Wird der Mietkautionsrückzahlungsanspruch des Mieters fällig, wenn der Vermieter übersehen kann, ob er zur Befriedigung seiner Ansprüche auf die Kaution zurückgreifen muss? Die Antwort des Amtsgerichts Frankenthal (AG Frankenthal – 3a C 270/14, Urteil vom 30.10.2014) lautet: Ja!
Zur Begründung führt das AG Frankenthal in seiner vorgenannten Entscheidung wie folgt aus: “Die Klägerin hat als Rechtsnachfolgerin der verstorbenen Mieterin H., § 1922 BGB, einen Kautionsrückzahlungsanspruch bzw. Freigabeanspruch gemäß § 563 b Abs. 2 BGB analog (Streyl Schmidt-Futterer, Mietrecht, 11. Aufl. 2013 Rn. 32-34, § 563 b BGB m. w. N.), § 551, §§ 387 ff BGB in Höhe von 489,40 Euro.
Der Kautionsrückzahlungsanspruch der Klägerin ist entgegen der Auffassung der Beklagten auch fällig.
Weder greift ein Zurückbehaltungsrecht der Beklagten, §§ 320, 556 BGB, noch ist die erklärte Aufrechnung, § 387 ff BGB, mit Ausnahme eines Betrages in Höhe von 201,71 Euro brutto, mit den vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren, §§ 535, 280 Abs. 1 BGB, begründet.
Mit Leistung der Sicherheit erwirbt der Mieter, vorliegend damit auch die Klägerin als Rechtsnachfolgerin, einen aufschiebend bedingten Anspruch auf Rückgewähr. Die Bedingung tritt ein, wenn der Mieter die Mietsache zurückgegeben hat. Der Kautionsrückzahlungsanspruch des Mieters ist ab diesem Zeitpunkt erfüllbar, wenn auch noch nicht fällig. Maßgeblich hierfür ist die Rückgabe der Mietsache am 24.1.2014. Der Rückzahlungsanspruch wird dann fällig, wenn der Vermieter übersehen kann, ob er zur Befriedigung seiner Ansprüche auf die Kaution zurückgreifen muss. Der Vermieter darf deshalb nicht untätig bleiben. Er kann die Kaution auch nicht mit der Begründung zurückhalten, dass er gegen den Mieter einen Anspruch auf Schadensbeseitigung im Wege der Naturalherstellung habe; ein derartiges Zurückbehaltungsrecht steht mit dem Sinn und Zweck einer Kaution nicht im Einklang (LG Mannheim WuM 1988, 162). Auch das Recht zur Herstellung eines vertraglich vereinbarten Zustandes oder die Durchführung von Schönheitsreparaturen kann der Vermieter nicht auf diese Weise durchsetzen. Danach muss der Vermieter eine Abrechnung erteilen und hierin mit seinen Gegenforderungen aufrechnen. Der Inhalt der Abrechnung muss den Anforderungen von § 259 BGB entsprechen, d. h. aus ihr muss sich die Höhe der Kautionssumme einschließlich der Zinsen ergeben, evtl. Gegenforderungen müssen nachvollziehbar nach Grund und Höhe dargelegt werden. Die Kosten für die Auflösung des Kautionskontos sind vom Mieter zu tragen, werden sie vom Vermieter verauslagt, so können sie von der Kautionssumme abgezogen werden. Danach beträgt ausweislich des vorgelegten Auszuges aus dem Sparbuch die Kautionssumme nebst Zinsen insgesamt 1.730,88 Euro nach Abzug dieser Kosten. Zwar besteht eine gesetzlich geregelte oder allgemein gültige Abrechnungsfrist nicht. Dem Vermieter steht eine angemessene Frist zur Abrechnung zu, die von den Umständen des Einzelfalles abhängt. Diese kann so beschaffen sein, dass mehr als sechs Monate für den Vermieter erforderlich und dem Mieter zumutbar ist. Die Abrechnungsfrist kann indes aber auch wesentlich kürzer sein, so z. B. wenn der Vermieter alsbald feststellen kann, welche Ansprüche ihm gegen den Mieter zustehen. Nach der grundlegenden Entscheidung des Bundesgerichtshofs (NJW 2006, 1422) kann der Vermieter die Kaution über den regulären Abrechnungszeitraum hinaus zurückbehalten, wenn ein Nachzahlungsanspruch zu seinen Gunsten für noch nicht fällige Betriebskosten zu erwarten ist. Diese Ansicht beruht auf der Erwägung, dass die Mietkaution alle -auch die noch nicht fälligen- Ansprüche des Vermieters sichert, die sich aus dem Mietverhältnis und seiner Abwicklung ergeben. Dazu gehören auch Ansprüche aus einer noch zu erstellenden Betriebskostenabrechnung. Es stehe den Parteien zwar frei, etwas anderes zu vereinbaren. Wird eine solche Vereinbarung aber nicht getroffen, so gelte Kraft Gesetzes ein umfassender Sicherungszweck (BGH a. a. O.). Der BGH hat indes offen gelassen, ob der Vermieter in jedem Fall die gesetzliche Höchstfrist für die Erteilung der Betriebskostenabrechnung von 12 Monaten, §556 Abs. 3 Satz 2 BGB ausschöpfen darf. Ebenso offen gelassen wurde, ob sich der Einbehalt der Höhe nach an der zu erwartenden Nachzahlung orientieren muss und ob der Vermieter auch dann einen Teil der Kaution zurückbehalten darf, wenn voraussichtlich keine Nachzahlung zu erwarten ist. Insoweit wird zutreffend vertreten, dass das Zurückbehaltungsrecht erlischt, wenn nicht in angemessener Zeit über die Betriebskosten abgerechnet wird. Maßgeblich ist danach, wann die Abrechnung möglich ist, die Frist des §556 Abs. 3 Satz 2 BGB darf der Vermieter ebenso wenig in jedem Fall ausschöpfen, wie er auch nicht die gesamte Kaution, sondern nur einen angemessenen Teil, für den er darlegungsbelastet ist, zurückhalten darf. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nach Beendigung des Mietverhältnisses, wie vorliegend, der Vermieter auch mit streitigen Ansprüchen aufrechnen kann.
Danach gilt Folgendes:
Ausgehend von dem durchsetzbaren Kautionsrückzahlungsanspruch in Höhe von 1.730,88 Euro bei dem Ablauf des Mietverhältnisses zum 31.12.2013 und der Rückgabe der Mietsache am 24.1.2014 ist die der Vermieterin obliegende angemessene Frist zur Abrechnung der Nebenkosten im Zeitpunkt des Schlusses der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung am 25.9.2014 bereits abgelaufen gewesen, denn ausgehend von dem Zeitpunkt der Übergabe der Wohnung am 24.1.2014 hätte die Vermieterin sogleich die Ablesung beauftragen müssen, so dass nach Ablauf weiterer 6 Monate eine Abrechnung hätte erstellt werden können. Gründe, die eine Erstreckung des Abrechnungszeitraumes bis zur Grenze des § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB erfordern, hat die insoweit (zumindest sekundär) darlegungsbelastete Beklagte nicht dargetan, so dass sie sich insoweit nicht auf ein ihr zustehendes Zurückbehaltungsrecht gemäß §§ 273, 320 BGB mit Erfolg berufen kann. Selbst wenn ihr ein solches Zurückbehaltungsrecht zuzubilligen wäre, fehlt es an den erforderlichen Darlegungen zur Höhe des Zurückbehaltungsrechts, die die insoweit ebenfalls darlegungsbelastete Beklagte nicht vorgetragen hat.
Soweit die Klägerin meint, dass lediglich die Monatsmieten in Höhe von 495,05 Euro netto von dem Kautionsrückzahlungsanspruch abzuziehen wären, die Beklagte hingegen einen Anspruch auf Zahlung von 586,05 Euro Bruttomietzins für die Monate Dezember und Januar begehrt, so gilt nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs mit Urteil vom 5.10.2005 –VIII ZR 57/05-, dass der insoweit begründete Anspruch auf Nutzungsentschädigung bei Vorenthaltung der Mietsache nach Vertragsbeendigung sich nach § 546 aAbs. 1 BGB lediglich auf den Zeitpunkt bis zum Ende der Vorenthaltung, hier den 24.1.2014, bemisst, einen weiteren Schaden für die Zeit danach, § 546 a Abs. 2 BGB, hat die Beklagte nicht dargelegt.
Danach ist von dem Kautionsrückzahlungsanspruch in Höhe von 1.730,88 Euro ein Bruttomietzins betreffend den Monat Dezember in Höhe von 586,05 Euro sowie ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung in Höhe von 453,72 Euro, § 287 ZPO, ausgehend von dem monatlich geschuldeten Bruttomietzins im Verhältnis zur Vorenthaltungsdauer in Abzug zu bringen, so dass die Klägerin zunächst die Herauszahlung von 1.039,77 Euro begehren kann. Daneben kann die Beklagte die Aufrechnung in Höhe von 201,71 Euro aufgrund vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren erklären, § 387 BGB, da sich die Klägerin als Rechtsnachfolgerin, §§ 1922, 535, 546 a Abs. 1 BGB mit der Zahlung von insgesamt 1.039,77 Euro für die Monate Dezember 2013 und Januar 2014 in Verzug befand, § 556 b Abs. 1 BGB, so dass die Beklagte die Inanspruchnahme eines Rechtsanwaltes im Zeitpunkt des Anschreibens am 21.3.2014 für erforderlich erachten durfte.
Gegen die geltend gemachten Rechtsanwaltsgebühren brutto ist der Höhe nach von Rechts wegen nichts zu erinnern.
Soweit die Beklagte daneben Aufrechnung mit einem Teilanspruch der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2012 in Höhe von 28,58 Euro erklärt, so bleibt dies ohne Erfolg. Die Abrechnung selbst ist formell und materiell zu beanstanden, denn ausgehend von den Bestimmungen in dem Mietvertrag vom 4.2.1991 und den dort bestimmten Abrechnungsmodalitäten sowie der Aufstellung der abrechnungsfähigen Betriebskosten ist die Abrechnung selbst nicht nachvollziehbar, so dass unter Berücksichtigung der klägerischen Aufforderung zur Erklärung, die unstreitig ist, Zahlungen nicht geschuldet sind, insoweit ist die Beklagte mit Forderungen auch in Ansehung der Abrechnungsfrist, § 556 Abs. 3 BGB ausgeschlossen.
Soweit die Beklagte weitergehende Mängelbeseitigung verlangt, ist sie für das Vorliegen deren Voraussetzungen beweisfällig geblieben. Sie kann auch nicht mehr mit ihrem Vortrag im Schriftsatz vom 25.9.2014 gehört werden, § 296 ZPO, da dieses Vorbringen verspätet ist. Die Beklagte wäre gehalten gewesen, ein entsprechendes Fristverlängerungsgesuch vor Ablauf der Frist anzubringen, § 224 Abs. 2 ZPO; dieses ist ohne hinreichende Entschuldigung unterblieben. Auch der durch die Beklagte im Termin sistierte präsente Zeuge war nicht zu hören, da es sich insoweit um einen Ausforschungsbeweis gehandelt hätte, denn der hierzu notwendigen substantiierte Tatsachenvortrag wurde nicht in einer nach §§ 132, 137 ZPO einlassungsfähigen Weise unter entsprechender Schriftsatzfrist vorgetragen worden.
Nach dem Vorgenannten hat die Klägerin daher einen Kautionsherauszahlungsanspruch in Höhe von 489,40 Euro. Die geltend gemachten Zinsen sind seit Zustellung der Klageschrift am 8.8.2014 begründet, §291 BGB, §§ 260, 261 ZPO.”