Änderungsrecht für einen künftigen Abrechnungszeitraum erneut ausgeübt wird. Dies ist auch sachgerecht, denn die Überprüfung, ob der gewählte Maßstab noch dem Gerechtigkeitsgebot entspricht, ist von den tatsächlichen Gegebenheiten abhängig und kann nach Ablauf des Abrechnungszeitraums unter Umständen korrekturbedürftig sein (Schmidt-Futterer/Langenberg, aaO,§ 556a BGB Rn. 17).

3. Nach dieser Maßgabe bedarf es keiner Ausführungen, ob unter den gegebenen Umständen der Kläger berechtigt ist, bei einer – wie hier – formell ordnungsgemäßen Betriebskostenabrechnung eine Neuberechnung zu fordern oder ob der geltend gemachte Anspruch auf Neuerteilung der Abrechnung schon deshalb nicht besteht, weil der Kläger – wie das von ihm im Rahmen des Hilfsantrags ermittelte Zahlenwerk deutlich macht – die Betriebskostenabrechnungen für die Abrechnungszeiträume 2010 und 2011 durch eine eigene Berechnung der Müllbeseitigungskosten korrigieren kann (vgl. Senatsurteile vom20. Oktober 2010 – VIII ZR 73/10, NJW 2011, 368 Rn. 16; vom 17. November 2004 – VIII ZR 115/04,NJW 2005, 219 unter II 1 b).”